In diesem Artikel:
- Das erwartet dich im Kaçkar-Gebirge
- Reisebericht: Trekking im Kaçkar-Gebirge
- Tipps zur Orientierung und Navigation
- Über die Bären im Kaçkar-Gebirge
- Unterkünfte, Proviant und benötigte Ausrüstung
- Kulturelle Aspekte
- Anreise und beste Reisezeit
- Mein Fazit
Die Türkei dürfte wahrscheinlich nicht gerade das erste Land sein, das einem als Reiseziel für eine mehrtägige Trekkingtour in den Sinn kommt. Ging mir lange Zeit auch so. Ich kannte die Türkei trotz (oder vielleicht auch wegen) meinem türkischen Vater eigentlich immer nur als Ort für Kulturreisen und Badeurlaube. In meiner Kindheit habe ich viele Sommer mit meinen Eltern in Alanya an der Südwestküste verbracht, antike Stätten in Anatolien erkundet und die Verwandtschaft in Istanbul besucht.
Aber Aktivurlaub in der Türkei… da fährt man doch lieber in die Alpen, oder?
Vor einigen Jahren wurde ich dann auf den Lykischen Weg aufmerksam. Das ist ein inzwischen recht bekannter Fernwanderweg, der auf knapp 500 Kilometer von Fethiye nach Antalya entlang der Mittelmeerküste verläuft. Ich begann ein bisschen weiter zu recherchieren…. und stellte fest: Es gibt wahnsinnig viele Gebirge in der Türkei!
Ein paar davon kannte ich sogar noch von früher. Das Taurus-Gebirge ist ja quasi nicht zu übersehen, wenn man in Alanya ist. Ich war auch schon mal am Ararat (nicht auf dem Gipfel natürlich) und die grünen, dichtbewaldeten Hügel der Schwarzmeerküste hatte ich auch noch in schwacher Erinnerung. Und genau in dieser Region entdeckte ich dann auch das Gebirge, das mich sofort in seinen Bann zog: Das Kaçkar-Gebirge, den höchsten und – so sagten es zumindest die wenigen Berichte – schönsten Teil des rund 1.000 Kilometer langen Pontischen Gebirges.
Die Idee, dieses Gebirge zu durchqueren, hatte ich jetzt schon ein paar Jahre. Diesen Sommer stand dann mal wieder ein Besuch der türkischen Verwandtschaft an. Das könnte man doch hervorragend miteinander verbinden… Und so machte ich mich in die Osttürkei auf. Das Abenteuer Kaçkar-Gebirge konnte beginnen!
Auf einen Blick:
- Durchquerung des Kaçkar-Gebirges von Nord nach Süd
- Länge: ca. 40 km
- Dauer: 4 Tage
- Höhenmeter: + 3.150, – 3.583
- Schwierigkeit: schwer
- Abenteuerfaktor: sehr hoch
- Keine Markierungen, kaum herkömmliche Wege, häufig wegloses Alpingelände
- Zelt, Proviant, Wasserfilter, GPS-Gerät und Schutzmaßnahmen gegen Bären erforderlich
- Für Touren auf eigene Faust sind Trekking- und eine gewisse Wildniserfahrung empfehlenswert
Das erwartet dich im Kaçkar-Gebirge
Bevor ich zum Reisebericht und den praktischen Infos komme, noch ein paar Worte zur geographischen Lage und den allgemeinen Bedingungen. Das Kaçkar-Gebirge (türk.: Kaçkar Dağları) liegt im äußersten Nordosten der Türkei an der Schwarzmeerküste. Die nächste größere Stadt ist Rize. Dahinter ragen die Berge im Prinzip direkt an der Küste auf und erreichen schnell große Höhen. Höchster Gipfel ist der 3.991 Meter hohe Kaçkar Dağı im Süden des Massivs.
Das Gebirge ist von ausgedehnten Tälern, Hochplateaus und zahllosen, wunderbar fotogenen Gebirgsseen geprägt. Im ersten Moment erinnern die Berge stark an die europäischen Alpen. Mit einem entscheidenden Unterschied: Die Infrastruktur ist längst nicht so entwickelt. An den Rändern des Gebirges finden sich einige Dörfer und Ferienorte, die durchaus an die Schweiz und Österreich erinnern. Dringt man tiefer in das Gebirge ein, gibt es eigentlich nur einige saisonale Almen (türk.: Yaylası). Viele davon werden heute aber auch im Sommer nicht regelmäßig bewohnt.
Trekking in der Wildnis der türkischen Alpen
Konkret bedeutet das: Sobald du die Randbezirke verlassen hast, befindest du dich größtenteils in einsamster alpiner Naturlandschaft. Ein gepflegtes Wegenetz, geschweige denn Markierungen wirst du vergeblich suchen. Die möglichen Routen werden überwiegend von der Landschaft selbst vorgegeben. Auch die hochalpinen Pässe müssen teilweise weglos überwunden werden. Und es gibt Braunbären. Und zwar jede Menge, wie ich auch selbst feststellen durfte. Aber mehr dazu weiter unten…
Insgesamt ist das Kaçkar-Gebirge so, wie ich mir die Alpen vor vielleicht 150 Jahren vorstelle: Wild. Ehrfurchteinflößend. Eine Landschaft, die größtenteils von der Natur geprägt ist und das Prädikat „unberührt“ wirklich noch verdient. Es ist zwar genaugenommen keine komplette Wildnis, da es zumindest im Tagesabstand die Almsiedlungen gibt. Aber im Vergleich zu Europa ist das doch alles ein gutes Stückchen abenteuerlicher – und gerade bei Touren auf eigene Faust kommt hier schon ein bisschen Expeditionsfeeling auf.
Wanderführer und topographische Karte
Meine Empfehlung: The Kaçkar -Trekking in Turkey’s Black Sea Mountains
Der exzellente Wanderführer* stammt aus der Feder von Kate Clow, auf die auch der bekannte Lykische Weg zurückgeht. Das englischsprachige Buch ist der derzeit einzige erhältliche Führer zur Region und eine gute Planungshilfe für individuelle Touren.
Der Wanderführer ist zwar schon etwas älter. Dennoch enthält er viele nützliche Tipps, die auch nicht unbedingt veralten. Kern des Buches sind acht mehrtägige Wanderungen sowie Vorschläge für Tagestouren.
Das Buch enthält außerdem eine Wanderkarte, auf der alle Routen eingetragen sind. Du kannst damit also direkt mit der Planung anfangen!
Neben dem Wanderführer empfehle ich die Wanderkarte im Maßstab 1:35.000* aus dem MapSite-Verlag. Auf der Karte finden sich verschiedene Routen durch das Gebirge sowie eine Einstufung der Wege nach der SAC-Skala (Anmerkungen siehe unten). Zur Planung von Touren ist diese Karte unerlässlich und ich würde sie auf jeden Fall auch bei der Wanderung mitnehmen.
Ebenfalls empfehlenswert:
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Osttürkei: Zwischen Nemrut, Ararat und Hakkari-Gebirge
Michael Müller: Reiseführer Türkei individuell
Karte und GPS-Datei
Das ist die Route, die ich in vier Tagen von Ayder nach Yaylalar gelaufen bin. Die Umwege und Verhauer sind da nicht mit drinnen. Siehe auch die Hinweise zum Zustand der Wege weiter unten (Pro-Tipp: Häufig gibt es keine).
