Zuletzt aktualisiert am 03.04. 2023
In diesem Artikel:
- Kein Trekking ohne Guide mehr in Nepal: Das sind die Fakten
- Das bedeuten die neue Trekking-Regeln in Nepal
- Update zu den neuen Regeln
- Trekking am Evererst auch in Zukunft ohne Guide?
- Wie wahrscheinlich ist, dass die Regel umgesetzt wird?
- Meine Meinung zu dem Solo-Trekking-Verbot in Nepal
- 3 Gründe, warum das Verbot auch nach hinten los gehen könnte
Nepal – das Bergland im Himalaya ist seit Jahrzehnten Anziehungspunkt für Bergbegeisterte, Backpacker und Trekking-Fans, die die mächtigen 8.000er-Eisriesen einmal mit eigenen Augen sehen wollen. Tja… und so schnell kann es gehen: Eine kleine Pressemitteilung reichte aus, um all das durcheinanderzubringen. Ab dem 01. April 2023 soll es keine individuellen Trekking-Touren mehr geben. Wer in Zukunft im Himalaya wandern möchte, braucht einen offiziellen Guide. Einfach den Rucksack schnappen und loslaufen, so wie ich das letztes Jahr auf der Annapurna-Runde gemacht hatte? Das könnte in Nepal bald der Vergangenheit angehören.
Mich erreichte diese Meldung ziemlich unvorbereitet, während ich gerade in Los Christianos im sonnigen Süden Teneriffas auf der Terrasse meiner Ferienwohnung fläzte und die letzten Tage meiner 2-monatigen Winterflucht auf den Kanaren genoss. Meine Stimmung war ganz hervorragend, meine erste Reaktion natürlich: „Come on. Das ist ein Scherz. Das können die nicht machen.“ Solche Meldungen hatte es ja immer mal wieder gegeben. Da hat bestimmt irgendjemand was falsch verstanden. Eine halbe Stunde Internet-Recherche später war ich mir schon nicht mehr so sicher…
Solo-Trekking im Nepal: Nur noch mit Guide?
Zuerst schnell die Fakten. Das ist in diesem Fall die Pressemitteilung des Nepal Tourism Board. Das Nepal Tourism Board ist die Behörde der nepalesischen Regierung, die die Genehmigungen für Wanderungen in den Berg-Regionen des Landes ausstellt. Hier der Screenshot der Pressemitteilung:

Dort heißt es klipp und klar:
Trekker müssen die Dienste eines offiziell lizensierten Guides in Anspruch nehmen und ihre TIMS-Karte durch eine offiziell bei der Regierung registrierte Trekking-Agentur erwerben. Die neue Regel tritt nach dem 31. März 2023 in Kraft.
Kurz zur Erklärung: Die TIMS-Karte ist das Permit, das alle Trekker in den bekannten Berg-Regionen-Nepals brauchen und das z.B. beim Eintritt in die Nationalparks und an verschiedenen Checkpoints auf der Route kontrolliert wird. Bisher konnte man sich das einfach bei der Tourismus-Behörde abholen, indem man einen Wisch ausfüllte, die Gebühr zahlte und seine Kontaktdaten angab. Ein relativ unkomplizierter Vorgang und genau so habe ich das bei meiner Wanderung auf dem Annapurna-Circuit gemacht.
Zusätzlich werden laut Pressemitteilung auch noch die Gebühren für das TIMS-Permit erhöht, und zwar auf 2.000 nepalesische Rupien für westliche Touristen. Das fand ich etwas irreführend, da ich bereits letztes Jahr genau diese Summe gezahlt hatte. Neben der TIMS-Karte braucht man außerdem sowieso noch ein weiteres Permit für das jeweilige Schutzgebiet. Für die Annapurna-Region kostete mich das z.B. weitere 3.000 Rupien.
Falls die Regelung wirklich kommt, dürften das aber ohnehin Peanuts sein. Denn wenn man in Zukunft nur mit Guide wandern darf, kommen die täglichen Ausgaben für den Führer dazu. Da darf man schon mal mit Kosten von mindestens 25 Euro pro Tag rechnen, wahrscheinlich eher mehr. Dazu eventuell dann noch Träger. Für meine über 30-tägige Tour hätte ich damit grob geschätzt allein 1.000 Euro für einen Guide gezahlt, mit den Kosten für die Unterkünfte und Essen vielleicht nochmal so viel. Klar – das ist immer noch nicht wahnsinnig viel für einen kompletten Monat voller geiler Erlebnisse. Aber als Budget-Destination für preisbewusste Backpacker und Trekker mit kleinem Geldbeutel wäre Nepal damit raus.
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Das bedeuten die neue Trekking-Regeln in Nepal
Gehen wir die Pressemitteilung gerade nochmal durch und schauen uns an, was da genau drinnen steht:
- Trekker benötigen ab dem 01. April 2023 einen offiziell lizensierten Guide, d.h. er muss bei der Trekking Agencies Association of Nepal (TAAN) registriert sein.
- Die neue Maßnahme soll für alle Trekker gelten. Also nicht nur für Solo-Trekker, sondern auch für Gruppen. Bislang waren etliche Trekking-Regionen, z.B. der Manaslu-Circuit ausschließlich für Solo-Trekker gesperrt, aber nicht für Gruppen von 2 oder mehr Personen.
- Die Regel gilt für alle Gebirgs-Nationalparks von Nepal, für die man bislang bereits eine TIMS-Karte brauchte.
- Im FAQ heißt es außerdem, dass die Regel nur für ausländische Trekker gilt.
- Die Maßnahme wurde zum Schutz der Touristen ergriffen. Immer wieder würden sich Leute verlaufen, unterwegs krank werden oder Naturkatastrophen zum Opfer fallen. Der Guide soll gewährleisten, dass Trekker sofort Zugang zu professioneller Unterstützung bekämen.
- Außerdem sollen somit neue Verdienst-Möglichkeiten im Tourismus-Sektor geschaffen und nicht-lizensierte Guides unterbunden werden.
- An der (komplizierten) Bürokratie für Bergtouren auf die hohen Himalaya-Gipfel ändert sich nichts. Hier braucht man auch weiterhin einen offiziell registrierten Sirdar und ggf. einen Verbindungs-Offizier für Genehmigungen der Gipfel über 6.500 Meter.
- Weitere Details sollen in Kürze folgen.
