5 unerwartete Lektionen, die ich in 2 Monaten Nepal gelernt habe

Zwei Monate war ich auf eigene Faust in Nepal unterwegs - meine zweite Reise in den Himalaya. Hauptsächlich ging es um Trekking und Wandern, aber auch, um die Kultur des Landes kennenzulernen. In diesem Artikel möchte ich von 5 bleibenden Erfahrungen berichten, die ich von meiner Reise mitnehme.

In diesem Artikel:

Seit ein paar Tagen bin ich von meiner letzten Nepal-Reise zurück. Etwas über 2 Monate habe ich in dem Himalaya-Staat verbracht und insgesamt war es mal wieder eine tolle Zeit. Ich habe einige geniale Wanderungen gemacht, unter anderem im Langtang-Tal und auf dem berühmt-berüchtigten Three Passes Trek in der Everest-Region. Daneben habe ich diesmal aber auch deutlich mehr von der Kultur und dem Land mitbekommen, als bei meinem letzten Trip auf dem Annapurna Circuit.

Wie das bei jeder Reise so ist, waren dabei viele schöne und einige nicht so schöne Sachen. In diesem Artikel möchte ich ein paar Dinge davon ansprechen – 5 Punkte, die mir am Ende besonders aufgefallen sind. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf den bewusst auf den kritischen Punkten, aber ich finde das auch wichtig. In den „normalen“ Reiseführern werden ja hauptsächlich die angenehmen Aspekte eines Landes thematisiert. Insofern darf man auch ruhig mal über die andere Seite der Medaille schreiben.

So war ich in Nepal unterwegs

Natürlich sind das hier alles meine persönlichen, sujektiven Eindrücke. Ich erhebe keinen Anspruch auf die alleinige Wahrheit. Die Reise habe ich wie immer komplett selbst organisiert, alle Ausflüge und Touren auf eigene Faust gemacht. Im Land selbst war ich in typischer Backpacker-Manier mit den üblichen Transportmitteln oder zu Fuß unterwegs. Das prägt natürlich mein Bild. Wenn du Nepal im Rahmen einer komplett organisierten Full-Service-Rundreise oder Trekkingreise mit einer Agentur besuchst, wirst du möglicherweise zu einer anderen etwas Erfahrung kommen.

Kommen wir jetzt aber mal zu meinen 5 prägendsten Erfahrungen nach 2 Monaten Nepal!

1. Nepal ist eine Baustelle

Nepal ist ein Entwicklungsland. Etwas positiver formuliert könnte man auch sagen: ein sich entwickelndes Land. Das heißt auch: Es geht dabei nicht immer schön sauber und ordentlich zu. Einerseits, weil so viel fehlt und so vieles, was wir im Westen als völlig selbstverständlich ansehen, erstmal gebaut werden muss. Andererseits aber auch, weil ein starkes Bedürfnis danach besteht, dass diese Entwicklung so schnell wie möglich von statten geht.

Am Auffälligsten sieht man das an den Straßen, die überall entstehen. An jeder Ecke sind die Bagger zugange, verwandeln die traditionellen Wege in staubige Pisten. Für die Einwohner ist das natürlich ein Riesenvorteil, denn ohne den schnellen Transport von Waren und Personen ist die Entwicklung eines Landes kaum möglich. Der unschöne Nebeneffekt für Touristen ist, dass Nepal häufig wie eine große Baustelle wirkt. Und nur die wenisten Leute machen gerne auf einer Baustelle Urlaub.

Natürlich gibt es kein Anrecht darauf, dass ein Land sich gefälligst besonders touristenfreundlich zu präsentieren hat. Am Ende wird wohl jeder einsehen, dass die Bedürfnisse der Einheimischen immer Vorrang haben. Und natürlich gibt es auch weiterhin schöne Ecken. Aber gerade im Umkreis der Städte muss man schon recht gut danach suchen. Und wenn man die alten Fotos sieht, so wie z.B. Kathmandu noch in den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts aussah, blutet einem schon ein bisschen das Herz. Davon ist nicht mehr so viel übrig geblieben.

