Verbot von Solo-Trekking in Nepal: 3 Gründe, warum das eine ganz blöde Idee ist

Diese Meldung sorgte Anfang März für viel Wirbel und jede Menge Ärger bei Trekkern, die gerade in den letzten Vorbereitungen für die Frühjahrs-Saison im Himalaya stecken. Ab dem 1. April 2023 soll Trekking in Nepal nur noch mit offiziellem Guide möglich sein. Allerdings stellt sich eine bekannte Region quer. In diesem Artikel gebe ich einen kurzen Überblick über die aktuelle Lage. Außerdem mache ich mir ein paar Gedanken, warum diese neue Regel ganz schnell nach hinten losgehen könnte.

Zuletzt aktualisiert am 03.04. 2023

In diesem Artikel:

Nepal – das Bergland im Himalaya ist seit Jahrzehnten Anziehungspunkt für Bergbegeisterte, Backpacker und Trekking-Fans, die die mächtigen 8.000er-Eisriesen einmal mit eigenen Augen sehen wollen. Tja… und so schnell kann es gehen: Eine kleine Pressemitteilung reichte aus, um all das durcheinanderzubringen. Ab dem 01. April 2023 soll es keine individuellen Trekking-Touren mehr geben. Wer in Zukunft im Himalaya wandern möchte, braucht einen offiziellen Guide. Einfach den Rucksack schnappen und loslaufen, so wie ich das letztes Jahr auf der Annapurna-Runde gemacht hatte? Das könnte in Nepal bald der Vergangenheit angehören.

Mich erreichte diese Meldung ziemlich unvorbereitet, während ich gerade in Los Christianos im sonnigen Süden Teneriffas auf der Terrasse meiner Ferienwohnung fläzte und die letzten Tage meiner 2-monatigen Winterflucht auf den Kanaren genoss. Meine Stimmung war ganz hervorragend, meine erste Reaktion natürlich: „Come on. Das ist ein Scherz. Das können die nicht machen.“ Solche Meldungen hatte es ja immer mal wieder gegeben. Da hat bestimmt irgendjemand was falsch verstanden. Eine halbe Stunde Internet-Recherche später war ich mir schon nicht mehr so sicher…

Solo-Trekking im Nepal: Nur noch mit Guide?

Zuerst schnell die Fakten. Das ist in diesem Fall die Pressemitteilung des Nepal Tourism Board. Das Nepal Tourism Board ist die Behörde der nepalesischen Regierung, die die Genehmigungen für Wanderungen in den Berg-Regionen des Landes ausstellt. Hier der Screenshot der Pressemitteilung:

Dort heißt es klipp und klar:

Trekker müssen die Dienste eines offiziell lizensierten Guides in Anspruch nehmen und ihre TIMS-Karte durch eine offiziell bei der Regierung registrierte Trekking-Agentur erwerben. Die neue Regel tritt nach dem 31. März 2023 in Kraft.

Kurz zur Erklärung: Die TIMS-Karte ist das Permit, das alle Trekker in den bekannten Berg-Regionen-Nepals brauchen und das z.B. beim Eintritt in die Nationalparks und an verschiedenen Checkpoints auf der Route kontrolliert wird. Bisher konnte man sich das einfach bei der Tourismus-Behörde abholen, indem man einen Wisch ausfüllte, die Gebühr zahlte und seine Kontaktdaten angab. Ein relativ unkomplizierter Vorgang und genau so habe ich das bei meiner Wanderung auf dem Annapurna-Circuit gemacht.

Zusätzlich werden laut Pressemitteilung auch noch die Gebühren für das TIMS-Permit erhöht, und zwar auf 2.000 nepalesische Rupien für westliche Touristen. Das fand ich etwas irreführend, da ich bereits letztes Jahr genau diese Summe gezahlt hatte. Neben der TIMS-Karte braucht man außerdem sowieso noch ein weiteres Permit für das jeweilige Schutzgebiet. Für die Annapurna-Region kostete mich das z.B. weitere 3.000 Rupien.