Gerade den letzten Punkt finde ich etwas dreist. Immerhin kam die Pressemitteilung Anfang März, also genau zum Beginn der Frühjahrs-Saison im Himalaya und damit bereits viel zu spät. Dass zu diesem Zeitpunkt viele ausländische Trekker ihre Flugtickets bereits lange gebucht hatten und bei den letzten Vorbereitungen für ihren großen Trip waren, muss den Verantwortlichen ja eigentlich klar gewesen sein. Da frage ich mich wirklich, ob man die Leute bewusst auf die Palme bringen möchte. Falls ja: Mission accomplished!
Man hätte das Ganze ja auch einfach ein paar Monate vorher ankündigen können. Das wäre dann immer noch ärgerlich genug gewesen. Aber zumindest hätte man den Leuten dann ein bisschen Zeit gegeben, ihre Pläne noch zu ändern. Mit dieser Last-Minute-Ankündigung wird das Nepal Tourism Board erstmal für jede Menge berechtige Wut und ich schätze auch etliche abgesagte Reisen sorgen.
Ob man damit wirklich den Tourismus-Standort Nepal stärkt? Das sei jetzt mal dahin gestellt… Ich hab zumindest mit einigen Lodge-Besitzern über Facebook gesprochen, bei denen ich letztes Jahr übernachtet habe, und der Tenor war ziemlich eindeutig: „Eine sehr schlechte Entscheidung. In Zukunft bleiben uns die Leute weg. Diese Regel hilft wenn überhaupt nur den großen Agenturen.“
Update: Neue Details zu den Regeln
Das Tourism Board hat inzwischen ein FAQ auf seiner Webseite eingestellt und die Regionen spezifiziert, für die man einen Guide und das TIMS-Permit benötigt. Demnach sind im Prinzip alle bekannten Trekking-Regionen und sämtliche bekannten Treks nur noch mit Guide möglich:
Region | Trek |
---|---|
Kanchenjunga Region | 1. Kanchenjunga Base Camp via Sele La Pass Trek 2. Kanchenjunga Basecamp Trek 3. Kanchenjunga Base Camp Nango Pass Trek 4. Lumba Sumba Pass Trek |
Makalu Barun Area | 1. Makalu Basecamp Trek 2. Sherpani Col Pass Trek |
Everest Region | 1. Everest Basecamp Trek 2. Gokyo Trek 3. Chho La Pass Trek 4. Gokyo Renjo La Pass Trek 5. Three Passes Trek 6. Everest View trek 7. Mera Peak Trek 8. Amphu Labtsha Pass |
Rolwaling Region | 1. Rolwaling Trek 2. Tashi Labtsha Pass Trek |
Panchpokhari Bhairabkunda Area | 1. Panchpokhari Trek |
Helambu Region | 1. Helambu Trek 2. Goshaikunda Trek |
Langtang Region | 1. Langtang Trek 2. Langtang Gosaikund Trek 3. Tamang Heritage Trek 4. Tamang Heritage Langtang Trek 5. Ganja La pass Trek 6. Tillman Pass |
Ganesh Himal-Ruby Valley Area | 1. Ganesh Himal – Ruby Valley Trek |
Manaslu Region | 1. Manaslu Circuit Trek 2. Manaslu – Tsum Valley Trek 3. Tsum Valley Trek |
Annapurna Region | 1. Annapurna Circuit Trek 2. Nar Phu Annapurna Circuit Trek 3. Mesokanto / Tilicho Pass Trek 4. Poon Hill-ABC Trek 5. Khopra Trek 6. Mardi Himal Trek 7. Sikleh Tara Hill Trek |
Mustang Region | 1. Upper Mustang Trek 2. Sarebung Pass Trek |
Dhaulagiri Region | 1. Round Dhaulagiri |
Dolpo Region | 1. Upper Dolpo – Jomsom Trek 2. Upper Dolpo Trek 3. Lower Dolpo Trek 4. Kagmara Pass Trek |
Humla Region | 1. Humla Limi Valley Trek |
Von der Regel ausgenommen sind das Kathmandu-Tal und die Außenbezirke von Pokhara. Weiterhin erlaubt ohne Guide ist auch das Wandern rund um die größeren Städte. Außerdem sollen eine individuelle Fahrt und die Busfahrt nach Muktinath ebenfalls ohne Führer möglich sein (aber nur mit TIMS-Permit). Der Tempel ist ein beliebtes Ziel für indische Pilger.

Trekking am Everest auch weiterhin ohne Guide möglich?
Einige Online-Magazine berichten von möglichen Ausnahmen, mit denen in Zukunft auch weiterhin Solo-Treks in Nepal möglich sein sollen. Unter anderem wird dabei die bekannte Khumbu-Region mit dem Mount Everest genannt – immerhin eine der beliebtesten Trekking-Regionen Nepals. Hier benötigt man derzeit keine TIMS-Karte, sondern ein lokales Permit, die „Khumbu Trek Card“, sowie die Genehmigung für den Sagarmatha Nationalpark.
Das Nepal Tourism Board erwähnt diese Region in ihren neuen Ausführungen ausdrücklich und sagt, dass man einen Guide für die Region und sämtliche bekannten Treks (Everest Base Camp Trek, Gokyo Lakes, Drei-Pässe-Runde etc.). Dennoch könnte es sein, dass man diese Treks auch in Zukunft noch ohne Guide wandern kann. Die Lokalverwaltung des Khumbu-Bezirks hat nämlich ihre eigenen Vorstellungen.
Neue Regeln für Trekker in der Everest-Region
Die Bezirksverwaltung der Khumbu-Region hat auf ihrer Facebook-Seite neue Informationen veröffentlicht. Hier der Screenshot:

Demnach wird ein Führer für Trekking-Touren empfohlen, er ist aber nicht zwingend erforderlich. Außerdem wird eine Trek Card benötigt, die 2.000 Rupien kostet und an verschiedenen Checkpoints kontrolliert wird. Zusätzlich fallen Eintrittsgebühren von 3.000 Rupien für den Sagarmatha Nationalpark an. Trekker werden gebeten, die Lage weiterhin im Auge zu behalten und aktuelle Updates zu checken.
Inzwischen hat die Provinzverwaltung, die Khumbu Pasanglhamu Rural Municipality, dazu eine eigene Pressemitteilung veröffentlicht:

Demnach will man ab dem 14. April 2023 eine aktualisierte Version der Trek Card anbieten. Die Trek Card soll entweder in Lukla oder Jorsale für insgesamt 5.000 Rupien erhältich sein. In der Pressemitteilung heißt es außerdem ausdrücklich, dass Individualreisende (Free Individual Trekkers, FIT) auch in Zukunft herzlich in der Everest-Region willkommen sind.