Diese rasche Entwicklung bedeutet auch, dass Reiseführer unter Umständen sehr schnell veralten. Ich hatte das selbst bei meiner Wanderung auf der klassischen Everest-Route von Jiri nach Lukla erlebt. Im Führer aus dem Jahr 2017 wird der Straßenbau erwähnt, aber da waren die Pisten erst am Anfang. Inzwischen ist fast die gesamte Route mit Dirtroads erschlossen, einstmals idyllische Wege haben sich in breite Fahrzeugpisten verwandelt. Touristisch gesehen ist die Gegend daher unattraktiver geworden – zum Leidwesen der örtlichen Gastwirte, die sich über fehlende Besucher beklagen und ihre Lodges schließen müssen.

2. Es lohnt sich bei Einheimischen zu wohnen

Genau wie fast jeder andere Besucher von Nepal, habe ich in Kathmandu erstmal eine Zeitlang in Thamel gewohnt, dem Touristenviertel. Thamel bietet schon viele Vorteile, es ist zentral, es gibt an jeder Ecke Hostels, Restaurants, Cafés, Supermärkte, Trekking-Shops, Buchläden, Apotheken und und und. Man hat hier eigentlich alles was man braucht und es gibt auch wirklich gute Unterkünfte für wenig Geld (Tipp: Kwabahal Boutique Hostel*). Aber man kommt eben auch eher mit anderen Touristen in Kontakt, vom richtigen Nepal sieht man hier nicht so viel.

Aus diesem Grund hatte ich mich nach einer Woche dann nach einem sogenannten Homestay umgesehen. Das sind Unterkünfte, bei denen man im gleichen Haus wie die Gastfamilie wohnt und ein bisschen den normalen Alltag mitbekommt. Das ist im ersten Moment etwas ungewohnt – man wohnt dann halt so wie die normalen Einwohner eines Entwicklungslandes und nicht mehr in seinem geschützten Touristen-Kokon. Aber es bietet auch viele spannende kulturelle Einblicke und man bekommt unter Umständen viele Geheimtipps, die einem ansonsten entgehen.

Mein erstes Homestay in Nepal war das Monkey Temple Homestay* im Stadtteil Swayambhu. Ich geb zu, ich hab zwei Tage gebraucht, bis ich mich hier eingelebt hatte. Am Ende war es aber eine Super-Erfahrung, vor allem da der Besitzer Lapsang selbst ehemaliger Guide ist und mir jede Menge Tipps für Ausflüge in der Umgebung von Kathmandu gab, auf die ich sonst nie von selbst gekommen wäre.

Unter anderem bin ich so auf das Örtchen Bethanchowk, ca. 25 Km westlich von Kathmandu gekommen, wo ich meine nächste Bleibe fand: Das wirklich traumhaft schöne Mt. Mahabharat Homestay. Hier habe ich etwas über eine Woche verbracht, auf der Farm der Familie verbracht, bei der täglichen Arbeit auf dem Feld mitgeholfen, tolle Wanderungen in der Umgebung gemacht und ganz allgemein eine wunderbare Zeit in einer friedlichen, ländlichen Umgebung verbracht. Das war eines der Highlights des gesamten Trips und wenn ich nur in Thamel geblieben wäre, hätte ich das wahrscheinlich nie entdeckt.

3. Deutschland, du bist so sauber

Ich habe dieses Mal relativ viel Zeit im Kathmandu-Tal und in Kathmandu selbst verbracht. Dabei lernt man zwangsweise die nicht so schönen Seiten von Nepal kennen. Dazu zählt vor allem die Tatsache, dass die Städte ziemlich dreckig sind. Das hat einerseits damit zu tun, dass an jeder Ecke gebaut wird (siehe Punkt 1). Zum anderen damit, dass es vielen Stellen an der Infrastruktur zur Müllbeseitigung fehlt. Und nicht zuletzt hat die Mehrheit der Bevölkerung anscheinend auch kein großes Verständnis dafür, dass man seinen Müll nicht einfach auf die Straße schmeißt.