Falls die Regelung wirklich kommt, dürften das aber ohnehin Peanuts sein. Denn wenn man in Zukunft nur mit Guide wandern darf, kommen die täglichen Ausgaben für den Führer dazu. Da darf man schon mal mit Kosten von mindestens 25 Euro pro Tag rechnen, wahrscheinlich eher mehr. Dazu eventuell dann noch Träger. Für meine über 30-tägige Tour hätte ich damit grob geschätzt allein 1.000 Euro für einen Guide gezahlt, mit den Kosten für die Unterkünfte und Essen vielleicht nochmal so viel. Klar – das ist immer noch nicht wahnsinnig viel für einen kompletten Monat voller geiler Erlebnisse. Aber als Budget-Destination für preisbewusste Backpacker und Trekker mit kleinem Geldbeutel wäre Nepal damit raus.

Lese-Tipps für Himalaya-Trekker:

Das bedeuten die neue Trekking-Regeln in Nepal

Gehen wir die Pressemitteilung gerade nochmal durch und schauen uns an, was da genau drinnen steht:

  • Trekker benötigen ab dem 01. April 2023 einen offiziell lizensierten Guide, d.h. er muss bei der Trekking Agencies Association of Nepal (TAAN) registriert sein.
  • Die neue Maßnahme soll für alle Trekker gelten. Also nicht nur für Solo-Trekker, sondern auch für Gruppen. Bislang waren etliche Trekking-Regionen, z.B. der Manaslu-Circuit ausschließlich für Solo-Trekker gesperrt, aber nicht für Gruppen von 2 oder mehr Personen.
  • Die Regel gilt für alle Gebirgs-Nationalparks von Nepal, für die man bislang bereits eine TIMS-Karte brauchte.
  • Im FAQ heißt es außerdem, dass die Regel nur für ausländische Trekker gilt.
  • Die Maßnahme wurde zum Schutz der Touristen ergriffen. Immer wieder würden sich Leute verlaufen, unterwegs krank werden oder Naturkatastrophen zum Opfer fallen. Der Guide soll gewährleisten, dass Trekker sofort Zugang zu professioneller Unterstützung bekämen.
  • Außerdem sollen somit neue Verdienst-Möglichkeiten im Tourismus-Sektor geschaffen und nicht-lizensierte Guides unterbunden werden.
  • An der (komplizierten) Bürokratie für Bergtouren auf die hohen Himalaya-Gipfel ändert sich nichts. Hier braucht man auch weiterhin einen offiziell registrierten Sirdar und ggf. einen Verbindungs-Offizier für Genehmigungen der Gipfel über 6.500 Meter.
  • Weitere Details sollen in Kürze folgen.

Gerade den letzten Punkt finde ich etwas dreist. Immerhin kam die Pressemitteilung Anfang März, also genau zum Beginn der Frühjahrs-Saison im Himalaya und damit bereits viel zu spät. Dass zu diesem Zeitpunkt viele ausländische Trekker ihre Flugtickets bereits lange gebucht hatten und bei den letzten Vorbereitungen für ihren großen Trip waren, muss den Verantwortlichen ja eigentlich klar gewesen sein. Da frage ich mich wirklich, ob man die Leute bewusst auf die Palme bringen möchte. Falls ja: Mission accomplished!

Man hätte das Ganze ja auch einfach ein paar Monate vorher ankündigen können. Das wäre dann immer noch ärgerlich genug gewesen. Aber zumindest hätte man den Leuten dann ein bisschen Zeit gegeben, ihre Pläne noch zu ändern. Mit dieser Last-Minute-Ankündigung wird das Nepal Tourism Board erstmal für jede Menge berechtige Wut und ich schätze auch etliche abgesagte Reisen sorgen.

Ob man damit wirklich den Tourismus-Standort Nepal stärkt? Das sei jetzt mal dahin gestellt… Ich hab zumindest mit einigen Lodge-Besitzern über Facebook gesprochen, bei denen ich letztes Jahr übernachtet habe, und der Tenor war ziemlich eindeutig: „Eine sehr schlechte Entscheidung. In Zukunft bleiben uns die Leute weg. Diese Regel hilft wenn überhaupt nur den großen Agenturen.“

Update: Neue Details zu den Regeln

Das Tourism Board hat inzwischen ein FAQ auf seiner Webseite eingestellt und die Regionen spezifiziert, für die man einen Guide und das TIMS-Permit benötigt. Demnach sind im Prinzip alle bekannten Trekking-Regionen und sämtliche bekannten Treks nur noch mit Guide möglich:

RegionTrek
Kanchenjunga Region1. Kanchenjunga Base Camp via Sele La Pass Trek
2. Kanchenjunga Basecamp Trek
3. Kanchenjunga Base Camp Nango Pass Trek
4. Lumba Sumba Pass Trek
Makalu Barun Area1. Makalu Basecamp Trek
2. Sherpani Col Pass Trek
Everest Region1. Everest Basecamp Trek
2. Gokyo Trek
3. Chho La Pass Trek
4. Gokyo Renjo La Pass Trek
5. Three Passes Trek
6. Everest View trek
7. Mera Peak Trek
8. Amphu Labtsha Pass
Rolwaling Region1. Rolwaling Trek
2. Tashi Labtsha Pass Trek
Panchpokhari Bhairabkunda Area1. Panchpokhari Trek
Helambu Region1. Helambu Trek
2. Goshaikunda Trek
Langtang Region1. Langtang Trek
2. Langtang Gosaikund Trek
3. Tamang Heritage Trek
4. Tamang Heritage Langtang Trek
5. Ganja La pass Trek
6. Tillman Pass
Ganesh Himal-Ruby Valley Area1. Ganesh Himal – Ruby Valley Trek
Manaslu Region1. Manaslu Circuit Trek
2. Manaslu – Tsum Valley Trek
3. Tsum Valley Trek
Annapurna Region1. Annapurna Circuit Trek
2. Nar Phu Annapurna Circuit Trek
3. Mesokanto / Tilicho Pass Trek
4. Poon Hill-ABC Trek
5. Khopra Trek
6. Mardi Himal Trek
7. Sikleh Tara Hill Trek
Mustang Region1. Upper Mustang Trek
2. Sarebung Pass Trek
Dhaulagiri Region1. Round Dhaulagiri
Dolpo Region1. Upper Dolpo – Jomsom Trek
2. Upper Dolpo Trek
3. Lower Dolpo Trek
4. Kagmara Pass Trek
Humla Region1. Humla Limi Valley Trek

Von der Regel ausgenommen sind das Kathmandu-Tal und die Außenbezirke von Pokhara. Weiterhin erlaubt ohne Guide ist auch das Wandern rund um die größeren Städte. Außerdem sollen eine individuelle Fahrt und die Busfahrt nach Muktinath ebenfalls ohne Führer möglich sein (aber nur mit TIMS-Permit). Der Tempel ist ein beliebtes Ziel für indische Pilger.

Nepal Solo Trekking Verbot nur noch mit Guide.
Träger auf dem Weg zum über 5.400 Meter hohen Pass Thorong-La.

Trekking am Everest auch weiterhin ohne Guide möglich?

Einige Online-Magazine berichten von möglichen Ausnahmen, mit denen in Zukunft auch weiterhin Solo-Treks in Nepal möglich sein sollen. Unter anderem wird dabei die bekannte Khumbu-Region mit dem Mount Everest genannt – immerhin eine der beliebtesten Trekking-Regionen Nepals. Hier benötigt man derzeit keine TIMS-Karte, sondern ein lokales Permit, die „Khumbu Trek Card“, sowie die Genehmigung für den Sagarmatha Nationalpark.

Das Nepal Tourism Board erwähnt diese Region in ihren neuen Ausführungen ausdrücklich und sagt, dass man einen Guide für die Region und sämtliche bekannten Treks (Everest Base Camp Trek, Gokyo Lakes, Drei-Pässe-Runde etc.). Dennoch könnte es sein, dass man diese Treks auch in Zukunft noch ohne Guide wandern kann. Die Lokalverwaltung des Khumbu-Bezirks hat nämlich ihre eigenen Vorstellungen.

Neue Regeln für Trekker in der Everest-Region

Die Bezirksverwaltung der Khumbu-Region hat auf ihrer Facebook-Seite neue Informationen veröffentlicht. Hier der Screenshot:

Solo Trekking Everest Verbot
Bildquelle: Khumbu Pasanglhamu Rural Municipality

Demnach wird ein Führer für Trekking-Touren empfohlen, er ist aber nicht zwingend erforderlich. Außerdem wird eine Trek Card benötigt, die 2.000 Rupien kostet und an verschiedenen Checkpoints kontrolliert wird. Zusätzlich fallen Eintrittsgebühren von 3.000 Rupien für den Sagarmatha Nationalpark an. Trekker werden gebeten, die Lage weiterhin im Auge zu behalten und aktuelle Updates zu checken.