Bereits vor kurzem zitierte die Kathmandu Post einen hohen Beamten, der eindeutig sagt, dass es keine Einschränkungen für Solo-Trekker in der Everest-Region gibt. Zitat: „Wir lehnen die Entscheidung des Nepal Tourism Bureau ab“. Falls die Everst-Region nicht offiziell von der Regel ausgenommen wird, will man bis vor den obersten Gerichtshof von Nepal ziehen, um die Entscheidung anzufechten.
Auf mich wirkt das immer noch ein wenig verwirrend. Mit dieser neuen Pressemitteilung hat man jetzt zwei quasi-offizielle Dokumente, die beide jeweils das Gegenteil behaupten. Ich vermute, hier muss man einfach noch ein paar Wochen abwarten, bis die ersten Berichte von Trekkern vor Ort eintreffen. Es dürfte auf jeden Fall interessant werden zu sehen, was hier am Ende wirklich umgesetzt wird.
Wie wahrscheinlich ist, dass die Regel umgesetzt wird?
Mir haben einige Leute auf Instagram geschrieben, die derzeit in Nepal sind und sich gerade für die Annapurna-Runde startklar machen. Ihren Infos zufolge würden die Leute vor Ort erstmal abwiegeln. Demnach müsse erst noch das Parlament in Nepal über die Regel abstimmen und der Ausgang sei noch nicht klar. Das klingt erstmal beruhigend und ich würde mir auch wünschen, dass alles noch ganz anders kommt.
Ehrlich gesagt, kann ich mir aber auch nur schwer vorstellen, wie man nach dieser offiziellen Pressemitteilung einen Rückzieher machen will. Einfach ignorieren und so tun als sei nix gewesen? Okay… es ist immer noch Nepal und mir haben letztes Jahr so gut wie alle Einheimischen erzählt, dass die Regierung von vorne bis hinten korrupt ist. Aber das bräuchte dann doch ziemlich viel Erklärungsarbeit und wäre der Glaubwürdigkeit des Nepal Tourism Board auch nicht gerade zuträglich.
Ich vermute deshalb – und als überzeugter Individual-Reisender schmerzt es mich wirklich, das zu sagen: Die Regel wird wahrscheinlich kommen. Vielleicht gibt es noch ein paar Abmilderungen, wenn die näheren Details folgen. Vielleicht dauert es auch länger, bis es umgesetzt wird. Und eventuell wird die Everest-Region tatsächlich ausgenommen. Aber ich schätze, Trekking in Nepal wird in Zukunft nicht mehr so sein, wie vorher.
(Und wenn doch alles in letzter Minute gekippt wird oder im Sand verläuft: Dann ist das hier eine Prognose, mit der ich um nichts lieber in der Welt falsch liege.)
Meine Meinung zu dem Solo-Trekking-Verbot in Nepal
Wie bereits eben erwähnt: Ich bin überzeugter Individual-Reisender. Und ich hab letztes Jahr bei der Annapurna-Runde nicht deshalb auf einen Guide verzichtet, weil ich es mir nicht leisten konnte. Sondern weil ich Bock hatte, diesen Teil von Nepal auf eigene Faust, in meinem eigenen Tempo und ohne einen Führer zu erkunden, der mich gängelt. Insofern kotzt mich diese Pressemitteilung tierisch an. Und zwar vor allem auch deshalb, weil ich dieses Jahr eventuell nochmal gerne nach Nepal gefahren wäre. Mir hat das Land einfach wahnsinnig gut gefallen.
Klar. Ich kann die Bedenken wegen der Sicherheit einerseits nachvollziehen. Gerade in der Annapurna-Region laufen sehr viele Leute ziemlich unbedarft und ohne jegliche Erfahrung mit Trekking- und Rucksack-Touren rum. Und sehr viele Leute unterschätzen die großen Höhen in denen man dort wandert. Ich hab das mehrere Male dort selbst erlebt.
Ich kann auch nachvollziehen, dass die Behörden von Nepal nicht jeden einzelnen Trekker auf seine persönliche Erfahrung abklopfen können. Das wäre auch völlig unrealistisch. Man kann ja alles Mögliche erzählen, was man schon gemacht hat – kann ja niemand kontrollieren. Insofern scheint ein generelles Verbot von Solo-Trekking im ersten Moment schon irgendwie sinnvoll.
Andererseits: Man könnte ja auch die Schwierigkeit der Route in die Gleichung miteinbeziehen. Wer beispielsweise zum über 4.500 Meter hohen Ice Lake wandern möchte oder durch die lawinengefährdeten Hänge zum Annapurna Base Camp, könnte das in Zukunft beispielsweise nur noch mit Guide. Meinetwegen auch für den Übergang über den Thorong-La. Aber auf den von Trucks und Motorrädern befahrenen Dirtroads der unteren Annapurna-Region oder einem gut frequentierten Dorf-zu Dorf-Trek wie der Poon-Hill-Runde? Das ist einfach nur lächerlich und nichts weiter als verschleierte Abzocke.
Überhaupt schätze ich, dass die Bedenken wegen der Sicherheit am Ende vor allem ein Vorwand sind, um mehr Geld aus den Trekkern zu holen. In der Nepal Tourism Vision 2030 wird der Trekking-Tourismus als einer der größten Wachstums-Sektoren des Landes identifiziert. Dazu folgt der (vermutlich richtige) Hinweis, dass der Trend zum Abenteuer-Tourismus in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen wird. Da liegt der Gedanke ja nicht fern, dass man das schön ausnutzen und das Maximale aus den Besuchern rausholen kann.
Darum könnte das Verbot auch nach hinten losgehen
In der Tourism Vision 2030 schreiben die Autoren einen interessanten Satz. Nämlich, dass man dem „Kunden“ ein gutes Produkt bieten muss, damit er am Ende wieder zufrieden nach Hause fährt und noch mehr Besucher kommen. Ich glaube hier liegt ein Missverständnis vor. Die westlichen Trekker fahren ja nicht deshalb nach Nepal, weil sie eine maßgeschneiderte, von vorne bis hinten geplante 0815-Reise aus dem Katalog wollen. Die Trekker fahren dahin, weil sie Freiheit und Abenteuer suchen. Genau das ist das „Produkt“, wenn man es denn so nennen möchte.
Für einen Bürokraten in irgendeinem Komitee mag das vielleicht schwer zu verstehen sein. Aber für viele gehört zum Abenteuer eben auch dazu, das Land auf eigene Faust zu bereisen. Wenn man dann jetzt so ein generelles Verbot in die Welt setzt, macht man diese Erfahrung im Prinzip kaputt. Klar – dann ist alles schön sicher und in ordentliche Bahnen gelenkt. Aber wo bleibt da das Abenteuer?