Reisebericht: In 4 Tagen mit dem Zelt durchs Kaçkar-Gebirge
Meine Reise in die Wildnis beginnt in dem Dörfchen Ayder. Am Vortag bin ich von Istanbul nach Rize geflogen, von dort noch ein Stück an der Küste mit dem Bus bis zur Kleinstadt Pazar gefahren. Hier fährt dann nur noch ein Dolmuş – eine Art Sammeltaxi, die in der Türkei die kleineren Ortschaften miteinander verbinden. Unterwegs habe ich Cemil getroffen, einen jüngeren Türken, der ebenfalls ins Kaçkar-Gebirge will. Allerdings nur für ein paar kleinere Tagesausflüge rund um Ayder.
Ayder ist das nördliche Eingangstor zum Kaçkar-Gebirge und so etwas wie eine türkische Version von Zakopane oder Schönau in Berchtesgaden. In dem lebhaften Resort-Städtchen gibt es zahlreiche Hotels, Restaurants, Souvenirshops und jede Menge türkischer (und arabischer) Touristen, die im Sommer der drückenden Hitze im Flachland entfliehen. In Istanbul waren es gestern unerträgliche 35 ° Grad. Hier ist es bei knapp 20° Grad am frühen Abend schon fast ein bisschen zu frisch.
Die Touristenmassen überraschen mich etwas. Aber nicht nur das. Ich war schon lange nicht mehr in der Osttürkei und habe immer noch die Bilder aus den 90ern in meinem Kopf. Staubige Westernstädte, schmutzige Hotels voller Kakerlaken, unrasierte Männer, die immer eine Zigarette im Mundwinkel haben. Das hier wirkt alles so modern, so sauber, so europäisch. Habe ich mich vielleicht doch geirrt und das Kaçkar-Gebirge ist gar nicht so wild, wie ich mir das vorgestellt habe?
Was sich auf jeden Fall nicht geändert hat: Die Bevölkerung ist so freundlich wie eh und je. Mein Cousin in Istanbul hat mich zwar vorher noch gewarnt, dass hier die konservativsten Leute der ganzen Türkei wohnen. Aber sobald rauskommt, dass mein Vater Türke ist, bin ich sofort der Kardeş aus Almanya. Und so mache ich mich am nächsten Morgen beschwingt in Richtung Berge auf.
Tag 1: Ayder – Hüser Yaylası – Avusor Gölü
Leider fängt der Trip mit einem echten Fail an. Ich lasse mich mit dem Taxi zunächst zu der auf einem Hochplateau gelegenen Hüser Yaylası fahren. Von hier will ich dann auf einem schönen Höhenweg bis zur Avusor-Alm laufen. Aber als wir ankommen hat sich der Himmel komplett zugezogen, die Sicht im dichten Nebel ist gleich null. Und zu allem Überfluss scheint der Weg gar nicht zu existieren.
Ich trinke erstmal einen Tee und zeige dem Besitzer der kleinen Bar meine Karte (ja… es gibt tatsächlich eine Karte). Wenn das hier eingezeichnet wurde, muss es doch auch einen Weg geben! Aber er bleibt beharrlich. Yolu yok. Es gibt keinen Weg und es sei viel zu gefährlich dort oben auf den steilen Bergkämmen rumzuspazieren. Dass man sich auf die Karte nicht immer verlassen kann, werde ich in den nächsten Tagen noch ein paar mal feststellen…
Straßenwandern hat immer etwas leicht Deprimierendes. Egal wie schnell man läuft, fühlt es sich immer zu langsam an, weil die Dimensionen eben auf ein Auto und nicht auf einen Fußgänger zugeschnitten sind. Im Nebel und Nieselregen ist das Ganze noch viel weniger spaßig und die mitleidigen Blicke der wenigen Autofahrer machen es auch nicht gerade besser. Immerhin lichten sich ab und zu die Wolken und ich erhasche einen Blick auf die saftig grünen Berghänge.
Es ist Nachmittag als ich an der Avusor Yaylası ankomme. Hier endet endlich die Straße. Der Ort besteht nur aus ein paar windschiefen Hütten und in dem miserablen Wetter ist kein Mensch draußen zu sehen. Laut Karte soll es einen Weg zu dem nahegelegenen Avusor Gölü geben, an dem ich mein erstes Lager errichten will. Aber bereits nach ein paar Metern verliert sich der schlammige Trampelpfad im Nirgendwo.
Die nächsten zwei Stunden steige ich im Prinzip querfeldein auf einem Bergrücken auf und folge dem Bach, der von dem See abfließt. Bei gutem Wetter wäre das wahrscheinlich kein größeres Problem. In dem dichten Nebel sehe ich so gut wie nichts. lch verlasse mich hauptsächlich auf mein GPS-Gerät, kraxele zwischen glitschigen Felsbrocken herum und muss immer wieder durch kleinere Nebenläufe waten.
Traumcampingplatz am einsamen Gebirgssee
Aber schließlich ist es geschafft und ich erreiche den See. Obwohl er höchstens zwei Kilometer von der Alm entfernt ist, wirkt der Ort weltverlassen. Nebelschwaden ziehen über die mattgraue Wasseroberfläche. Die Ufer sind mit hunderten von Felsbrocken in allen Größenordnungen übersäht. Später am Tag verziehen sich die Wolken und geben den Blick auf die prächtigen Granitberge rund um den See frei.
Zum Sonnenuntergang ist der Himmel dann ganz klar und die Bergspitzen glühen fast wie in den Dolomiten noch lange im letzten Sonnenlicht nach. Mein kleines Zelt wirkt wie verloren in der überwältigenden Stille und Einsamkeit. Ein magischer Moment und am Ende doch noch ein schönes Ende für diesen Tag, der besser hätte starten können.
Tag 2: Avusor Gölü – Hizarkapi Geçit – Libler Gölü
Am nächsten Morgen laufe ich im Sonnenschein wieder ins Tal zurück. Auf den Wiesen rund um die Yayla tummeln sich etliche Frauen mit Kopftüchern und auch ein paar Spaziergänger sind unterwegs. Die Häuser der Alm wirken in der klaren Morgenluft schon viel freundlicher, ich bleibe aber nicht lange, sondern mache mich direkt auf den Weg nach Osten. Zwei Pässe will ich heute überqueren, einer davon über 3.000 Meter.
Bis ich den Weg oberhalb der Alm gefunden habe, dauert es wieder ein bisschen. Markierungen gibt es natürlich nicht und der Trampelpfad beginnt quasi mitten im Nirgendwo, hundert Höhenmeter über Avusor. Unterwegs begegne ich einem jüngeren Türken, der mit einer Spraydose einen dicken Pfeil nach oben auf einen Stein sprüht. Nicht viel, aber immerhin – die nächsten Wanderer wird es freuen.
Der recht gut erkennbare Pfad folgt stetig ansteigend dem Tal Richtung Osten. Der erste Pass, der Dargovit Geçit (2.850 m) ist noch recht harmlos und im Prinzip nur ein einfacher Wiesensattel. Kurz bevor ich da bin, begegne ich tatsächlich noch einmal Cemil vom Vortag, der gerade mit einem älteren Ehepaar herumspaziert.
Was für ein Zufall! Und das nutzen wir natürlich erstmal für eine kleine Pause. Wie sich rausstellt ist für die Drei aber hier schon Schluss. Sie sind von der Alm hochgelaufen, ziemlich außer Puste und gerade auf dem Rückweg. Wir verabschieden uns nochmal, Cemil wünscht mir viel Erfolg bei meinem Vorhaben. Dann wende ich mich dem eigentlichen Tagesziel zu: Dem 3.120 Meter hohen Hizarkapi Geçit.