Gerade letzteres fand ich persönlich wirklich ärgerlich und mir fällt auch kaum eine Rechtfertigung dafür ein. Ja, es gibt vielerorts keine Müllabfuhr und ja, es eine andere Kultur mit einem möglicherweise weiteren Begriff davon, was als sauber gilt. Trotdem habe ich mich öfter mal gefragt: Wer lebt denn gerne im Dreck und will so seine Kinder aufwachsen sehen? Und selbst wenn der Staat versagt und keine Infrastruktur bereitstellt, kann man sich ja immer noch selbst helfen, den Müll gemeinsam sammeln, lagern, meinetwegen auch anschließend verbrennen. Aber ich muss nicht einfach alles an der nächstbesten Ecke wegwerfen.

Leider machen das viele. Ich will nicht sagen alle, aber viele – gerade bei Busfahrten ist es z.B. total üblich, dass die Leute Flaschen, Getränketüten und Plastikverpackungen einfach aus dem Fenster schmeißen. Und zwar nicht nur die Landbevölkerung. Bei der könnte man vielleicht gerade noch so argumentieren, dass sie es nicht besser wisse, weil man in einer ländlichen Umgebung viele natürliche Produkte einfach wegwerfen kann, verrottet ja schon. Nein… das machen auch die gutgebildeten Leute in den Städten mit ihrem Müll. Aus den Augen, aus dem Sinn, das scheint das Motto zu sein.

Ich habe wenige Nepali getroffen, die das anders sehen. Darunter den Besitzer des oben erwähnten Mt. Mahabharat Homestay, Kamal, der sich natürlich permanent über seine Mitbürger aufgeregt hat. Denn auch in der Natur und den Nationalparks sieht man an vielen Stellen Plastikflaschen, Zigarettenkippen und ähnlichen Müll am Wegrand. Dass es anders geht, beweist der Sagarmatha-Nationalpark. Hier gibt es eine Art lokale Selbstverwaltung der Gemeinden und entlang der Trekking-Routen tatsächlich an vielen Stellen Mülleimer. Das scheint alles gut zu funktionieren. Allerdings sind die Sherpa im Khumbu auch sehr gut organisiert, für mein Empfinden besser als der Rest Nepals.

Als ich wieder zurück in Deutschland war, war mein erster Gedanke jedenfalls: Mein Gott ist das hier alles sauber… Und das sage ich als jemand, der in Berlin wohnt, nicht gerade die gepflegteste Stadt Deutschlands. Aber ich bin am Wochenende mal ein bisschen durch den Tiergarten spaziert – so viel grün, klare Luft, Vogelgezwitscher, sauberes Wasser in den Kanälen. Und das alles mitten in der Stadt. Das sind Sachen, die man eigentlich gar nicht schätzt, wenn man in Deutschland wohnt. Für mich war das auf jeden Fall einer Erinnerung daran, in Zukunft ein bisschen mehr Dankbarkeit dafür zu empfinden, was wir an unserem eigenen Land eigentlich haben.

4. (Fast) jeder will etwas von dir

Nepal ist für seine Gastfreundlichkeit berühmt. Zu Recht – denn natürlich kommt man mit sehr vielen wirklich netten Menschen in Kontakt. Aber es gibt auch etliche Leute, die gezielt den Kontakt mit Touristen suchen, weil sie sich Vorteile davon versprechen. Das ist erstmal nicht sonderlich verwunderlich – das ökonomische Gefälle zwischen einem westeuropäischen Touristen und dem Durchschnitts-Nepali ist gigantisch. Auf Dauer fand ich es teilweise aber doch etwas anstrengend.

Ich hatte bei ein paar Gelegenheiten z.B. Nummern mit Nepali ausgetauscht, die ich bei meinen Touren kennengelernt hatte, u.a. im Langtang-Valley. Das war auch erstmal ganz nett, wir haben uns danach nochmal in Kathmandu getroffen. Irgendwann wurde ich dann aber 5 mal täglich angerufen, ob wir uns nicht mal treffen können, ob ich nicht helfen könnte, ein Visum für Europa zu besorgen, ob ich nicht ein bisschen Geld für die Familie locker machen könnte usw. Bei einer anderen Gelegenheit wurde ich halb im Scherz gefragt, ob ich nicht gleich in die Familie einheiraten will. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das wirklich nur ein Scherz war…

Mir ist natürlich klar, dass für einen durchschnittlichen Nepali jeder Tourist erstmal automatisch reich ist. Denn sonst könnte er es sich ja schlecht leisten, zum Spaß einmal um die Welt zu fliegen. Und ich habe ein paar Leuten auch wirklich gerne geholfen, z.B. einem Lodgebesitzer im Khumbu, mit dem ich einen Vormittag lang Bewerbungen für ein Berghotel in Tirol geschrieben habe oder dem Guide, dem ich einen kleinen Crashkurs im Thema Webseiten-Design gab.