Für mich ist diese Entwicklung vor allem ein großer Schritt, das Trekking-Erlebnis in Nepal in ein generisches Massenprodukt zu verwandeln, das sich leichter steuern und als vermeintliche „Erlebnis-Reise“ für eine gut betuchte Klientel vermarkten lässt. Abenteuer ja… aber bitte nur so, dass es nicht weh tut und nichts passieren kann, weil der Aufpasser ja immer schön nach dem Rechten schaut. In Wirklichkeit also das glatte Gegenteil von Abenteuer.
3 Gründe, die gegen das Verbot sprechen
Okay… mag jetzt nur meine persönliche Meinung sein. Fair enough. Aber ich glaube, dass es rein praktisch gesehen, drei gute Gründe gibt, die gegen ein Verbot von individuellen Trekking-Touren in Nepal sprechen:
- Viele Leute kommen ausschließlich wegen dem Trekking nach Nepal. Mit der neuen Regel werden diese Besucher abgeschreckt und fahren woanders hin. Dadurch könnten die Einnahmen in den Dörfern und im Tourismus-Bereich im Allgemeinen sogar sinken.
- Der Ruf von Nepal als exotische Abenteuer-Location könnte durch solche restriktiven Maßnahmen beschädigt werden. Dadurch könnte das Land in Zukunft unattraktiver für viele Touristen werden, zumal die meisten Nepal eben mit Bergen in Verbindung bringen.
- Ich bezweifle, dass es überhaupt genügend qualifizierte Guides in Nepal gibt, um einen so radikalen Wandel von heute auf morgen auf die Beine zu stellen. Was nicht heißen soll, dass es keine guten Guides gibt. Nur eben nicht in den Massen, die man mit dieser Regel dann brauchen würde.
Nochmal kurz ein paar Worte zu meinen persönlichen Erfahrungen auf dem Annapurna Circuit. 2022 hatten sehr viele Checkpoints auf dem Trek geschlossen. Und selbst bei den geöffneten war es bei weitem nicht so, dass ich da automatisch kontrolliert wurde. Nach dem Trek bin ich sogar noch schön brav zum Touristen-Büro in Pokhara gedackelt, weil ich mich noch „offiziell“ abmelden wollte (damit ich dann nicht aus Versehen in einer Vermissten-Statistik auftauche).
Hat da überhaupt niemanden interessiert.
Ich denke also, wenn es wirklich um die Sicherheit ginge, könnte man auch einfach das bisher bestehende System mit den TIMS-Karten konsequent umsetzen und die Trekker sauber erfassen. So ist es ja auch eigentlich gedacht. Warum also jetzt neue Regeln einführen, wenn die alten schon nicht richtig kontrolliert werden?
Dazu kommt, dass das Nepal Tourism Board zur Hälfte mit Leuten aus dem Privat-Sektor besetzt ist, die den einflussreichen Verband der Trekking-Agenturen von Nepal (TAAN) vertreten. Und dieser Verband wäre natürlich überhaupt nicht traurig darüber, wenn er in Zukunft das komplette Geschäft kontrolliert. Ich will hier jetzt nicht in Verschwörungstheorien abdriften. Aber das sieht für mich schon ein bisschen so aus, als ob sich die Trekking-Industrie hier aus finanziellen Interessen mal eben ihre eigenen Gesetze schreibt.
Sicherheit für Trekker ist nur ein Vorwand
Ich kann es natürlich nicht beweisen. Aber ich vermute dieses ganze idiotische Verbot hat wirklich mehr mit Politik und irgendwelchen Deals mit den großen Trekking-Agenturen zu tun, als mit Sicherheit. Hat jemand mal gezählt, wie viele Leute jedes Jahr bei Flugzeugabstürzen in Nepal sterben? Vor ein paar Wochen war schon wieder einer, ich glaub 71 Tote. Letztes Jahr gab‘s auch einen, kurz nachdem ich wieder zuhause war. Wahrscheinlich sind in den letzten zehn Jahren Hunderte von Menschen bei Abstürzen in Nepal gestorben. Traurig…ja. Aber für die Regierung scheinbar kein Grund, da mal irgendwas an den Sicherheitsvorkehrungen zu ändern.
Ich schätze, bei den Hinterzimmer-Verhandlungen werden sich einige hohe Tiere ganz schön ins Fäustchen gelacht haben. Jetzt schmeißen wir endlich mal diese ganzen dreckigen Backpacker raus, die immer umsonst in den Lodges pennen wollen und holen uns stattdessen nur noch reiche Inder und Chinesen ins Land. Aber ich glaub nicht, dass das so einfach funktionieren wird. So einen Image-Wandel zu bewerkstelligen ist ein langsamer Prozess. Und da muss man sehr vorsichtig vorgehen. Mit solchen überstürzten Verboten schießt man sich letztlich nur selbst ins Knie und ruiniert den Ruf, den sich Nepal über Jahrzehnte aufgebaut hat.
Insofern hoffe ich wirklich, dass da im letzten Moment doch noch einige Leute zur Besinnung kommen. Klar – es gibt genügend andere schöne Länder auf der Welt, wo man noch mehr Freiheiten hat. Aber ich fände es wirklich höchst bedauerlich, wenn die Berge Nepals und die wunderbaren Menschen, die dort leben, als Ziel von Individual-Reisenden in Zukunft ausfallen. Die nächsten paar Wochen werden auf jeden Fall spannend!

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Was haltet ihr von der ganzen Geschichte? Habt ihr vielleicht selbst dieses Jahr einen Trek in Nepal geplant? Oder seid ihr gerade vor Ort und habt neue Infos? Dann nichts wie ab in die Kommentare! Ich freue mich von euch zu hören!
Hi Selim,
Erstmal danke für deinen Beitrag! Ich hätte einmal eine spezifische Frage und vielleicht kannst du mir dabei ja etwas mehr behilflich sein.
Ich fliege am Montag gemeinsam mit meiner Freundin nach Nepal und werde den Annapurna Circuit beschreiten. Unsere Wanderung startet etwa am 22.03 und endet ca. am 06.04. Wie du vielleicht schon bemerkst, haben wir nun die Situation, dass wir, bevor die „neue Regelung“ in Kraft treten soll, mit unserer Wanderung beginnen werden und wenn sie bereits in Kraft sein sollte, enden werden. Hättest du denn vielleicht eine Einschätzung wie man das nun handhaben sollte? Guide hätten wir ansich nämlich keinen eingeplant gehabt.
Danke schonmal im Voraus! Ein schönes Wochenende wünsche ich dir!