Von dem Sattel auf dem ich stehe, ist der Pass deutlich im Südosten sichtbar. Es ist ein hochalpiner Übergang, früher offensichtlich vergletschert und auf den ersten Blick nicht sehr einladend. Wo sich ehemals der Gletscher ins Tal wälzte, stürzt heute ein gewaltiger Schuttstrom herunter. Die linke Seitenmoräne fällt auf allen Seiten bedenklich steil ab. Einen offensichtlichen Weg sehe ich nicht. Wie soll man da bitte hochkommen?
Querfeldein auf über 3.000 Metern
Aber gut. Häufig ist es im Gebirge ja so, dass man auf den zweiten Blick doch einen Weg entdeckt. Auch furchtbar abschüssiges Gelände ist aus der Nahperspektive oft gar nicht mehr so schlimm. Und genau so ist es auch hier: Hinter dem Sattel, auf dem ich stehe, führt tatsächlich ein versteckter Trampelpfad bis zum unteren Ende des Passes. Von hier wirkt es dann schon gar nicht mehr so furchteinflößend.
Was nicht heißen soll, dass die Route einfach ist. Ich laufe im Prinzip querfeldein an der Moräne hoch, was Zeit kostet. Und im oberen Bereich beginnt ein sehr, sehr unangenehmes Stück. Ich muss für einige Minuten über lose Felsbrocken klettern, die jeden Moment aus dem bröckeligen Erdreich wegzurutschen drohen. Runterfallen ist hier keine Option und ich muss höllisch aufpassen, jeden einzelnen Tritt prüfen und die Felsen genau am richtigen Punkt belasten.
Durchgeschwitzt und vollgepumpt mit Adrenalin erreiche ich schließlich die Schuttrampe am oberen Ende des Passes. Hier ist das Schlimmste vorbei. Das Geröll ist relativ stabil, die Gefahr von Steinschlag überschaubar. Vorsichtig, aber problemlos steige ich die letzten Höhenmeter bis zum Sattel auf und blicke in das nächste Tal: Ein Meer aus Gipfeln und Bergketten erhebt sich vor mir. Hier beginnt die echte Wildnis und genau da werde ich in den nächsten Tagen durchlaufen!
Aber erstmal erwartet mich ein ausgedehntes Firnfeld als nächstes Hindernis. Okay… sieht gar nicht sooo schlimm aus. Davor muss ich natürlich erst noch die Schuttrampe auf der anderen Seite des Passes wieder runterkraxeln. Es geht aber eigentlich, wenn man vorsichtig ist. Der Schnee ist dann auch schön fest und das Ganze ist zum Glück auch nicht wirklich steil.
Nach dem Pass wird es schwieriger. Auf der Karte ist ein Weg ins Tal eingezeichnet. Tatsächlich, so stelle ich bald fest, ist das nichts weiter als eine gedachte Ideallinie. In Wirklichkeit gibt es hier nicht den Ansatz eines Weges und ich muss mir selbst die beste Route suchen. Im dichten Gras verstecken sich überall Felsbrocken, manchmal muss ich mich durch hüfthohes Unkraut kämpfen. Ich komme nur langsam voran.
Trotz der Anstrengung ist der Abstieg ein Hochgenuss: Die Landschaft ist von einer einzigartigen Schönheit, die ich in den Alpen so noch nie erlebt habe. Einerseits unglaublich wild, gleichzeitig voller feiner, lieblicher Details. Ich folge kleinen plätschernden Bachläufen, die Ufer sind von einem Meer aus bunten Blumen übersät. Zu meiner Rechten erheben sich die fantastisch geformten Gipfel der Bulut Dağları (Wolkenberge). Ein lebendig gewordenes Landschaftsgemälde!
Am stärksten ist wohl das Gefühl der totalen Entrücktheit. Wann kommt jemals jemand hier vorbei, um all diese Pracht zu bewundern? Aber eigentlich ist die Frage überflüssig. Diese Täler und Gipfel bilden eine völlig in sich selbst ruhende Naturlandschaft. Eine Landschaft, die keinen Beobachter braucht, der ein Loblied darauf singt, wie die leuchtenden Blumen, das Blau des Himmels und die grauen Felsen zu einem harmonischen Ganzen verschmelzen.
Als ich eine kurze Pause mache, entdecke ich einen großen schwarzen Haufen im Gras – Bärenkot, noch ziemlich frisch. Mich wundert das ehrlich gesagt nicht. Ich habe seit Stunden keine Menschenseele gesehen. Es gibt keine Wege. Die nächsten Almen liegen hinter hohen, unzugänglichen Pässen. Wenn ich ein Bär wäre, würde ich mir auch genau so einen Ort suchen, wenn ich meine Ruhe haben wollte.
Nachdem ich mehrere Geländestufen überwunden habe, wird das Gelände endlich flacher. In einer Wiesenmulde kreuzen sich mehrere kleine Bachläufe. Der perfekte Ort für mein Lager, zumal es schon später Nachmittag ist. Auf dem Weg habe ich noch mehrmals Bärenkot gesehen. Hier scheint aber alles sauber zu sein. Hoffen wir mal, dass ich in der Nacht keinen unerwünschten Besuch bekomme…
Etwas oberhalb meines Standortes entdecke ich einen winzigen Farbtupfer im Schatten eines namenlosen 3.000ers – der Libler Gölu. Eigentlich wollte ich an diesem See zelten. Aber dazu müsste ich mindestens nochmal eine Stunde ohne jeden Weg über steile, felsübersäte Grashänge kraxeln. Ich begnüge mich mit dem Lager am Bach und genieße am Abend den wundervollen Blick auf die rotglühenden Gipfel, die mich umgeben.
In der Nacht wache ich mehrmals auf. Bilde ich mir das nur ein, oder schleicht da irgendetwas um mein Zelt herum? Aber ein Bär müsste lauter sein. Außerdem habe ich mein Essen ohnehin in einem geruchsdichten Beutel verpackt und 100 Meter weiter unter einem Steinbrocken versteckt. Ich lausche angestrengt. Nichts. Wahrscheinlich einfach nur der Wind, der meine Zeltbahnen flattern lässt.
Tag 3: Libler Gölü – Okuz Gölü – Okuz Geçit- Bulut Dere
Nach einer mittelmäßig erholsamen Nacht breche ich am nächsten Morgen recht spät auf. Die Strecke ist eigentlich nicht besonders lang. Aber es steht ein weiterer Pass an, der 3.070 Meter hohe Okuz Geçit. Kurz vor dem Pass gibt es auch noch einen See, den ich mir schon als perfektes Plätzchen für eine Badepause rausgeguckt habe.
Als ich die Tour plante, hatte ich zunächst noch überlegt, am gleichen Tag einen weiteren Pass zu überqueren. Inzwischen ist mir klar, dass das ziemlich unrealistisch ist. Die Entfernungen auf der Karte mögen kurz aussehen. Aber durch die Höhenmeter in Verbindung mit den fehlenden Wegen macht man einfach nicht viel Strecke. Gerade die Zustiege zu den Pässen ziehen sich endlos. In diesem Terrain kann ich froh sein, wenn ich auf 10 Kilometer am Tag komme.
Zunächst folge ich dem Bach weiter in Richtung Tal. Das Gelände ist nicht zu steil, aber die überall verstreut herumliegenden Steinbrocken bremsen mich aus. Schließlich erreiche ich den Punkt, an dem ein weiteres Seitental rechts in Richtung Süden abzweigt. Grasige, felsübersäte Hänge, dazwischen dichter Rhododendron-Bewuchs, unerreichbar weit im Hintergrund graue Felswände – mein Weg.
