Niederschlesien für Anfänger: Deshalb solltest du unbedingt mal nach Kłodzko fahren

Kłodzko ist ein hübsches kleines Bergstädtchen südlich von Breslau in der polnischen Provinz Niederschlesien. Gerade für Naturliebhaber ist der Ort ein idealer Ausgangspunkt, um von hier aus die Mittelgebirge der zentralen Sudeten in langen Wanderungen zu erkunden. Ich war unlängst für ein verlängertes Wochenende in Kłodzko. Da mir das Städtchen so gut gefallen hat und es sonst kaum Infos dazu gibt, will ich hier mal schnell alles Wichtige zusammenfassen.

In diesem Artikel:

Ich liebe es an irgendwelche Random-Orte zu fahren, von denen ich vorher noch nie was gehört hab. Einfach in den Zug setzen, losfahren und schauen, was am Ende bei rauskommt. Noch spannender finde ich, wenn es wenig Infos zum Ziel gibt – und das trifft bekanntlich für sehr viele Locations zu. Meistens ist es ja so, dass sich Touristen auf wenige Hotspots konzentrieren, während sich nur selten Besucher ins Hinterland verirren – und Kłodzko würde ich auf jeden Fall als Hinterland bezeichnen.

Die Stadt liegt etwa 80 Kilometer südlich von Breslau, was sicherlich die meisten zumindest dem Namen nach kennen. Mit knapp 25.000 Einwohnern ist Kłodzko aber gar nicht so klein, genauer gesagt ist sie sogar der Hauptort der Region, des „Glatzer Landes“. Ringsherum befinden sich die bewaldeten Gebirgszüge der zentralen Sudeten und die Natur ist einfach nur zum Verlieben: Sanfte Hügel, Felder, kleine Dörfchen und egal in welche Richtung du schaust immer ein Berg am Horizont.

Kłodzko Wanderung Sudeten.

Deshalb lohnt es sich, nach Kłodzko in Niederschlesien fahren

Wenn du gerne wandern gehst und die wunderbaren Mittelgebirge Niederschlesiens kennenlernen willst, ist Kłodzko ein geradezu idealer Ausgangspunkt. Die Stadt ist optimal an das überregionale und regionale Zugnetz angebunden und man kommt von hier aus hervorragend in die kleineren Gemeinden und Gebirgsdörfchen in der Umgebung. Du kannst mit dem Zug praktisch bis fast direkt ans Gebirge fahren.

Bonuspunkte gibt’s dafür, dass auch die Stadt selbst sehr hübsch ist. Heißt: Auch wenn du keine großen Wanderungen unternehmen willst, ist die Stadt einfach super, um ein schönes Wochenende in der Provinz vor einer großartigen landschaftlichen Kulisse zu verbringen. Ich bin eigentlich nicht der Typ für längere Städte-Trips, weil mir nach spätestens nach drei Tagen langweilig wird und ich raus muss. Mit seiner überschaubaren Größe ist Kłodzko da gerade richtig, weil man nach ein paar Tagen eh alles gesehen hat.

Ein weiterer Pluspunkt, zumindest für Leute, die im Osten von Deutschland wohnen: Die Region ist ziemlich schnell erreichbar. Von Berlin aus rund 6 Stunden mit dem Zug, mit einem Umstieg in Breslau. Außerdem sind die Preise für Tickets überraschend niedrig. Wir haben knapp 70 Euro hin und zurück gezahlt. Wenn ich ins Allgäu oder irgendwo anders in Bayern fahren will, zahle ich das dreifache und bin auch noch länger unterwegs.

(Dass Polen selbst natürlich auch viel preiswerter ist, dürfte ja bekannt sein…)


Was kann man in Kłodzko machen?