Liebe Grüße,
Lukas
Hi Lukas,
also so wie ich das verstehe, werden erst ab dem 01. April keine neuen Permits mehr ausgegeben. D.h. wenn ihr euch vorher die Erlaubnis besorgt, sollte das keine Probleme geben. Und ich schätze ihr müsst dann nichts weiter machen, einfach den Trek ganz normal beenden. Natürlich kann ich das jetzt hier nur aus Deuschland beurteilen. Am besten ihr holt euch vorher nochmal vor Ort konkrete Infos. Würde mich auch sehr freuen, wenn ihr danach nochmal schreibt, wie das dann genau ab April gehandhabt wird und was ihr für Erfahrungen gemacht habt. Ist ja immer etwas schwierig vom anderen Ende der Welt genaueres zu erfahren:)
Viele Grüße + viel Spaß mit eurer Reise
Selim
Hallo,
Ich bin gerade in Nepal und mache den Tamang Heritage Trail und Langtang mit Tserko ri.
Habe leider erst in Kathmandu von dem neuen Gesetz erfahren , Lange Diskussionen im Touristen Board dort meinte man aber letztlich dass die Kontrollen in der Zeit ersten wohl noch kaum stattfinden werden . In einer Agentur wurde mir letztendlich das gleiche mitgeteilt . Wobei die Strafen relativ hoch sein sollen 100 bis 200 $. Beim Eintritt in der Nationalpark wurde nur Reisepass Visum und das Permit für den Nationalpark kontrolliert . In Syabru Besi wurde ich dann von der Tourist Police kontrolliert, dort aber auch nur der Reisepass . Vielleicht auch nur Glück gehabt. Ich habe vor fünf Jahren die Annapurna Runde gemacht auch ohne Guide und Porter , ging völlig problemlos habe aber auch für alle meine Touren GPS Tracks dabei, hoffe es läuft weiter gut und ich werde nicht kontrolliert, nach Ende der Tour werde ich noch mal berichten .
Viele Grüße Toni
Hi Toni,
und vielen lieben Dank für den Bericht von Ort. Freut mich zu hören, dass soweit alles geklappt hat:) Ich verfolg das im Moment ein bisschen in den diversen Nepal-Facebook-Gruppen. Scheint tatsächlich ein ziemliches Chaos zu sein, aber das war vermutlich auch zu erwarten. Ich bin jedenfalls schwer am Überlegen, ob ich diesen Herbst wirklich nochmal nach Nepal fahren soll. Derzeit dreht sich ja gefühlt alles nur noch um Gebühren, Verbote, Kontrollen usw. Das gefällt mir überhaupt nicht. Naja… will dir jetzt nicht den Trip vermiesen. Ich schätze, wenn man einmal im Land ist, sieht das alles vielleicht auch ein bisschen anders aus. Wünsche dir auf jeden Fall noch viel Spaß und wenig Begegnungen mit der Tourist Police:)
Viele Grüße
Selim
Wir waren schon mehrfach im Himalaya unterwegs und ich halte Deinen Kommentar daher für grob fahrlässig und respektlos.
Es gibt in Nepal keine Wanderkarten, Wegweiser und klar definierte Wanderrouten wie im Schwarzwald. Und man kann da nicht einfach auf eigene Faust rumlaufen, weil man Bock darauf hat. Es ist eines der krassesten Hochgebirge der Erde und absolut anmaßend zu denken als Westeuropäischer Tourist könne man da einfach rumlaufen wie man lustig ist.
Wir erlebten live Lawinen, Felsabbrüche und Spalten im Eis. Und selbst wenn ihr euch in der eisfreien Zone aufhaltet, können da Auto-große Felsblöcke auf einmal den Hang runterkommen. Wenn die über dir eine Straße bauen, nimmt sich in Nepal nämlich niemand die Zeit alles drum rum mit Flatterband abzusperren. Haben wir selbst erlebt.
Es gibt keine detaillierten Karten, weil die Wegverläufe sich infolge von Lawinen, Hangrutschungen, Muren, Straßenbauten usw. ändern. DESHALB sollte man im Dorf vor der nächsten Etappe nach dem aktuellen Wegverlauf fragen können. Und wenn Du keinen Guide hast und kein nepalesisch sprichst riskierst DU DEIN LEBEN!
Ein Guide hilft Dir außerdem in Gefahrensituationen und nimmt Dir auch Gepäck ab, wenn Du zu schwach zum selbst Tragen bist. Es passiert in Gegenden der Welt ohne durchgehende Stromversorgung öfter, dass sich Westeuropäer den Magen verderben. Wenn Du Dein Etappenziel aufgrund von Schwäche nicht erreichst und Deinen Zeitplan dadurch über den Haufen werfen musst, kann man dir nur wünschen, dass Du genug Puffertage bis zum Weiterflug eingeplant hast…
Wir haben noch nie erlebt, dass uns in Nepal ein Guide „gängelt“.
Es ist ein sehr armes Land, in dem Menschen auf die Arbeit im Tourismus angewiesen sind. Die Guides kosten nicht viel für einen Westeuropäer. Es hat neben den Sicherheitsaspekten auch etwas mit Anstand und Ethik zu tun lokale Unternehmen zu unterstützen und damit die Lebensqualität in der Region zu verbessern.
Und zu guter Letzt: DU bist dort Gast des Landes. DIE machen die Regeln.
Hi Tim,
du hast in einem Punkt natürlich recht: Letztlich macht die nepalesische Regierung die Regeln und man muss sich als westlicher Tourist daran halten. Kein Widerspruch von meiner Seite. Man muss die Sache meiner Meinung nach aber auch ein bisschen differenziert sehen. Es gibt nicht den Himalaya, genau so wenig wie es die Alpen gibt. Und es gibt Regionen in Nepal wo man mit ein bisschen Erfahrung und gesundem Menschenverstand durchaus alleine unterwegs sein kann, ohne sich in Lebensgefahr zu begeben.
Für die von mir bereiste Annapurna-Region gibt es z.B. sehr wohl detaillierte Wanderkarten, Wegweiser und sehr sehr klar definierte Wanderrouten. In anderen, weniger bekannten Teilen des Landes wird das möglicherweise anders sein. Aber da fahren eh nur die wenigsten hin. Und man muss auch dazu sagen, dass viele Regionen bereits jetzt für Individual-Reisende gar nicht zugänglich waren und man da ohnehin schon einen Guide brauchte.