Auch dass Verkäufer ihre Sachen an den Mann bringen wollen und sich Leute sich als „lokale Guides“ aufdrängen und einem für ein paar Euro die Umgebung zeigen wollen, finde ich nicht weiter tragisch. Das gehört dazu. Aber am Ende hatte ich doch manchmal das Gefühl, dass einige Leute nur deshalb freundlich sind, weil sie etwas von dir wollen. Beim nächsten Mal werde ich mir jedenfalls etwas besser überlegen, wem ich meine Nummer gebe.

5. Am Everest ist die Hölle los

Das war beim höchsten Berg der Erde eigentlich zu erwarten, das Ausmaß hat mich dann aber doch etwas überrascht. Die ganze Everest Region ist stark kommerzialisiert und auch ziemlich überlaufen – eine perfekt geölte Tourismus-Maschine, bei der es augenscheinlich vor allem darum geht, so viele Besucher so effizient wie möglich in die Berge und wieder zurück zu karren. Das betrifft natürlich vor allem den Trek zum Everst Base Camp. Aber auch sonst ist die Region die wahrscheinlich touristischste Ecke, die ich bis jetzt in Nepal gesehen habe.

Das muss erstmal nicht zwangsweise schlecht sein. An den Berglandschaften ändert das nichts, die sind trotzdem gigantisch und atemberaubend schön. Durch die Touristen fließt zudem Geld in die Region und wie bei Punkt 3 erwähnt, sind die Sherpa gut organisiert, gerade auch was das Thema Müllentsorgung angeht. Das ist bei den Touristenmassen, die hier jeden Tag unterwegs sind, keine Kleinigkeit und verdient Respekt. Trotzdem konnte ich mich manchmal nicht des Gefühls erwehren, dass ich in einem großen Vergnügungspark unterwegs bin.

Ich weiß nicht genau, was dafür verantwortlich war. Vielleicht die permanenten Helikopter-Flüge zum Everest – jeden Tag im 15-Minuten-Abstand das Rauschen der Rotoren über einem. Vielleicht auch die Tatsache, dass so gut wie ausschließlich große, geführte Gruppen unterwegs sind, bei denen alles bis ins kleinste Detail durchorganisiert ist. Am Ende war es vielleicht aber auch einfach die Erkenntnis, dass man letztlich nur einer von unzähligen Touristen ist, die alle genau das gleiche wollen: Einmal den höchsten Berg der Welt sehen.

Ich sage nicht, dass ich eine schlechte Erfahrung hatte. Ganz und gar nicht. Der Three Passes Trek war ein großartiges Erlebnis. Aber es war auch eine andere Art von Nepal als ich sie vor zwei Jahren auf dem Annapurna Circuit kennengelernt hatte. Einerseits irgendwie perfekter und schöner anzuschauen, andererseits ein bisschen unecht. Ein Nepal, dem man alle Ecken und Kanten abgeschliffen hat, damit es einfacher bekömmlich ist. Ich gebe zu, dass das je nach persönlichem Geschmack, aber kein Nachteil sein muss…

Wie waren eure Erfahrungen in Nepal?

So, das waren jetzt erstmal meine 5 wichtigsten Erfahrungen, die ich dieses Mal gemacht habe. Und nur nochmal zur Erinnerung, damit kein falsches Bild entsteht: Ich hatte neben den nicht so schönen Erlebnissen auch jede Menge tolle Erfahrungen. Diese werde ich in der nächsten Zeit hier auch auch ausführlich auf dem Blog vorstellen.

Jetzt würde mich aber mal interessieren: Was habt ihr für Erfahrungen in Nepal gemacht? Habt ihr irgendetwas in dem Artikel wiedererkannt? Oder habt ihr ganz andere Erlebnisse gehabt? Dann nichts wie ab in die Kommentare – ich bin auf eure Meinung gespannt!

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