Auf den ersten Blick sieht das Tal nicht zu steil aus, aber der Eindruck täuscht. Stundenlang kämpfe ich mich nach oben, wate durch Bäche und muss immer wieder auf die Seiten ausweichen, wenn Felsriegel meinen Weg versperren oder die Vegetation zu dicht wird. Die Sonne knallt vom Himmel herunter und ich stelle wie schon letztes Jahr auf der Strette del Casè im Val Grande fest, wie wahnsinnig anstrengend es ist, auf Dauer ohne Weg durch ungezähmtes Gebirgsterrain zu laufen.
Schließlich bezwinge ich eine letzte Anhöhe und vor mir liegt er: Der Okuz Gölü, ein kleiner, stiller Gletschersee, der mir nach meinem schweißgetränkten Aufstieg wie das Paradies auf Erden vorkommt. Dahinter noch ein weiterer Hang, der in einem sanften Sattel ausläuft. Das muss der Pass sein! Ich schmeiße meinen durchgeschwitzten Rucksack ins Gras, reiße mir die Klamotten vom Leib und hüpfe erstmal ins Wasser – was für eine Wohltat.
Der Anstieg hier hoch war hart, härter als ich mir das vorgestellt habe. Das Problem in diesem weglosen Gelände ist nicht, dass es besonders steil ist, sondern der unebene Untergrund mit den vielen verstreuten Felsbrocken im hohen Gras. Ich muss bei jedem zweiten Schritt schauen, ob ich nicht in ein verstecktes Loch im Boden trete oder irgendwas unter meinen Füßen wegrutscht. Auf die Dauer geht das ziemlich auf die Substanz.
Nach der ganzen Plackerei habe ich große Lust hierzubleiben, obwohl es erst Mittag ist. Essen habe ich genug dabei und das ist ja genau der Sinn von solchen Touren: Auch mal einfach dort zu bleiben, wo es schön ist. Aber als ich aus dem Wasser steige, bemerke ich erneut mehrere große schwarze Haufen am Ufer. Okay, ich bin anscheinend nicht der Einzige, dem es hier gefällt…
Bis jetzt habe ich die Sache mit den Bären relativ gelassen gesehen. Wenn ich einem begegne und ich ihn nicht überrasche, wird er zu 99% wegrennen. Andererseits habe ich aber auch keine Lust an einem Ort zu bleiben, von dem ich weiß, dass hier kürzlich Bären waren. Und gerade bei dem See kann ich stark davon ausgehen, dass sie irgendwann zum Trinken wiederkommen werden. Nee… das muss dann doch nicht sein.
Auf dem Weg zu dem Sattel sehe ich weitere Kotfladen. Das scheint hier ein wahrer Bären-Highway zu sein. So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass demnächst irgendwas passieren wird, wenn ich jetzt nicht schleunigst handele. Auch wenn ich ziemlich kaputt bin, gebe ich Gas und sehe zu, dass ich schnell wegkomme.
Leider entpuppt sich die Anhöhe doch nicht als der echte Pass. Als ich oben angekommen bin, sehe ich nur ein weiteres Tal, in das ich nochmal absteigen muss. Hört das denn nie auf? Vielleicht ein Kilometer vor mir führt ein steiler Schotterhang aus dem Kessel heraus. Sogar einen schmalen Weg erkenne ich. Und aus dem Augenwinkel sehe ich noch etwas anderes.
Etwas großes braunes. Etwas das sich bewegt und etwas, das ganz klar kein Mensch ist.
Ich könnte jetzt schreiben, dass mir das Blut in den Adern gefriert, als sich ein paar hundert Meter vor mir der Bär aufrichtet und neugierig in meine Richtung blickt. Aber in Wirklichkeit bin ich viel zu kaputt und irgendwie habe ich in den letzten Stunden unterbewusst damit gerechnet, dass etwas in der Art passieren wird. Und so verläuft meine erste Bärenbegegnung in der freien Natur insgesamt ziemlich unspektakulär.
Wie man eine Bärenbegegnung im Gebirge überlebt
Dass der Bär mich bemerkt hat, ist klar. Er steht auf seinen Hinterbeinen und schaut genau in meine Richtung. Ich stehe ebenfalls wie angewurzelt da und schaue ihn an. Keiner von uns macht Anstalten sich zu bewegen. Das Ganze dauert vielleicht eine halbe Minute. Dann setzt sich das Vieh wieder hin, dreht sich um und trottet langsam den Berghang rechts neben dem Pass hoch. Einmal dreht er sich noch um, dann gibt er Gas. Ein paar Augenblicke später ist er verschwunden.
Interessant ist vor allem, wie der Bär sich fortbewegt. Wenn ein Mensch rennt, sieht das ziemlich symmetrisch aus. Die Beine bewegen sich abwechselnd vor und zurück, der Oberkörper bleibt relativ gerade. Der Bär hat stattdessen einen seltsam unförmigen schaukelnden Gang, bei dem Vorder- und Hinterteil abwechselnd auf und ab wippen. Das Ganze wirkt verdammt tollpatschig, ist aber perfekt an dieses Gelände angepasst. Und nach ein paar Sekunden erreicht er damit eine Geschwindigkeit, dass einem die Spucke wegbleibt.
Als der Bär sich dafür entscheidet abzuhauen, braucht er vielleicht 20 Sekunden, um den steilen Berghang hinter ihm hoch zu rennen. Wobei „rennen“ das falsche Wort ist: Er gleitet den Hang geradezu nach oben. Und das ist felsiges, steiles, unwegsames Gelände, für das ich mindestens 20 Minuten gebraucht hätte. Man liest ja immer, dass Bären wahnsinnig schnell sind. Hier sehe ich live, was das genau bedeutet. Diese Viecher bestehen einfach nur aus Sehnen, Fell und geballter Muskelkraft – keine Chance davor wegzurennen.
Und wieder runter ins Tal…
Als der Bär weg ist, warte ich noch ein paar Minuten. Mein Problem ist, dass ich im Prinzip in die grobe Richtung muss, aus der er kam. Eigentlich sollte man genau das vermeiden, aber der Pass liegt halt vor mir und ich muss da rüber. Ich vertraue darauf, dass der Bär wirklich keine Lust auf mich hat und setzte schließlich zügig meinen Weg fort. Und am Ende geht auch alles gut. Der Bär lässt sich nicht mehr blicken.
Bis ich beim nächsten Lager bin vergehen noch viele Stunden. Es wäre müßig, den genauen Weg zu beschreiben, weil es keinen gibt. Ich laufe da, wo der Berg es irgendwie zulässt, kämpfe mich durch Rhododendron-Felder und muss permanent auf die allgegenwärtigen Felsbrocken im Gras achten. Als ich das Tal erreiche, steht die Sonne schon tief am Himmel. Für Fotos bin ich schon längst viel zu platt, es geht nur noch darum heil unten anzukommen.
Leider stellt sich der erste mögliche Lagerplatz an einem Bach als ungeeignet heraus. Überall Felsbrocken und das Gelände ist viel zu abschüssig. Also muss ich weiter absteigen. Ich folge einem Trampelpfad an einem steilen Hang, der sich nach kurzer Zeit in der Rhododendron-Wildnis verliert. Bis ich endlich einen guten Platz am Bulut Dere finde ist es fast dunkel. Nach einem kurzen Abendessen rolle ich mich erschöpft in meinem Schlafsack zusammen – was für ein Tag…
Tag 4: Bulut Dere – Satelef Yaylası – Köhramet – Yaylalar
Am nächsten Morgen fühle ich mich nicht gut. Ich habe zwar wie ein Stein geschlafen, aber jede Bewegung ist eine Überwindung. Vielleicht ist es besser, einen Tag Pause zu machen und morgen weiterzulaufen. Mit dem 3.140 Meter hohen Körhamet Geçit steht nämlich der nächste Pass an und auch hier kann ich wieder davon ausgehen, dass ich vorher stundenlang durch wegloses Terrain aufsteigen darf.