Ich widerspreche dir auch gar nicht, dass ein Guide Vorteile bieten kann. Ob man das in Anspruch nimmt, sollte dann aber im Ermessen jedes Einzelnen liegen. Wer ins Hochgebirge geht, setzt sich immer einem gewissen Risiko aus. Das ist hier in den Alpen auch nicht anders, Stichwort: Eigenverantwortung. Und das Argument, dass viele Bewohner von Nepal auf Einnahmen aus dem Tourismus angewiesen sind: Stimmt – und genau das dürfte jetzt auch zum Problem werden, wenn viele Individual-Reisende nicht mehr kommen. Denn es ja nicht so, dass wir da kein Geld lassen.
Viele Grüße
Selim
Hallo Tim, hi Selim,
ich bin gerade heute zurück aus Nepal (02.04.2023). Und, ja ich habe verkürzt, weil ich mir sonst einen Guide hätte nehmen müssen. Insgesamt war ich drei Wochen unterwegs und kann berichten: Leider wird die Guidepflicht ungewöhnlich streng umgesetzt! Aber nun zu deinem Kommentar! Ich bin in diesem Jahr zum 6. mal in Nepal wandern. Und es gibt hervorragendes Kartenmaterial! In Kathmandu, Pokhara, Syabru Bensi…..findest du extra Kartenshops mit neuen Karten. Zumindest von den gängigen Routen. Es ist auch nicht so, dass man sich wie in Skandinavien die Wege suchen muss! Es sind ja in der Regel die Verbindungen zwischen den Bergdörfern und auch ziemlich genau zu erkennen! Die Steintreppen haben wohl schon so manchen Trekker zum Wahnsinn gebracht! Es stimmt meiner Erfahrung nach nicht, dass die Routen nicht klar zu erkennen sind. Wo ich dir allerdings absolut Recht gebe ist: Mann kann im Hochgebirge nicht einfach so rumrennen! Erfahrung, ein guter körperlicher Zustand, eine realistische Einschätzung des eigenen Könnens, Grundkenntnisse im Lesen einer Karte, sollte der Wanderer schon haben. Auch Kenntnisse der Symptomatik der Höhenkrankheit gehören dazu. Und ja, zum Erleben eines fremden Landes gehört auch die Kenntnis der regionalen Arbeitsweisen/Politik dazu. Das ist aber für mich in der Schweiz genau so zutreffend, wie in Nepal!
In diesem Jahr habe ich leider viele Menschen getroffen, die all das nicht mitbrachten und die in großen Schwierigkeiten waren. Aber nicht, weil Ihnen der Guide fehlte, sondern weil Sie fasch ausgerüstet waren, bei 1m Neuschnee (mit Guide) in kurzer Hose zum Gosikund-See aufgestiegen sind, Die steigende Anzahl von „Erlebnistouristen“ die sich überhaupt keine Gedanken zur Route machen, und den Treck einfach „konsumieren“ nimmt massiv zu. Es sind halt zu viele Menschen im Himalaya unterwegs, die da auf keinen Fall hingehören. Die Guides müssen ja laut Anforderung lizensiert sein! Die lokalen Guides verlieren gerade Ihre Arbeit und sind verzweifelt! Die Guides kommen nun nicht mehr aus den Dörfern in den Bergen sondern aus Kathmandu! Um sich registrieren zu lassen, muss man nämlich Geld haben! – So bleibt es für mich ein zweischneidiges Schwert! Es steigt die Zahl der Konsumtouristen, sicherlich gut für die wirklich sehr arme Bevölkerung, der Individualtourist wandert wahrscheinlich woanders!
Hi Rüdiger,
vielen Dank für deinen Einblick und deine sehr vernünftige Einschätzung. Du hast natürlich völlig recht, dass man sich bei solchen Touren ein bisschen vorbereiten sollte. Eigentlich geht das heute ja auch sehr gut, da es eine Fülle von Info-Material gibt, vieles davon komplett kostenlos im Internet. Umso trauriger ist es, dass viele Leute sich null Gedanken machen.
Zu deiner Einschätzung, dass viele Leute als „Erlebnistouristen“ anreisen: Ja, ist wohl so. Ich weiß natürlich nicht, wie es vor 10, 20 Jahren aussah. Aber ich kann mir schon gut vorstellen, dass das ein etwas anderes Publikum war. Ich hab letztes Jahr auch viele Gruppen auf dem AC gesehen, die das ganze eher unbedarft angegangen sind. Aber das waren überwiegend die Leute mit Guide. Die Individual-Trekker haben bis auf ein paar Ausnahmen eigentlich fast alle einen recht vernünftigen Eindruck gemacht und das war auch meistens nicht deren erste Mehrtagestour. Ich denke, das wird genau die Zielgruppe sein, die man mit solchen Zwangsmaßnahmen wie der Guide-Pflicht verschreckt.
Das mit der Guide-Lizenz sehe ich etwas kritisch. Mein Eindruck war, dass viele der jüngeren nepalesischen Guides eine gute Schulausbildung haben, gut Englisch sprechen und einen tollen ersten Eindruck machen, aber es an echten Fachkenntnissen mangelt. Ich hatte mich mal mit einem unterhalten. Absolut cooler sympathischer Typ. Aber als der mir erzählt hat, dass er für die Lizenz im Prinzip nur einen 30-tägigen Kurs gemacht hat, hab ich mich schon gefragt: Willst du so jemandem im Ernstfall auf über 5.000 Meter wirklich dein Leben anvertrauen? Klar, um bei Sonnenschein ein bisschen zwischen den Dörfern rumzuspazieren braucht’s nicht viel. Da ist die wichtigste Qualifikation vermutlich, dass der Guide die Landessprache kann. Aber wenn dann wirklich mal der unerwartete Schlechtwettereinbruch kommt… dann wird es schnell kritisch, wenn man keine echte Ahnung von Navigieren, Geländeeinschätzung, Gruppenpsychologie etc. hat.