Inzwischen hat die Provinzverwaltung, die Khumbu Pasanglhamu Rural Municipality, dazu eine eigene Pressemitteilung veröffentlicht:

Demnach will man ab dem 14. April 2023 eine aktualisierte Version der Trek Card anbieten. Die Trek Card soll entweder in Lukla oder Jorsale für insgesamt 5.000 Rupien erhältich sein. In der Pressemitteilung heißt es außerdem ausdrücklich, dass Individualreisende (Free Individual Trekkers, FIT) auch in Zukunft herzlich in der Everest-Region willkommen sind.

Bereits vor kurzem zitierte die Kathmandu Post einen hohen Beamten, der eindeutig sagt, dass es keine Einschränkungen für Solo-Trekker in der Everest-Region gibt. Zitat: „Wir lehnen die Entscheidung des Nepal Tourism Bureau ab“. Falls die Everst-Region nicht offiziell von der Regel ausgenommen wird, will man bis vor den obersten Gerichtshof von Nepal ziehen, um die Entscheidung anzufechten.

Auf mich wirkt das immer noch ein wenig verwirrend. Mit dieser neuen Pressemitteilung hat man jetzt zwei quasi-offizielle Dokumente, die beide jeweils das Gegenteil behaupten. Ich vermute, hier muss man einfach noch ein paar Wochen abwarten, bis die ersten Berichte von Trekkern vor Ort eintreffen. Es dürfte auf jeden Fall interessant werden zu sehen, was hier am Ende wirklich umgesetzt wird.

Wie wahrscheinlich ist, dass die Regel umgesetzt wird?

Mir haben einige Leute auf Instagram geschrieben, die derzeit in Nepal sind und sich gerade für die Annapurna-Runde startklar machen. Ihren Infos zufolge würden die Leute vor Ort erstmal abwiegeln. Demnach müsse erst noch das Parlament in Nepal über die Regel abstimmen und der Ausgang sei noch nicht klar. Das klingt erstmal beruhigend und ich würde mir auch wünschen, dass alles noch ganz anders kommt.

Ehrlich gesagt, kann ich mir aber auch nur schwer vorstellen, wie man nach dieser offiziellen Pressemitteilung einen Rückzieher machen will. Einfach ignorieren und so tun als sei nix gewesen? Okay… es ist immer noch Nepal und mir haben letztes Jahr so gut wie alle Einheimischen erzählt, dass die Regierung von vorne bis hinten korrupt ist. Aber das bräuchte dann doch ziemlich viel Erklärungsarbeit und wäre der Glaubwürdigkeit des Nepal Tourism Board auch nicht gerade zuträglich.

Ich vermute deshalb – und als überzeugter Individual-Reisender schmerzt es mich wirklich, das zu sagen: Die Regel wird wahrscheinlich kommen. Vielleicht gibt es noch ein paar Abmilderungen, wenn die näheren Details folgen. Vielleicht dauert es auch länger, bis es umgesetzt wird. Und eventuell wird die Everest-Region tatsächlich ausgenommen. Aber ich schätze, Trekking in Nepal wird in Zukunft nicht mehr so sein, wie vorher.

(Und wenn doch alles in letzter Minute gekippt wird oder im Sand verläuft: Dann ist das hier eine Prognose, mit der ich um nichts lieber in der Welt falsch liege.)

Meine Meinung zu dem Solo-Trekking-Verbot in Nepal

Wie bereits eben erwähnt: Ich bin überzeugter Individual-Reisender. Und ich hab letztes Jahr bei der Annapurna-Runde nicht deshalb auf einen Guide verzichtet, weil ich es mir nicht leisten konnte. Sondern weil ich Bock hatte, diesen Teil von Nepal auf eigene Faust, in meinem eigenen Tempo und ohne einen Führer zu erkunden, der mich gängelt. Insofern kotzt mich diese Pressemitteilung tierisch an. Und zwar vor allem auch deshalb, weil ich dieses Jahr eventuell nochmal gerne nach Nepal gefahren wäre. Mir hat das Land einfach wahnsinnig gut gefallen.

Klar. Ich kann die Bedenken wegen der Sicherheit einerseits nachvollziehen. Gerade in der Annapurna-Region laufen sehr viele Leute ziemlich unbedarft und ohne jegliche Erfahrung mit Trekking- und Rucksack-Touren rum. Und sehr viele Leute unterschätzen die großen Höhen in denen man dort wandert. Ich hab das mehrere Male dort selbst erlebt.