Als ich aus dem Zelt krieche, folgt dann aber gleich die nächste böse Überraschung. Mit einem lauten Summen stürzen sich ganze Scharen von großen, hässlichen Bremsen auf mich. Gestern Abend war es wohl schon zu spät für die Plagegeister. Jetzt wo die Sonne scheint, sind sie erwacht und sie haben nur ein Ziel: mein Blut. Also schnell wieder rein ins Zelt…
Das Frühstück verbringe ich mehr oder weniger verschanzt im Zelt. Danach überlege ich, wie es weitergeht. Einen ganzen Tag hier drinnen zu hocken, weil ich nicht raus kann – darauf habe ich keine Lust. Also doch weiter. Ich packe die Sachen zusammen – eine echte Herausforderung, wenn man von einem Schwarm aus zwanzig Bremsen in der Größe von ausgewachsenen Bienen bedrängt wird – und verlasse fluchtartig den Platz. Vielleicht wird es weiter oben ja besser.
Leider ist dem nicht so. Die Bremsen verfolgen mich auf Schritt und Tritt. Da ich nicht gerade in bester Form bin, komme ich eh nur langsam voran. Zwei Stunden vergehen, ich habe vielleicht 500 Höhenmeter gemacht. An Pausen ist nicht zu denken. Jedes Mal wenn ich mich hinsetze, fallen die Blutsauger über mich her. So kann das nicht weitergehen. Was tun?
Die große Entscheidung
Im Prinzip habe ich jetzt zwei Optionen. Erstens: Weitergehen und versuchen, es irgendwie über den Pass zu schaffen. Das Problem: In den nächsten Tagen folgen noch drei weitere, höhere Pässe und ich muss mir ehrlich eingestehen, dass mich das viele weglose Rumlaufen kaputtgemacht hat. Was, wenn ich irgendwann wirklich nicht mehr kann und mitten im Nirgendwo feststecke? Handyempfang gibt es hier nicht, ich habe seit zwei Tagen keine Menschenseele gesehen.
Dementsprechend erscheint mir Option Zwei mit jeder Minute immer verlockender: Weiter ins Tal absteigen, die Tour abkürzen und schon heute zu dem Örtchen Yaylalar laufen. Eigentlich wollte ich zuerst noch eine große Schleife nach Westen laufen. Aber irgendwie fehlt mir nach den letzten beiden Tagen der Biss, mich noch weiter zu quälen.
Eine weitere Stunde versuche ich es trotzdem noch. Die Landschaft ist atemberaubend schön. Vor mir erhebt sich die perfekt geformte Gipfelpyramide eines weiteren namenlosen Berges. Sie scheint mich zu sich zu rufen. Nur noch ein Stückchen, dann hast du es geschafft! Aber die Pausen werden immer länger, die zurückgelegte Strecke immer kürzer. Am Ende siegt die Trägheit Vernunft und ich drehe um.
Bis ich in Yaylalar ankomme, ist es später Nachmittag. Weiter unten im Tal, hinter der verlassenen Satelef Yaylası gibt es zum ersten Mal seit zwei Tagen wieder einen richtigen Weg. Über die kleinen Dörfchen Körahmet und Karamolla erreiche ich langsam wieder die Zivilisation. Aber auch hier, schon sehr weit unten, sehe ich immer wieder große schwarze Haufen, die Hinterlassenschaften von Bären, auf dem Weg.
Yaylalar ist eine kleine Feriensiedlung, die im Prinzip auch in der Schweiz nicht fehl am Platz wirken würde. Ich checke in der sehr schönen Pension Cam Yuva ein und erzähle dem Besitzer, wo ich die letzten Tage herumgelaufen bin. Er lacht nur, als ich ihm von den Bären erzähle. Das sei hier ziemlich normal. Die Bären kämen auch immer mal wieder in die Dörfer, vor allem seit sie nach der Errichtung des Nationalparks nicht mehr gejagt werden dürften.
Am nächsten Tag heißt es dann endgültig Abschied von den Kaçkar Dağları nehmen. Zumindest fürs Erste. Ich hätte gerne noch mehr gesehen, aber: Diese vier äußerst intensiven Tage waren eine schöne Gelegenheit für einen ersten Eindruck von der Gegend. Und man muss ja auch nicht immer gleich alles beim ersten Mal sehen. Als ich in den Dolmuş Richtung Küste steige, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich hier in der näheren Zukunft nochmal vorbeikomme. In diesen Bergen gibt es noch sehr viel zu entdecken!
Hat dir der Bericht gefallen? Dann gibt’s im Folgenden noch ein paar praktische Infos, wenn du selbst vorhast, eine Tour im Kaçkar-Gebirge zu unternehmen.
Navigation und Orientierung
Der oben verlinkte Wanderführer und die Karte im Maßstab 1:35.000* sind ein guter Startpunkt zur Planung. Zumindest auf meiner Wanderung existierten die auf der Karte eingezeichneten Wege in der Realität häufig (bzw. meistens) aber nicht. Es waren vielmehr gedachte Ideal-Routen durch die Täler und über die Pässe, die das Gelände auf dem Weg des geringsten Widerstandes überwinden.
Heißt: Stell dich auf viel wegloses Wandern ein. Häufig musst du dir selbst den besten Weg suchen, was Zeit kostet. Besonders anstrengend fand ich das Laufen auf den felsübersäten alpinen Wiesenlandschaften. Und natürlich ist auch der psychologische Effekt nicht zu unterschätzen. Es ist eben ein ganz anderes Feeling, wenn man nicht auf einem gut ausgebauten, markierten Weg, sondern mehrere Tage durch wildes Alpingelände läuft. Genau das war aber auch einer der großen Reize dieser Tour.
Schönes Video mit der Besteigung des Kaçkar Dağı über die einfachste Route:
Praktisch gesehen, würde ich auf jeden Fall ein GPS-Gerät mitnehmen. Ich hatte mir die Route vorher als GPS-Datei auf mein eTrex 32x* geladen und das Gerät eigentlich ständig aktiviert. Wichtig dabei ist, sich nicht blind auf das Navi zu verlassen, sondern den gesunden Menschenverstand walten zu lassen. Ich musste häufig von der Route abweichen, weil man dort einfach nicht laufen konnte. Aber um zu wissen, wo ich mich gerade aufhalte, war das GPS-Gerät unverzichtbar.
Weiterlesen: Garmin eTrex 32x im Test – Was taugt das Einsteiger-Navi wirklich?
Schwierigkeit der Wege
Auf der Wanderkarte sind die Wege nach der Schweizer SAC-Skala von T1-T5 klassifiziert. Diese Einstufung ist mit Vorsicht zu genießen. Ich bin hauptsächlich auf „Wegen“ der Stufe T2 gelaufen. Laut Definition bedeutet das „Weg mit durchgehendem Trassee“, was im Kaçkar-Gebirge schlichtweg nicht zutrifft. Unter anderem war auch die größtenteils weglose, hochalpine Strecke über den Hizarkapi Geçit als T2 bewertet. Ich hab in den Stubaier Alpen einfachere Wege gesehen, die als alpine Route gekennzeichnet waren.