Wenn man das z.B. mit Europa vergleicht: Hier ist die Bergführer- bzw- Bergwanderführer-Ausbildung ja relativ anspruchsvoll und das ist auch gut so. Eben weil es eine Riesenverantwortung ist, Leute in potenziell gefährlichem Gelände zu führen. Ob diese neue Regel da jetzt was dran ändert, weiß ich nicht. Zu wünschen wär’s auf jeden Fall. Ich hoffe auch wirklich, dass die lokalen Guides jetzt nicht alle arbeitslos werden. Das wäre abgesehen von der menschlichen Tragödie ein Riesenverlust, weil gerade die Leute vor Ort ihre Umgebung ja meistens am besten kennen. Naja… schauen wir mal. Im Moment ist das ja noch ein großes Hin und Her:)
Viele Grüße
Selim
Die Behauptung, es gebe in Nepal keine ausgeschilderten Wege ist ziemlicher Quatsch. Im Khumbu wimmelt es von Wegweisern, die einheitlich gelben Schilder geben perfekt die Entfernungen in beide Richtungen an. Auch am ABC und in Langtang war die Orientierung nicht schwer. Außerdem gibt es eine ganz hervorragende Kartenserie; hat jeder Buchladen in Thamel. Wer noch nie dort war, ist vielleicht beim ersten Mal mit Guide ganz gut bedient. Aber: Ich hatte die drei Male mit Guide immer das Problem, dass die Guides eher auf die Mentalität von Reisegruppen eingestellt sind.. Ehe ich ihm klargemacht hatte, dass ich meine Aufstehzeit, meine Pausen und meine Lodge-Auswahl (Provision!) bestimme, war immer der „Haussegen“ schief. Seit ich allein gehe, ist das Erlebnis einfach entspannter. Kein Drängen, keine Druck bei der Auswahl der Lodge. Und auch die doch eher gezwungenen Unterhaltungen beim Essen können ganz schön nerven, wenn der Guide eher gebrochen Englisch spricht. Der Kampf zwischen dem Tourism Board und der lokalen Khumbu-Verwaltung ist legendär. Wenn man in Kathmandu in die NTB-Verwaltung östlich vom großen Paradeplatz geht, dann wird einem natürlich die TIMS zu 2000 Rupees verkauft. Oben in Lukla will keiner die Pappe sehen. 2000 Permit in Lukla, 3000 NP in Monjo. Namaste allseits.
Namaste in die Runde.
Ich bin wirklich froh, Nepal „vorher“ gesehen zu haben – ohne Guide!
Denn scheinbar gibt es eine neue „Zeitrechnung“: Trekking in Nepal vor und nach der Regulierung….
Ich war dort 1996 (Annapurna-Runde), dann 2000, 2002 und noch einmal 2019 (immer wieder Everest-Gebiet), also zuletzt kurz vor Corona…. 2019 habe ich – einen Tag vor dem Rückflug nach Kathmandu – in einem Trekking, bzw. Guide-Magazin in einer Lodge in Lukla schon von den Plänen der Regierung gelesen.. Und war schockiert. Als nun meine Frau im März von der aktuellen Lage gelesen und mich informiert hatte, war ich einfach nur traurig. Im Guide-Magazin waren damals als Hauptgründe aufgeführt: Die Individual-Trekker lassen ihren ganzen Müll und zu wenig Geld im Land. Einfach schade, dass man von alleine Reisenden eine so schlechte Meinung hat. Ich bin z.B. in der Everest-Region jedes Mal bis Jiri mit dem Bus, von dort losgelaufen, habe auf dem Weg geschlafen, gegessen, also Geld da gelassen und bin nicht von Kathmandu nach Lukla uns somit über die malerischen Täler hinweg geflogen. Somit hatte ich in Namche auch schon eine Woche in den Beinen, konnte so die Zeit „oben“ absolut genießen und habe sämtlichen Müll und leere Batterien auch wieder mit nach D genommen. Aus meiner Sicht ist die Guide-Pflicht nicht gerechtfertigte und offensichtliche Geldmacherei und ein Fehler. Deshalb war ich auch nie in der Kangchenjunga-Region obwohl die faszinierend sein soll.
Nun gut. Die nächste Trekking-Generation wird es nicht anders kennen. Wer jedoch einmal alleine unterwegs war, wird es nicht vergessen. Ja, viele wollen das in einer Gruppe und mit Koch, Träger und Guide machen, sich auf Fotos und Erlebnisse konzentrieren…und sich abends sofort mit anderen austauschen, das Erlebte teilen…..aber eben nicht alle. Und manchmal ist der Gruppenzwang nebst -tempo gefährlicher als eine gut selbst gestaltete Tour im eigenen Tempo und eigener Pausengestaltung.
Und für alle, die meinen, man muss mehr Geld im Land lassen und die Einheimischen unterstützen und bekommt dann mehr vom Leben der Nepalesen mit….ich hatte viele, sehr gute Gespräche mit den Einheimischen, habe viele tolle Momente mit Kindern erlebt (vielleicht gerade, weil ich nicht in einer großen Gruppe unterwegs war und Stifte verteilt habe), habe mit (den zuletzt sehr wenigen) Trägern versucht zu kommunizieren, wie sie nur abends und nur Dal Bhat gegessen und mich stets über Trekking-Paare und -Gruppen mit Guide und Träger gewundert – für mich: zu laut, störend, mit z.T. „unheimlicher“ Gleichmacherei. Ich trage meine Sachen selber, schlafe in den einfachsten Lodges, Esse das Essen der Einheimischen und möchte nicht in die grellsten, vollsten und mit westlichem Essen (Pizza, Snickers, Coke & Co) verseuchten großen Lodges geführt werden (nur, weil der Guide eine notwendige Vereinbarung mit eben jenen großen Lodges hat). Vielleicht ist meine Sicht da sehr eingeschränkt, aber so werde ich Nepal nicht mehr bereisen (wollen)……Und ja, vielleicht braucht es ja auch nur eine gute Vereinbarung mit dem Guide…
Ich wünsche (dennoch) allen Nepalreisenden eine unvergessliche Tour!
Hi Carsten,
und vielen Dank für deine Einblicke. Ich hatte Anfang des Jahres übrigens die gleiche Idee wie du – von Jiri bis zum Everest Base Camp wandern. So wie ich das verstehe, ist das im Moment auch immer noch möglich. Dieses ganze Bürokratie-Hickhack finde ich aber doch etwas nervig und damit ist Nepal bei mir auch ein Stückchen weiter nach hinten gerutscht. Ich sehe das ähnlich wie du: Auch ohne Guide lässt man ja Geld da. Wenn das jetzt von offizieller Seite nicht mehr erwünscht ist – von mir aus… es gibt ja noch genug andere Länder. Im Moment liebäugele ich ein bisschen mit dem indischen Himalaya. Kann gut sein, dass es mich da nächstes Jahr hinverschlägt:)
Viele Grüße
Selim
Hallo,
in den vergangenen 23 Jahren war ich 14 mal in Nepal, immer solo, auf verschiedenen Routen, zweimal auch solo auf einer Route, die für offiziell für einzelne Personen (ohne Guide) nicht erlaubt ist. Es funktionierte (Kanchenjunga, unteres Dolpo), unterwegs hat es niemanden interessiert, auch die Polizei nicht. Einheimische wussten gar nicht einmal, dass man nicht Allein reisen darf – Eine dumme Bemerkung kam lediglich von einem deutschen Gruppenleiter … Ohnehin sollte man die „Erfahrung“ der Guides / Porter nicht überschätzen. Sie kennen die Landessprache, ja; sind / waren aber selbst nicht immer kundig. Höhenkrank werden auch Einheimische, wenn sie nicht an die Höhe gewöhnt. So haben zwei Trecker berichtet, dass ihr Porter wegen Höhenkrankheit nicht über den Cho La wollte / konnte und sie so einen Umweg gehen mussten. Sicherlich die Ausnahme,
Inwiefern die neue Regelung tatsächlich umgesetzt wird, keine Ahnung. Ich würde mir wünschen, wenn die Erfahrungen aus dem Herbst 2023 hier später wiedergeben würden.
