Lykischer Weg Tag 4: : Die schönste Etappe auf dem Likya Yolu

Route: Cennet Beach – Zisterne hinter Alınca – Gey/Yediburunlar – Bel

  • Länge: 14,1 km
  • Höhenmeter: + 1.013, – 357 hm
  • Übernachten: Zelten in Bel

Hinter dem Cennet Beach bleibt der Weg felsig und schroff, häufig versperren auch umgestürzte Baumstämme den Weg und ich muss immer wieder drum herum klettern. Inzwischen hab ich mich aber ganz gut an den Rucksack gewöhnt und es fällt mir mit jedem Tag ein bisschen leichter, mit dem ungewohnt hohen Gewicht zu laufen.

Erstes Highlight des Tages ist der antike Hafen Kalabantia. Die Ruinen aus byzantinischer Zeit liegen an einem kleinen Kieselstrand in einer weltverlassenen, türkisblauen Meeresbucht. Auf allen Seiten ragen dicht bewaldete Berghänge in den Himmel. Ein Bild wie gemalt und in diesem Moment wird mir mal wieder klar, was ich an diesen zeitlosen Landschaften des Mittelmeers so liebe: Die perfekte Verschmelzung von Natur und Kultur. Wenn doch der moderne Mensch nur den gleichen Sinn für Ästhetik besitzen würde, wie unsere Vorfahren…


Lange kann ich mich aber nicht mit meinen romantischen Anwandlungen aufhalten. Hinter Kalabantia steigt der Weg recht heftig auf. In vielen steilen Serpentinen geht es über einen antiken Weg von Meereshöhe bis über 500 Meter hoch. Schon ein ganz gutes Workout am frühen Morgen. Eine knappe Stunde kämpfe ich mich nach oben. Dann erreiche ich die Hochebene, wo sich Felder und blumenübersäte Wiesen mit leuchtendem Klatschmohn abwechseln.

Einfach nur schön: Die Landschaft rund um die Halbinsel Yediburun.

An einer Kuppelzisterne aus der osmanischen Zeit erfrische ich mich. Hier könnte man theoretisch auch zelten (Koordinaten: N36° 25.836 E29° 08.715) Danach geht es durch die Wälder und Olivenhaine oberhalb der Halbinsel Yediburun (Sieben Nasen) weiter.  An vielen Stellen sind Terrassenkulturen angelegt, der Blick schweift in die Ferne bis zu den hohen Gipfeln des Taurus. Eine wahnsinnig schöne Landschaft! Bis jetzt vielleicht das schönste Stück des Weges.


Das Dörfchen Gey liegt ungefähr auf der Hälfte der Strecke. Hier mache ich erstmal Mittagspause, gönne mir ein Gözleme. Wenig später trifft auch die Gruppe ein, die mich bereits vor zwei Tagen so unsanft aus dem Schlaf geholt. Sie wollen aber nur noch ein paar Tage weiterwandern. Der Leiter erzählt mir, dass er bereits ein paar Mal in der Region war und schon den ganzen Weg gelaufen ist. Das Stück von Ölüdeniz bis zum Patara Beach ist ihm zufolge der beste Abschnitt des Lykischen Wegs.

Campingplatz in Gey. Auf dem Weg bis zum Patara-Beach sind solche Unterkünfte etwas häufiger, weil hier viele geführte Gruppen wandern.

Hinter Gey geht es genauso schön weiter wie vorher. Ich spaziere auf Feldwegen über weitläufigen Talkesseln, passiere Weizenfelder und Trockensteinmauern und lausche dem Blöken der Schafe, die hier überall weiden. Im letzten Abschnitt bis Bel macht der Weg noch einmal eine lange Schleife durch die Berghänge hoch über dem Meer und ich genieße die fantastischen Ausblicke. Kein Mensch stört die Stille. Nur ab und zu dringt das Bimmeln der Glöckchen von den Ziegen an mein Ohr.


Rund um Bel gibt es leider keine wirklich guten Zeltplätze. An der Zisterne 1 Km vor dem Dorf führt ein Trampelpad ins Dickicht, hier wäre zur Not Platz für ein kleines Zelt (Position: N36° 22.911 E29° 09.575). Toll ist es aber nicht. Also schlage ich mein Zelt im Garten der Pansiyon Fatma in Bel auf. Wenig später treffen die Russen ein, die ich bereits vor dem Cennet Beach getroffen habe. Zum Glück können ein paar ganz gut Englisch. Also verbringen wir das Abendessen verbringen zusammen.

Gemeinsames Abendessen mit der Wandergruppe aus Moskau.

Mit den russischen Trekkern ist es schon ganz witzig. Natürlich hängt das Thema „Krieg“ irgendwie über allem. Aber auf so einer Wanderung spielt die Politik keine große Rolle. Hier sind wir eben nur ganz normale Leute, die sich zufällig getroffen haben. Die meisten stammen aus Moskau und sind gut ausgebildet. Ein Arzt ist dabei, Universitäts-Dozenten, Ingenieure, Krankenschwestern.

Die Stimmung ist gut, mein Eindruck ist: Die Leute wollen einfach nur mal ein paar Tage raus und was anderes hören als Mord und Totschlag. Ob das moralisch vertretbar ist, könnte man natürlich diskutieren. Aber solche kontroversen Themen vermeiden wir. Am Ende haben wir aber glaube ich alle das gute Gefühl: Es ist nett mal mit den anderen zu reden, als immer nur in den Nachrichten übereinander zu hören. Likya Yolu – ein Weg, der Völkergrenzen überwindet.

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