Die Routen auf denen ich unterwegs war, waren größtenteils nicht besonders steil und bis auf ein paar Ausnahmen auch nicht wirklich absturzgefährdet. Aber es sind halt keine richtigen Wege. Auf der Karte finden sich auch etliche schwierigere Routen im Bereich T4 und T5. Davon würde ich – zumindest beim ersten Besuch dieser Berge – tunlichst die Finger lassen. Du kannst davon ausgehen, dass du dich dabei durch steiles, hochalpines Gelände mit ausgesetzten Kraxelpassagen bewegst.
Dass es keinerlei Form von Sicherungen (Stahlseile, Bügel, etc.) gibt, brauche ich wohl nicht nochmal extra zu erwähnen. Auch auf eine organisierte Bergrettung kannst du im Notfall nicht zählen. Einzelne Täler abseits der Sommeralmen sind sehr sehr abgeschieden und größtenteils menschenleer. Deshalb gilt: Im Zweifelsfall lieber vorsichtig sein und kein Risiko eingehen. Falls irgendwas passiert, kannst du nicht darauf hoffen, dass irgendjemand vorbeikommt.
Wie schütze ich mich vor Bären?
Ich bin kein Bärenexperte und das war auch meine erste Wanderung mit Zelt durch ein Bärengebiet. Aber ich hab mich vorher schon ein bisschen schlau gemacht. Wichtig fand ich vor allem, dem Bär keine Gelegenheit zu geben, dass er mich irgendwie interessant findet. Und Fachleuten zufolge, sind Braunbären vor allem an Nahrung interessiert. Sie sehen den Menschen nicht als Beute an.
Deshalb war oberste Priorität: Meinen Proviant sicher und vor allem geruchsdicht zu verpacken. Bären sehen schlecht, riechen aber unglaublich gut. Weil ich keine Lust hatte, nachts im Zelt ungebetenen Besuch zu bekommen, hab ich den Proviant folgendermaßen gesichert:
- Das komplette Essen in einen Lopsak Opsak 31 x 52 cm verpackt. Diese Beutel sind 100% geruchsdicht. Du bekommst sie unter anderem bei Chrispacks* oder anderen Ultraleicht-Shops.
- Den Beutel zusätzlich in einen Sea to Summit Ultra SIL Stuffsack 20 L* verstaut. Der Stoffsack hat auch eine Kordel, sodass du ihn z.B. auch an einen Ast hängen kannst.
- Den Stuffsack mit Opsak abends in sicherem Abstand vom Zelt (mindestens 50 Meter) versteckt.
- Tagsüber alle Snacks immer im Opsak verstaut und nur bei Bedarf rausgeholt.
Warne den Bären vor, dass du kommst
Viele Unfälle mit Bären passieren auch, wenn Wanderer eine Bärenmutter mit Jungtieren überraschen, z.B. im dichten Wald. Im freien Alpingelände war das eher weniger ein Problem. Bei meiner Begegnung konnte ich den Bären schon von weitem sehen, er hatte ausreichend Platz und am Ende machte er genau das, was man in 99,9% aller Fälle erwarten darf: Er ist einfach abgehauen.
Am letzten Tag bin ich ein paar Kilometer auf einem Trampelpfad durch ein dichtbewaldetes, unübersichtliches Tal gelaufen und hab auch häufiger Bärenkot auf dem Weg gesehen. Hier hab ich dann doch ein bisschen aufgepasst. Es war nicht auszuschließen, dass ich um eine Ecke biege und plötzlich vor einem Bär stehe. Um den Bär vorzuwarnen, habe ich jede halbe Minute immer laut gebrüllt: „Hey, Bär ich komme“. Okay… ein bisschen albern kam ich mir dabei schon vor, aber genau das soll man in so einer Situation halt machen.
Wie groß ist die Chance einem Bären zu begegnen?
Sehr klein, weil er meistens schon abhaut, wenn er dich hört. Sagen zumindest die Experten. Generell würde ich mir zumindest in Europa bzw. der Türkei in Bärengebieten aber nicht zu sehr in die Hose machen. Respekt und vorsichtiges Verhalten sind gut und sinnvoll, aber ich hab mir immer Folgendes vor Augen gehalten:
- Bären sind extrem menschenscheu und haben genau den gleichen Instinkt wie fast jedes andere wilde Tier, wenn sie einem Menschen begegnen: Flucht.
- Menschen stehen nicht auf dem Speiseplan von Braunbären. Im Prinzip hat der Bär kein großes Interesse an dir.
- Im Unterschied zu einigen Gebieten in den USA haben die Bären in Europa noch nicht gelernt, dass Menschen gleich Nahrung bedeuten.
- Selbst in Bärengebieten ist die Chance tatsächlich einem Bären zu begegnen, immer noch ziemlich klein.
- Das schlimmste und gefährlichste Raubtier, das es gibt, ist der Mensch.
Was ich machen würde, wenn wirklich alles schiefgeht und der Bär sich trotzdem dafür entscheidet, dass ich eine Bedrohung bin – keine Ahnung. Ich glaube, solche Extremsituationen kann man nicht im Voraus planen. Aber immerhin hatte ich meine Trekkingstöcke dabei und ich hätte mein Leben schon ziemlich teuer verkauft…
Geführte Touren im Kaçkar-Gebirge
Es gibt in der Türkei etliche Anbieter, die geführte Wanderungen im Kaçkar-Gebirge organisieren, z.B. die Trans-Kaçkar-Traverse. Dabei wird meist in den Yaylası und ein paar Tage im Zelt übernachtet. Du kannst aber auch direkt in Ayder oder Yaylalar örtliche Führer anheuern. Teilweise werden auch Treks mit Eseln oder Maultieren angeboten. Einige Pässe sind allerdings zu steil für Lasttiere. Wenn du so eine Tour machen willst, würde ich das direkt vor Ort organisieren und ggf. die Route absprechen.
Unterkünfte und Proviant
In den größeren Yaylası gibt es einfache Unterkünfte und Pensionen, in denen du übernachten kannst und auch Proviant (Brot, Nüsse, Früchte, evtl. Grundnahrungsmittel) nachkaufen kannst. Vorausplanen ist aber schwierig, da die Pensionen, wenn überhaupt nur telefonisch erreichbar sind. Genau deshalb hatte ich auch ein Zelt dabei und schon den ganzen Proviant für mehrere Tage vorher gekauft.
Gaskartuschen mit Schraubverschluss hatte ich in einem Laden in Çamlıhemşin gesehen, der letzten größeren Stadt vor dem Gebirge. Da ich das vorher nicht wusste, hatte ich aber einen Spirituskocher* dabei. In Ayder und Yaylalar gibt es viele Hotels, Läden und Unterkünfte. Ich hatte nichts im Voraus gebucht und es war kein Problem einen Platz zum Schlafen zu finden. In diesen Orten kannst du auch nochmal letzte Besorgungen tätigen.
Weiterlesen: Ultraleicht-Trekking für Einsteiger – 7 praktische Tipps, die du sofort anwenden kannst
Benötigte Ausrüstung zum Trekking im Kaçkar-Gebirge
Für die Tour habe ich mich größtenteils an meiner Packliste für Mehrtageswanderungen orientiert. Das Wetter im Sommer ist recht mild, sodass ich auf die Daunenjacke im Prinzip hätte verzichten können. Der Regenschutz war aber definitiv sinnvoll. Schwere Wanderstiefel waren nicht nötig – meine Zustiegsschuhe Garmont Dragontail* waren völlig ausreichend.