Hält man sich dennoch einmal an die offizielle Regelung, bleiben nur noch wenige Routen übrig. Es gibt aber noch Strecken, für die keine TIMS notwenig war und ist und die auch nicht in der Liste des NTB aufgeführt sind. Hier war ich in den letzten Jahren verstärkt unterwegs. Hier haben sich ohnehin, nach meiner Erfahrung, nur erfahrene Leute (solo) auf den Weg gemacht. Die hat man aber seitens der Regierung gar nicht im Auge.
Es m.E. geht um den organisierten Tourismus und den größtmöglichen Gewinn (wie wohl immer in der Geschichte, allerdings nur für Einige, nämlich das eigene Klientel). Vor diesem Hintergrund ist sicherlich auch die Auseinandersetzung zwischen Kathmandu und der Khumbu Region zu sehen, die sicherlich (meine Hoffnung) mehr Einfluss hat, als andere Gegenden. In Dolpo und Rukum waren die Einheimischen sehr wohl darauf aus, eine eigene Infrastruktur zu schaffen, ohne eine Gängelung durch Kathmandu. In den Gegenden (!) lassen Individual – Trekker nämlich mehr Geld, als wenn sie mit Sack und Pack anrücken und nur der „Zeltplatz“ vermietet werden kann.
Was die Gefahren angeht, ist wohl alles gesagt wurden. Gerade auf den gängigen Routen dürfte die geringer sein, als in machen Gegenden der Alpen. Ja, und die gibt es hier wie dort. Meistens aber für die „Katalogreisenden“. Zitat (sinngemäß) eines Führers eines bekannten dt. Unternehmens: Wir haben viele Stammkunden, die meisten wissen allerdings nicht, was sie sich in den Bergen antun. Viele erreichen wegen Höhenkrankheit das Everest Base Camp nicht“.
Hi Andreas,
und vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Ich war zwar noch nicht so oft in Nepal, aber ich denke Einschätzung trifft in vielen Punkten zu. Gerade auch was die Guides angeht, ich hatte das ja schon in einem vorigen Kommentar geschrieben. Dass man auch auf offiziell nicht erlaubten Routen ohne Führer unterwegs sein kann, wie du schreibst, und es niemanden juckt kann ich mir persönlich sehr gut vorstellen. Andererseits kann es vermutlich auch sein, dass man Pech hat, wenn man an einen besonders eifrigen Aufseher gerät. Generell war zumindest mein Gefühl aber, dass man in Nepal viel mit Improvisation/Verhandlungen/persönlichem Auftreten etc. regeln kann. Wie das in Zukunft weitergeht bin ich ebenfalls gespannt, und freue mich natürlich auch über aktuelle Erfahrungsberichte!
Viele Grüße
Selim
Servus, gibt es denn neue Informationen ob man in der Everest Region jetzt auch zwingend einen Guide benötigt. Unsere Flüge nach Nepal und in Nepal sind schon länger gebucht. Natürlich alles ohne Guide. Über Infos wäre ich sehr dankbar. VG Mathias
Hi Mathias,
meinem letzten Kenntnisstand zufolge, wird das mit den Guides nicht konsequent kontrolliert bzw. niemand ohne Guide zurückgeschickt (sowohl im Everest-Gebiet als auch in anderen bekannten Gegenden, z.B. der Annapurna-Region). Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich dir hier natürlich keine 100% Garantie geben kann, aber ich vermute du wirst ohne einen Führer keine Probleme bekommen. Vor allem nicht in der Everest-Region, hier gab es ja ausdrücklich die Info seitens der lokalen Behörden, dass Individual-Trekker weiterhin willkommen sind. Daran hat sich erstmal nichts geändert.
Viele Grüße
Selim
Hallo,
heute war ich auf der offiziellen Webseite des NTB, die in mehreren Sprachen abrufbar ist. Die Inhalte sind je nach Sprache (ich habe lediglich die deutsche und englische Seite verglichen) man mehr, mal weniger umfangreich. Weder auf der deutschen noch auf der englische Seite finde ich etwas von den Einschränkungen bzw. der Guidepflicht. Stattdessen heißt es auf der englischsprachigen Seite…
„It is possible to trek alone or without a Nepali guide, but you would not know what to do in a major storm, zero visibility and plunging temperatures at possibly 5,000 m? Make sure you have all the permits required, and be environmentally and culturally aware. Trekkers can find a trail any time of year. …“
Quelle: https://ntb.gov.np/en/things-to-do/trekking (Abruf 3. August 2023)
Habe ich etwas übersehen, oder hat man das ganze „Projekt“ wieder fallen lassen?
Hi,
auf der Webseite vom Nepal Tourism Board sind die Regeln mit der Guidepflicht immer noch so aufgeführt wie Anfang des Jahres. Kann gut sein, dass die von dir verlinkte Seite länger nicht mehr aktualisiert wurde. Ich würd da aber nicht zu viel drauf geben. Das ganze Prozedere wirkt mich auf mich ziemlich chaotisch. Kann mir gut vorstellen, dass da einfach was in die Welt gesetzt wurde, ohne das wirklich durchzuplanen und mit allen beteiligten Parteien abzusprechen.
Viele Grüße
Selim
Hi,
vielen Dank für die Antwort.
Ich habe jetzt auch mal die Bezirksverwaltung der Khumbu-Region zu dem Thema angeschrieben. Mal sehen ob und welche Antwort icch bekomme ich werde berichten…
Aber für den Fall der Fälle, kannst du evtl eine Agentur für einen Guide ab und bis Lukla empfehlen?
VG Mathias
Hi Mathias,
ja cool, das würde mich auch interessieren, was die sagen. Agenturen kann ich jetzt leider nicht konkret empfehlen, ich plane meine Trips ja in der Regel komplett selbst:) Es gibt aber ein paar gute Facebook-Gruppen, z.B. hier und hier. Da würde ich evtl. mal fragen.
Viele Grüße
Selim
Vielen Dank
Das schaue ich mir mal an
VG Mathias