Route: Ruinen von Lissos – Sougia – Sedoni Strand
- Länge: 12,3 km
- Höhenmeter: + 727, – 729
- Übernachtung: Zelten hinter dem Sedoni-Strand
Etwas nördlich des Brunnens in Lissos steigt der Weg einige hundert Meter auf. Es soll hier auch einen Asklepios-Tempel mit einem gut erhaltenen Bodenmosaik geben. Allerdings muss mir die Ruine irgendwie entgangen sein. Ebenso der Strand, der sich einige hundert Meter südlich befindet.
Nach dem Aufstieg geht es auch ziemlich direkt wieder durch eine bewaldete Schlucht herunter. Der Schatten ist angenehm, denn die Sonne brennt ab halb 10 Uhr morgens schon ziemlich stark. Ein paar Minuten später sieht man unten schon das Meer zwischen den Bäumen funkeln.
Kurz darauf erreichst du den winzigen Hafen von Sougia und ein paar Minuten später das gleichnamige Dörfchen. Sougia besteht im Prinzip aus einer Straße, ein paar Restaurants an der Strandpromenade und einigen Ferienunterkünften. Im Minimarkt bekommst du Wasser und andere Vorräte.
Sougia ist ein toller Ort, um den Tag zu vertrödeln. Dazu ist aber keine Zeit. Heute steht nämlich der erste Teil der „Königsetappe“ an. So wird das etwa 20 Kilometer lange besonders anspruchsvolle Teilstück des E4 zwischen Sougia und Agia Roumeli bezeichnet.
Im Wanderführer wird dieser Teil als Einzeletappe mit einer reinen Gehzeit von 10 Stunden beschrieben. Wer sich das antun möchte – bitte sehr. Für mein Empfinden fand ich das etwas zu ambitioniert. Deshalb habe ich das Wegstück bewusst aufgesplittet, weil ich im Urlaub keine Lust auf Stress und Zeitdruck hatte.
Ich würde dir das auch ans Herz legen: Selbst in zwei Teilen ist es immer noch eine äußerst anstrengende Wanderung, die bei den Backofentemperaturen an der Küste auch mit leichtem Trekking-Rucksack stark in Richtung Gewaltmarsch geht. Gelegenheitswanderer sollten die Tour lieber mit einem Wanderführer laufen.
Die Herausforderungen: Ausgesetzte Kletterstellen an der Steilküste, wegloses Rumkraxeln in der Brandung, zähe Abschnitte auf Kiesuntergrund, unsichere Wasserversorgung, endlose kräftezehrende Anstiege ohne Schatten, gefolgt von haarsträubenden Rutschpartien auf losem Schotteruntergrund.
Nein… das ist definitiv kein Spaziergang. Ab hier zeigt der E4 auf Kreta sein wahres Gesicht.
Die ersten 100 Höhenmeter auf der Schotterpiste hinter dem Ort sind noch relativ zahm. Der folgende Weg über der Bucht von Sougia ist steinig und anstrengend zu laufen, aber glücklicherweise ohne größere Steigungen. Ein paar Kilometer weiter geht es dann aber auch schon wieder zum Ausgang der Kretidias-Schlucht hinunter und kurz darauf direkt wieder hoch.
Genau dieses Muster wiederholt sich im Folgenden immer wieder: Jeder Gewinn an Höhe wird kurz darauf wieder aufgegeben, wenn es erneut zum Meer herunter geht. Das ist – gerade bei der starken Hitze – auf Dauer nicht nur körperlich, sondern auch mental äußerst ermüdend. Im Prinzip fühlt es sich so an, als würde man permanent nach oben laufen, ohne je anzukommen.
Der erste größere Anstieg zum Kap Tripiti ist genau so ein Fall – die 250 Höhenmeter wollen einfach nicht aufhören und fühlen sich in der Hitze mindestens doppelt so anstrengend an, sie es eigentlich sollten. Immerhin gibt es kurz vor dem höchsten Punkt eine kleine Süßwasserquelle. Hier am besten noch einmal eine volle Ration (4 – 5 Liter) auffüllen – bis zum nächsten Morgen ist das die letzte sichere Quelle.
Der folgende Abschnitt wird in der Karte als „schwieriger, rutschiger Abstieg“ beschrieben, was noch ziemlich höflich formuliert ist. Der Weg führt durch ein steiles Geröllfeld, in dem 100%ige Konzentration gefragt ist.
Wahrscheinlich wirst du trotzdem mindestens einmal ausrutschen: Der Untergrund besteht teilweise aus feinem Schotter auf blankpoliertem Fels. Hat ungefähr den gleichen Effekt als würde man über Murmeln laufen – so ziemlich das unangenehmste Gelände, das man sich für einen Abstieg wünschen kann.
Nachdem dieses Hindernis überwunden ist, geht der Spaß aber gleich weiter: Der Weg zum Sedoni-Strand führt jetzt über riesige Steinbrocken direkt am Meer entlang. Genau genommen gibt es hier aber gar keinen Weg mehr – man hüpft einfach von Fels zu Fels und versucht, nicht ins Wasser zu fallen. Bei starker Brandung ist dieses Wegstück vermutlich nur schwer oder gar nicht passierbar.
Irgendwann ist das aber auch geschafft. Es folgen einige recht ausgesetzte, natürlich ungesicherte Passagen über dem Meer, die Leuten mit Höhenangst Problemen bereiten könnten. Ich habe das zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr so richtig wahrgenommen und wollte einfach nur noch ankommen.
Der Sedoni-Strand selbst ist zum Zelten nicht so gut geeignet, Cowboy-Camping im Schlafsack sollte aber kein Problem sein. Oberhalb des Kiesstrandes gibt es einen kleinen Weg, auf dem man sein Zelt aufschlagen könnte. Daneben steht eine lange Reihe von Bienenkörben.
Laut Wanderführer soll sich hier zeitweise ein Imker aufhalten, bei dem man auf Nachfrage auch Wasser bekommt. Als ich da war, war das Haus aber verlassen. Mich haben die Bienenkörbe etwas gestört und ich bin noch ein paar hundert Meter weiter, um mein Zelt nach einer weiteren Kletterstelle (etwa 2 Meter, ungesichert und sehr ausgesetzt) in der Macchia aufzuschlagen.
Das war aber eher eine Notfalloption da das Gelände dort nicht wirklich eben ist. Auf dem Weg am Strand wäre im Rückblick wahrscheinlich die bessere Option gewesen. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich durch die Hitze so ausgelaugt, dass ich schlicht und einfach keine Lust mehr hatte weiterzulaufen.
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Im Oktober 23 war die Wasserversorgung auf dieser Etappe so: Die Quelle mit der Blechwanne im Aufstieg zum Kap Tripiti war trocken. Oben am Kap bei der Kapelle zu nächtigen wäre zwar reizvoll gewesen, aber dafür war uns die Wasserversorgung zu unsicher. Wasser haben wir dann an der Zisterne nach dem Kap aufgefüllt (kurz bevor es über die glitschigen Steine geht). Die Zisterne ist zwar eingezäunt und abgesperrt, aber es führt ein Schlauch zu einer Ziegentränke. Durch ein trickreiches Ventil mit Schwimmer füllt sich die Tränke von selbst nach, wenn die Ziegen sie austrinken, bzw. wenn wir sie leerpumpen. Gezeltet haben wir dann gleich am Weg beim Sedonistrand. Das Imkerpärchen war anwesend und hatte nichts dagegen einzuwenden.
Ach ja, den gerölligen Abstieg haben wir als geübte Berggeher als nicht so schlimm empfunden.