Ansonsten fand ich die folgenden Dinge wichtig:
Gegenstand | Empfehlung | Anmerkung |
---|---|---|
Zelt | Six Moon Designs Lunar Solo* | leichtes, geräumiges 1-Personen-Zelt |
Schlafsack + Isomatte | Katabatic Palisade* + Therm-a-Rest NeoAir Xlite* | perfekt für das Klima geeignet |
GPS-Gerät | Garmin eTrex 32x* | sehr hilfreich, da kaum Wege |
Wasserfilter | Sawyer Mini* | Ich hab das Wasser aus den Bächen vorsichtshalber vorher gefiltert |
Karte und Kompass | Suunto MC 2 Global* | für den Notfall, wenn die Technik ausfällt |
Powerbank | Anker PowerCore 10000mAh* | bei sparsamem Verbrauch für 4-5 Tage ausreichend |
Trekking-Stöcke | Helinox Ridgeline FL135* | gerade beí den weglosen Abstiegen sehr hilfreich |
Kocher | Spiritus-Kocher* | war nicht sicher, ob es Gaskartuschen gibt |
Provianttechnisch hatte ich Couscous und schnellkochende Asia-Nudeln sowie ein paar Gewürze, Trockenzwiebeln, Müsli, Teebeutel und Vollmilchpulver* dabei. Außerdem noch ein paar Müsliriegel und eine Hartwurst. Trinkwasser war kein Problem. Es gibt überall Bäche, sodass ich häufig überhaupt kein Wasser mit mir getragen habe, sondern immer direkt aus dem Bach getrunken hab.
Verständigung und kulturelle Aspekte
Wie eigentlich überall in der Türkei ist die Bevölkerung überaus freundlich und hilfsbereit. Natürlich spricht in der Provinz abseits der bekannten Touristenorte so gut wie niemand Englisch. Zumindest ein paar Worte Türkisch sind also äußerst hilfreich. Klar – du wirst auch so irgendwie durchkommen. Aber es ist mühselig und so viel bereichernder, wenn du dich ein bisschen verständigen kannst.
Ich würde vorher daher auf jeden Fall die Basics lernen. Ich kann dazu folgende Lehrwerke empfehlen, die ich auch selbst mal verwendet habe (ich bin nicht zweisprachig aufgewachsen und musste Türkisch auch lernen):
- Kolay Gelsin: Türkisch für Anfänger*
- Türkische Grammatik für Anfänger und Fortgeschrittene*
- Für Lernfaule: Langenscheidt OhneWörterBuch – 650 Zeigebilder für Weltenbummler
Wenn du dich jetzt fragst: Warum soll ich türkisch lernen, wenn ich eh in der menschenleeren Bergwildnis rumlaufe? Ja okay – aber du musst halt erst mal hinkommen. Und vielleicht willst du ja noch was anderes anschauen. Die Türkei ist auf jeden Fall ein sehr lohnenswertes Land, um ein bisschen die Landesprache zu lernen.
Die Menschen an der Schwarzmeerküste gelten in der Türkei als sehr traditionell und konservativ, vor allem bei der westlich geprägten Elite in Städten wie Istanbul. Als ausländischer Tourist wird das für dich aber keinen großen Unterschied machen. Viele der türkischen Touristinnen laufen im Schleier herum (auch in den Bergen!). Bei Besuchern aus dem Westen wird das nicht so eng gesehen, wenn du nicht gerade eine Moschee besuchst.
Anreise
Die Anreise ist erstaunlich unkompliziert. Von Istanbul fliegst du am besten nach Rize, der Flug dauert ca. 1,5 Stunden und kostet etwa 50 Euro. Alternativ gibt es auch Busse, aber das ist sehr langwierig und macht eigentlich nur dann Sinn, wenn du eine längere Reise entlang der Schwarzmeerküste planst (z.B. Zwischenstopp in Trabzon oder Samsun).
Vom Flughafen Rize fahren Busse in das nahegelegene Städtchen Pazar. Der Fahrplan ist direkt auf die Flüge abgestimmt, die Haltestelle befindet sich vor dem Terminal. Nach dem Ausstieg in Pazar läufst du 100 Meter entlang der Hauptstraße bis zur Dolmuş-Haltestelle nach Çamlıhemşin. Von Çamlıhemşin fährt dann ein weiterer Dolmuş nach Ayder. Die Fahrt von Rize aus dauert insgesamt 2-3 Stunden.
Rückfahrt nach der Tour
Bei der Rückfahrt kannst du von Yaylalar mit dem Dolmuş nach Yusufeli fahren (einmal täglich um 6:00 Uhr morgens). Von hier aus gibt es Verbindungen nach Artvin, Erzurum oder wieder zurück an die Küste. Generell ist das Dolmuş- und Bus-System in der Türkei vorbildlich. Die Busse fahren nach Plan, sind in der Regel pünktlich, es gibt immer ausreichend Verbindungen. Und die Preise sind sehr günstig.
Weiterlesen: Wandern und Trekking in der Türkei – Die 22 schönsten Wege und Regionen
Beste Reisezeit für Wanderungen im Kaçkar-Gebirge
Als beste Zeit für Touren im Kaçkar-Gebirge gelten – wie auch in den europäischen Alpen – die Sommermonate von Ende Juni bis Mitte September. Vorher sind die Pässe meist noch zugeschneit, gegen Ende September fällt dann schon wieder der erste Schnee. Auch die Yaylası werden nur in den Sommermonaten bewohnt.
Nördlich des Hauptkamms ist das Klima auch im Sommer kühler und ziemlich regenreich. Dichter Nebel, Gewitter und Unwetter sind keine Seltenheit. Im Süden des Gebirges ist es trockener, die Vegetation steppenähnlich. Vermutlich kann man hier auch noch im Oktober sehr schöne Wanderungen unternehmen, vor allem in den niedrigeren Lagen.
Und sonst?
- Für deutsche Staatsangehörige ist in der Türkei kein Visum erforderlich.
- Die Schwarzmeerküste ist eine sehr sichere Region zum Reisen. Die wenigen kritischen Regionen in der Türkei befinden sich überwiegend im Südosten des Landes.
- Buchungen über die Plattform Booking funktionieren aufgrund eines Rechtstreites nicht innerhalb der Türkei. Du kannst aber aus anderen Ländern Unterkünfte in der Türkei buchen und umgekehrt.
- Wenn du auf eigene Faust im Kaçkar-Gebirge unterwegs bist, solltest du eine gewisse Trekking- und Wandererfahrung in unwegsamem Gelände mitbringen. Ähnliche, wenn auch weniger alpine und insgesamt etwas harmlosere Wildnis, findest zu z.B. im norditalienischen Val-Grande-Nationalpark.
- Wildcamping und Zelten ist in den Bergen kein Problem. Schlag dein Lager auf, wo es dir gefällt – es wird niemanden stören (abgesehen davon, dass eh keiner vorbeikommt).
- Das Kaçkar-Gebirge ist nur etwa 50 km von der Grenze zu Georgien entfernt. Du kannst das Trekking also z.B. hervorragend mit einer Wanderung auf dem Transcaucasian Trail verbinden – genau das hab ich anschließend auch gemacht.
Mein Fazit
Wow – was für eine Entdeckung. Ich hatte schon vorher geahnt, dass dieser Trip gut wird. Aber dass es so gut wird… Das Kaçkar-Gebirge ist wirklich ein gefundenes Fressen für mehrtägige Touren mit hohem Abenteuerfaktor. Und es ist eigentlich trotzdem recht gut erreichbar und erfordert keine halbe Weltreise, um dort hin zukommen.