Ich kann auch nachvollziehen, dass die Behörden von Nepal nicht jeden einzelnen Trekker auf seine persönliche Erfahrung abklopfen können. Das wäre auch völlig unrealistisch. Man kann ja alles Mögliche erzählen, was man schon gemacht hat – kann ja niemand kontrollieren. Insofern scheint ein generelles Verbot von Solo-Trekking im ersten Moment schon irgendwie sinnvoll.

Andererseits: Man könnte ja auch die Schwierigkeit der Route in die Gleichung miteinbeziehen. Wer beispielsweise zum über 4.500 Meter hohen Ice Lake wandern möchte oder durch die lawinengefährdeten Hänge zum Annapurna Base Camp, könnte das in Zukunft beispielsweise nur noch mit Guide. Meinetwegen auch für den Übergang über den Thorong-La. Aber auf den von Trucks und Motorrädern befahrenen Dirtroads der unteren Annapurna-Region oder einem gut frequentierten Dorf-zu Dorf-Trek wie der Poon-Hill-Runde? Das ist einfach nur lächerlich und nichts weiter als verschleierte Abzocke.

Überhaupt schätze ich, dass die Bedenken wegen der Sicherheit am Ende vor allem ein Vorwand sind, um mehr Geld aus den Trekkern zu holen. In der Nepal Tourism Vision 2030 wird der Trekking-Tourismus als einer der größten Wachstums-Sektoren des Landes identifiziert. Dazu folgt der (vermutlich richtige) Hinweis, dass der Trend zum Abenteuer-Tourismus in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen wird. Da liegt der Gedanke ja nicht fern, dass man das schön ausnutzen und das Maximale aus den Besuchern rausholen kann.

Darum könnte das Verbot auch nach hinten losgehen

In der Tourism Vision 2030 schreiben die Autoren einen interessanten Satz. Nämlich, dass man dem „Kunden“ ein gutes Produkt bieten muss, damit er am Ende wieder zufrieden nach Hause fährt und noch mehr Besucher kommen. Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor. Die westlichen Trekker fahren ja nicht deshalb nach Nepal, weil sie eine maßgeschneiderte, von vorne bis hinten geplante 0815-Reise aus dem Katalog wollen. Die Trekker fahren dahin, weil sie Freiheit und Abenteuer suchen. Genau das ist das „Produkt“, wenn man es denn so nennen möchte.

Für einen Bürokraten in irgendeinem Komitee mag das vielleicht schwer zu verstehen sein. Aber für viele gehört zum Abenteuer eben auch dazu, das Land auf eigene Faust zu bereisen. Wenn man dann jetzt so ein generelles Verbot in die Welt setzt, macht man diese Erfahrung im Prinzip kaputt. Klar – dann ist alles schön sicher und in ordentliche Bahnen gelenkt. Aber wo bleibt da das Abenteuer?

Für mich ist diese Entwicklung vor allem ein großer Schritt, das Trekking-Erlebnis in Nepal in ein generisches Massenprodukt zu verwandeln, das sich leichter steuern und als vermeintliche „Erlebnis-Reise“ für eine gut betuchte Klientel vermarkten lässt. Abenteuer ja… aber bitte nur so, dass es nicht weh tut und nichts passieren kann, weil der Aufpasser ja immer schön nach dem Rechten schaut. In Wirklichkeit also das glatte Gegenteil von Abenteuer.

3 Gründe, die gegen das Verbot sprechen

Okay… mag jetzt nur meine persönliche Meinung sein. Fair enough. Aber ich glaube, dass es rein praktisch gesehen, drei gute Gründe gibt, die gegen ein Verbot von individuellen Trekking-Touren in Nepal sprechen:

  1. Viele Leute kommen ausschließlich wegen dem Trekking nach Nepal. Mit der neuen Regel werden diese Besucher abgeschreckt und fahren woanders hin. Dadurch könnten die Einnahmen in den Dörfern und im Tourismus-Bereich im Allgemeinen sogar sinken.
  2. Der Ruf von Nepal als exotische Abenteuer-Location könnte durch solche restriktiven Maßnahmen beschädigt werden. Dadurch könnte das Land in Zukunft unattraktiver für viele Touristen werden, zumal die meisten Nepal eben mit Bergen in Verbindung bringen.
  3. Ich bezweifle, dass es überhaupt genügend qualifizierte Guides in Nepal gibt, um einen so radikalen Wandel von heute auf morgen auf die Beine zu stellen. Was nicht heißen soll, dass es keine guten Guides gibt. Nur eben nicht in den Massen, die man mit dieser Regel dann brauchen würde.

