Wandern auf dem E4 in Kreta: Etappe 6 – Chora Sfakion – Amoudari

Route: Chora Sfakion – Komitades – Imbros-Schucht – Amoudari

  • Länge: 11, 4 km
  • Höhenmeter: + 820, – 252
  • Übernachtung: Taverne Hieronymos in Amoudari

Heute heißt es der Küste Lebewohl zu sagen, zumindest für die nächsten paar Tage. Über die Imbros-Schlucht geht es ins Hinterland und von da aus ins Hochgebirge. Die Etappe ist nicht Teil der offiziellen Wegführung des E4, aber eine recht bequeme Möglichkeit, von diesem Teil der Küste auf die alpine Variante des Fernwanderwegs zu wechseln.

Der Eingang zur Imbros-Schlucht befindet sich bei dem etwas höher gelegenen Ort Komitades, der ein paar Kilometer weiter im Inland liegt. Offiziell verläuft der E4 weiter an der Küste, man muss also ein bisschen improvisieren. Im Wanderführer ist eine Variante ausgearbeitet, über die man zu Fuß zur Imbros-Schlucht gelangt. Diesen Weg bitte nicht gehen!

Zum einen ist der Weg durch mehrere Gatter mit Stacheldraht blockiert, die man überklettern müsste. Zum einen führt diese Route durch typisch verwahrlostes mediterranes Niemandsland zwischen Stadt und Natur, das nicht besonders schön zu laufen ist. Ich versuche es trotzdem und laufe durch zugemüllte Schleichwege bis zu dieser Kapelle:

Danach ist eigentlich alles mit Zäunen und Gattern blockiert. Die ersten beiden Hindernisse traue ich mir noch zu. Beim dritten werde ich dann von einem sehr großen, sehr schlecht gelaunten schwarzen Hund begrüßt, der mit Schaum vor dem Mund auf mich zustürmt. Zum Glück ist das Viech angekettet… Hier ist dann definitiv Ende Gelände und mir bleibt nichts anderes übrig, als zurückzulaufen und mir ein Taxi zu nehmen.

Ich hab zuerst noch versucht über das Dach zu klettern. Auf der anderen Seite saß aber ein Schäfer im Auto und ich hatte wenig Lust, wegen Hausfriedensbruch zum Teufel gejagt zu werden.

Den Weg zur Schlucht auf der Straße zu laufen ist natürlich auch möglich, aber das muss man sich nicht antun. Die Fahrt dauert 10 Minuten und kostet 10 Euro. Würde ich auf jeden Fall empfehlen, wenn du nicht unbedingt ein Fan von Asphaltwanderungen bei Temperaturen von 28° Grad im Schatten bist.


Der Eingang zur Schlucht befindet sich zwar ziemlich im Nirgendwo, es gibt aber tatsächlich ein Kassenhäuschen, wo man den Eintritt (2,50 Euro) bezahlen muss. Ich hatte vorher gelesen, dass man das Ticket aufheben muss, weil es beim Ausgang kontrolliert wird. War bei mir aber nicht so. Vielleicht auch, weil ich von unten nach oben gelaufen bin, also entgegengesetzt wie fast alle anderen Wanderer.

Die Schlucht ist wieder ziemlich schotterig und mit viel Geröll auf den Wegen. Trotzdem sind die 700 Höhenmeter gar nicht so anstrengend, da die Wände der Schlucht schön viel Schatten spenden. Jeden Kilometer steht ein Schild, das dich über den Fortschritt informiert. Der Weg vergeht aber auch so wie im Flug.


Ungefähr auf der Hälfte der 5 km langen Strecke kommt man an einem kleinen Unterstand vorbei. Eine gemütliches Plätzchen, das sich für eine kurze Pause anbietet. An den Toiletten dahinter gibt es auch einen Wasserhahn, der allerdings nicht funktionierte. Ansonsten habe ich in der Schlucht keine weiteren Wasserquellen gesehen.

Das nächste Wasser gibt es erst wieder am Ausgang der Schlucht, wo sich auch ein Restaurant befindet. Von hier aus hast du einen tollen Blick auf das obere Ende der Schlucht und – auf der anderen Seite – die ersten Ausläufer der Weißen Berge. Die Gipfel dahinter funkeln in der Sonne wirklich schneeweiß!

Der restliche Teil des Weges verläuft nördlich durch ein weites Tal parallel zur Straße nach Amoudari. Der Pfad ist etwas verwahrlost und war früher wahrscheinlich der Hauptweg ins Landesinnere bevor die Straße gebaut wurde. Zum Laufen ist es aber trotzdem angenehm und die Landschaft bildet einen wunderbaren Kontrast zu der meist kargen Macchia der letzten Tage.

Weitläufige grüne Wiesen, Felder, die dichtbewaldeten Hänge der Berge. Das entspricht so gar nicht dem Bild, das ich von Kreta im Kopf hatte. Mich hat es eher an eine etwas mediterranere Version der Schweiz erinnert, mit mehr Schafen und weniger Edelweiß. Und die Luft hier oben: Es fühlt sich so an, als ich könnte ich das erste Mal seit Tagen wieder klar durchatmen!


Amoudari ist ein nettes kleines Bergdorf. Hier wirst du wahrscheinlich schnell merken, dass du dich außerhalb der üblichen touristischen Sphären bewegst. Das Dörfchen wirkt wie im Dornröschenschlaf, Englisch ist hier schon keine Selbstverständlichkeit mehr. Es gibt aber zwei Supermärkte im Ort, wo du dich mit Proviant für die nächsten beiden Tage eindecken kannst.

Ein guter Ort zum Übernachten ist die Taverne Hieronymos am nördlichen Ortsausgang. Die Zimmer mit Balkon kosten 30 Euro, vor Ort bekommst du auch Abendessen und Frühstück. Dass ich vorher nichts gebucht hatte, war – wie auch in den restlichen Orten – kein Problem. Laut Wanderführer soll es noch eine andere Taverne geben, die ich aber nicht gesehen habe.

Der Besitzer George und seine Frau waren zunächst ein bisschen reserviert. Anscheinend kommen hier oben ziemlich selten Individualreisende vorbei und schon gar nicht unangekündigt. Nach ein paar Minuten war das Eis aber gebrochen und ich hab hier einen sehr angenehmen, vorerst letzten Abend in der Zivilisation verbracht.

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