Landschaftlich muss sich das Kaçkar-Gebirge kein Stück vor der Schweiz, Österreich und anderen beliebten Gebirgsregionen in Europa verstecken. Aber es ist, trotz der bescheidenen touristischen Erschließung, viel viel wilder. Hier kann man sich wirklich noch wie ein Entdecker fühlen und ich bin mir sicher, dass es hier Berge gibt, auf denen noch nie ein Mensch gestanden hat. Dieser Ausflug war zu 100% nicht das letzte Mal, dass ich hier war!
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Hast du noch Fragen oder Anmerkungen? Kennst du andere spannende Gegenden für Outdoor-Fans in der Türkei? Dann nichts wie ab in die Kommentare – ich freue mich, von dir zu hören!
Hallo Selim,
was für ein toller Bericht…
Als ehemalige ‚Erkunderin‘ von damals unbekannten ‚Ecken‘ auf der Datca-Halbinsel kann ich das Erleben so gut nachempfinden.
Ins Kackar Gebirge habe ich es leider nie geschafft, doch ich kann nur bestätigten: Die Türkei ist ein wunderschönes Wandergebiet.
Vielen Dank fürs Teilhaben
Carla
Hi Carla,
hach ja… Datça, da hab ich auch noch sehr schöne Erinnerungen an das Schlammbad und die Felsengräber in den Bergen:) Ich war vor diesem Trip ja ewig nicht mehr in der Türkei, aber ich glaub das wird sich in Zukunft ändern. Da gibt es einfach noch wahnsinnig viel zu entdecken.
Viele Grüße
Selim
Faszinierende Reise und tolle Bilder. Von dem Gebirge habe ich tatsächlich auch noch nie gehört, obwohl ich schon im Nordosten der Türkei war. Das merke ich mir mal fürs nächste Mal, wenn ich in der Gegend bin. Eine kleine Frage allerdings noch: Eine mehrtägige Wandertour auf solcher Infrastruktur würde ich eher nicht machen wollen. Daher würde mich interessieren, Wie es mit Tagesausflügen ab den beiden erwähnten Orten aussieht? So wie ich das bei dir gelesen habe, lohnt sich das auch, oder?
Hi Oli
dann wünsche ich viel Spaß beim nächsten Trip:) Tagesausflüge kannst du schon machen, ich würde dazu wahrscheinlich in Yaylalar starten. In dem oben verlinkten Führer sind da auch ein paar Tipps für Tagesausflüge in der Umgebung drin. Angeblich sollen die Wege sogar markiert sein (würde ich mich aber nicht drauf verlassen). Im Norden bietet sich evtl. die Avusor Yaylası als Ausgangspunkt an. Von da aus kannst du z.B. zu dem im Artikel erwähnten See laufen. Die richtig geilen Touren sind glaub ich aber alles mehrtägige Unternehmungen.
Viele Grüße
Selim
Hallo Selim, was für ein Abenteuer und was für großartige Fotos, aferin! Wir waren schon oft in Ayder und Yusufeli, von wo ja (früher zumindest) die Touren von Süden her starteten, haben aber leider nie geschafft, trekken zu gehen. Schaffen es hoffentlich irgendwann mal, dann aber vermutlich eher mit Guide und in Form einer Tagestour. Klasse. Jetzt haben wir wieder richtig Türkeiweh. Beste Grüße, Gabi und Michael
Hallo ihr beiden,
freut mich, dass euch der Beitrag diese Region mal wieder in Erinnerung gerufen habt. Wenn ihr das nächste Mal vorbeikommt, sagt den Bären schöne Grüße von mir:)
Viele Grüße
Selim
Hallo Selim,
ich bin fasziniert von der Gegend, die du so eindrucksvoll beschrieben hast!
Ich habe letztes Jahr Swanetien besucht und war auch überwältigt von diesem Teil Georgiens!
Allerdings haben mir die Straßen dorthin sehr viel Angst gemacht Z.B. von Maestia nach Ushguli bin ich 1000 Tode gestorben.
Um nach Ayder zu kommen, z.B. um eine Tageswanderung zu unternehmen, muss man etwa ähnliche Straßen befahren??
Gruß Christina
Hi Christa,
nee…keine Sorge – die Straße nach Ayder ist asphaltiert und in bestem Zustand. Die unterscheidet sich nicht groß von den Straßen in den Alpen.
Viele Grüße
Selim
Hallo Selim,
ein toller und spannender Bericht über eine abenteuerliche Wanderung mit vielen schönen Fotos! Ich bin in diesem Gebiet – zusammen mit einem Studienfreund – im Sommer 1981 gewandert -also vor mehr als 40 Jahren. Viel scheint sich im Gebirge nicht geändert zu haben. Unsere Route war damals laut meinem Tagebuch Rize – Chamlehenshin – Ayder (Ilija) – Kavron I – Kavron II – Balakcor – Korahmet – Yusufeli. – also von der Schwarzmeerküste bis ins innteranatolische Bergland. Wir hatten damals relativ schlechtes Kartenmaterial, welches wir uns an der Universität in Istanbul kopiert hatten und eine recht brauchbare handschriftliche Skizze des damaligen Präsidenten des türkischen Alpenvereins ….. und die vielen wahnsinnig gastfreundlichen Dorfbewohner!
Viiele Grüße
Thomas
Hi Thomas,
und vielen lieben Dank für deine Rückmeldung. Das klingt seeehr spannend und finde ich stark, dass ihr das damals schon gemacht habt! Anfang der 80er ging ja der Tourismus in der Türkei überhaupt erst richtig los und dann gleich mal in die Osttürkei in die Berge – Respekt! Das Gebirge selbst (zumindest der Teil in dem ich unterwegs war) fand ich, wie im Artikel beschrieben, auch heute noch ziemlich einsam. Man hat den allgemeinen Fortschritt vor allem an den Ortschaften am Rande der Berge gesehen. Ayder könnte z.B. auch problemlos in der Schweiz liegen und da werden auch ordentlich Touristen rangekarrt, interessanterweise vor allem arabische. Das sieht schon sehr witzig aus, wenn die Frauen dann mit Burka auf den Bergwegen rumlaufen. Aber man muss eigentlich nur ein Stückchen ins Innere des Gebirges laufen und schon ist man in einer total zeitlosen Landschaft. Da hat sich tatsächlich nicht so viel geändert, wenn ich das mit der Türkei von früher vergleiche.
Viele Grüße
Selim
Toller Bericht! Vielen Dank! Wir planen im kommenden Jahr (2024) von Trabzon mit dem Rad ins Kackar Gebirge zu fahren – noch etwas weiter als Ayder, wenn möglich bis auf 2000m. Von Dort dann in zwei Tagen auf den Kackar dagi und wieder zurück. Der Bericht von dir gibt einen tollen Einblick, was uns dort erwartet. Mal sehen, ob wir mit dem Reiserad überhaupt so weit kommen… Dir von Herzen alles Gute.
Liebe Grüße.
Marcus
Hi Marcus,
und vielen Dank für deine netten Worte. Dann wünsche ich euch schon mal viel Spaß bei der Tour – ihr werdet dieses Gebirge garantiert lieben! Ich glaube, es gibt eine Schotterpiste von Ayder bis zur Yukarı Kavrun Yayla, das liegt auf knapp 2.300 Meter. Ich kenne diese Piste persönlich nicht, ich würde aber vermuten, dass man die mit einem guten Fahrrad befahren kann. Von der Yala kommt man dann über den Kavron Geçit auf den Kaçkar Dağı, das machen auch die Touren so (mit Übernachtung am Deniz Gölü). In zwei Tagen hin und zurück machbar, aber ziemlich ambitioniert:) Auf jeden Fall viel Erfolg und liebe Grüße
Selim