Nochmal kurz ein paar Worte zu meinen persönlichen Erfahrungen auf dem Annapurna Circuit. 2022 hatten sehr viele Checkpoints auf dem Trek geschlossen. Und selbst bei den geöffneten war es bei weitem nicht so, dass ich da automatisch kontrolliert wurde. Nach dem Trek bin ich sogar noch schön brav zum Touristen-Büro in Pokhara gedackelt, weil ich mich noch „offiziell“ abmelden wollte (damit ich dann nicht aus Versehen in einer Vermissten-Statistik auftauche).
Hat da überhaupt niemanden interessiert.

Ich denke also, wenn es wirklich um die Sicherheit ginge, könnte man auch einfach das bisher bestehende System mit den TIMS-Karten konsequent umsetzen und die Trekker sauber erfassen. So ist es ja auch eigentlich gedacht. Warum also jetzt neue Regeln einführen, wenn die alten schon nicht richtig kontrolliert werden?

Dazu kommt, dass das Nepal Tourism Board zur Hälfte mit Leuten aus dem Privat-Sektor besetzt ist, die den einflussreichen Verband der Trekking-Agenturen von Nepal (TAAN) vertreten. Und dieser Verband wäre natürlich überhaupt nicht traurig darüber, wenn er in Zukunft das komplette Geschäft kontrolliert. Ich will hier jetzt nicht in Verschwörungstheorien abdriften. Aber das sieht für mich schon ein bisschen so aus, als ob sich die Trekking-Industrie hier aus finanziellen Interessen mal eben ihre eigenen Gesetze schreibt.

Sicherheit für Trekker ist nur ein Vorwand

Ich kann es natürlich nicht beweisen. Aber ich vermute dieses ganze idiotische Verbot hat wirklich mehr mit Politik und irgendwelchen Deals mit den großen Trekking-Agenturen zu tun, als mit Sicherheit. Hat jemand mal gezählt, wie viele Leute jedes Jahr bei Flugzeugabstürzen in Nepal sterben? Vor ein paar Wochen war schon wieder einer, ich glaub 71 Tote. Letztes Jahr gab‘s auch einen, kurz nachdem ich wieder zuhause war. Wahrscheinlich sind in den letzten zehn Jahren Hunderte von Menschen bei Abstürzen in Nepal gestorben. Traurig…ja. Aber für die Regierung scheinbar kein Grund, da mal irgendwas an den Sicherheitsvorkehrungen zu ändern.

Ich schätze, bei den Hinterzimmer-Verhandlungen werden sich einige hohe Tiere ganz schön ins Fäustchen gelacht haben. Jetzt schmeißen wir endlich mal diese ganzen dreckigen Backpacker raus, die immer umsonst in den Lodges pennen wollen und holen uns stattdessen nur noch reiche Inder und Chinesen ins Land. Aber ich glaub nicht, dass das so einfach funktionieren wird. So einen Image-Wandel zu bewerkstelligen ist ein langsamer Prozess. Und da muss man sehr vorsichtig vorgehen. Mit solchen überstürzten Verboten schießt man sich letztlich nur selbst ins Knie und ruiniert den Ruf, den sich Nepal über Jahrzehnte aufgebaut hat.

Insofern hoffe ich wirklich, dass da im letzten Moment doch noch einige Leute zur Besinnung kommen. Klar – es gibt genügend andere schöne Länder auf der Welt, wo man noch mehr Freiheiten hat. Aber ich fände es wirklich höchst bedauerlich, wenn die Berge Nepals und die wunderbaren Menschen, die dort leben, als Ziel von Individual-Reisenden in Zukunft ausfallen. Die nächsten paar Wochen werden auf jeden Fall spannend!

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Ohne Kaffee komme ich morgens nicht raus und kann keine neue Abenteuer erleben:)

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Was haltet ihr von der ganzen Geschichte? Habt ihr vielleicht selbst dieses Jahr einen Trek in Nepal geplant? Oder seid ihr gerade vor Ort und habt neue Infos? Dann nichts wie ab in die Kommentare! Ich freue mich von euch zu hören!