Durch die Altstadt spazieren, am Fluss entlangbummeln, die Natur genießen und jede Menge kleine und größere Wanderungen in der Umgebung machen (Infos dazu weiter unten). Kłodzko ist nicht der Ort, an den man fährt, um irgendwelche „Must-See-Attraktionen“ abzuhaken. Bis auf ein paar Ausnahmen (ok… eigentlich nur eine) gibt es auch keine überregional bekannten Sehenswürdigkeiten.

Ich persönlich finde solche Orte häufig viel interessanter als die bekannten Destinationen und die großen Städte. Das wirkliche Leben eines Landes und der Alltag der Leute spielt sich ja meistens im Stillen in der Provinz ab und nicht in der Metropole. Sich das mal anzuschauen kann lehrreicher sein, als irgendwelche Museen abzuklappern. Und wenn es sich dann noch um ein so schönes Örtchen wie Kłodzko handelt – was will man mehr?

Marktplatz von Kłodzko.

Anreise

Du erreichst Kłodzko sehr einfach über Breslau (Wer von Berlin kommt: Am besten den preisgünstigen EC 247 bis Breslau nehmen, 34,90 Euro pro Fahrt). In Breslau nimmst du vom Hauptbahnhof einfach den Regionalzug der niederschlesischen Eisenbahn KD (Koleje Dolnośląskie) in Richtung Süden. Die Abfahrtszeiten kannst du auch mit Google Maps rausfinden. Die Fahrt dauert ca. 1,5 Stunden, ein Ticket kostet etwa 5 Euro pro Person.

Beachte, dass es in Kłodzko zwei Bahnhöfe gibt:

  • Kłodzko Miasto (Zentrum)
  • Kłodzko Główny (Hauptbahnhof)

Der richtige Stopp ist Miasto, da der Hauptbahnhof etwas außerhalb der Stadt liegt. Einige Stationen auf der Strecke (aber nicht Kłodzko) sind übrigens Bedarfshalte, du musst hier auf den Halteknopf drücken. Nicht an allen Stationen gibt es Ticketschalter, du kannst die Fahrkarten aber auch jederzeit im Zug kaufen, Kreditkarten werden akzeptiert.

Sehenswürdigkeiten in Kłodzko

Durch seine Lage im Dreiländereck Polen, Tschechien und Deutschland hat Kłodzko (wie viele Orte in dieser Gegend der Welt) eine wechselhafte Geschichte. Zu verschiedenen Zeiten stand es unter böhmischer, habsburgischer und preußischer Herrschaft bis es nach dem zweiten Weltkrieg endgültig an Polen fiel. Ein ewiges Hin- und Her in den endlosen Kriegen, die Europa über Jahrhunderte heimsuchten, und daher stammt auch der alte Name „Glatz“, unter dem die Stadt interessanterweise heute auch noch auf Google Maps zu finden ist.

Heißt: Durch die lange Geschichte haben sich im Lauf der Zeit doch ein paar alte Gemäuer und andere Sehenswürdigkeiten angesammelt, die man sich heute noch anschauen kann. Die bekanntesten sind:

Festung Glatz

Die Festung auf dem knapp 370 Meter hohen Burgberg ist das dominierende Bauwerk der Stadt und durchaus beeindruckend. Hochinteressant ist die sternförmige Anordnung der Mauern. Damit sollte sichergestellt werden, dass Angreifer immer zwischen mindestens zwei Mauern standen und so ins Kreuzfeuer der Schützen gerieten.

Festung Glatz in Kłodzko.

Die Festung ist ziemlich groß und im Inneren gibt es etliche Räume und auch altes Kriegsgerät, darunter diverse Kanonen und andere Mordwerkzeuge in allen Größenordnungen zu besichtigen. Und natürlich kannst du auch auf den Mauern entlangspazieren und einen wunderbaren Ausblick auf die Stadt und die hügelige Umgebung genießen.

  • Location auf Google Maps
  • Eintritt: 28 Złoty, deutschsprachige Broschüre im Preis mit inbegriffen
  • Benötigte Zeit: ca. 2 Stunden

Unterirdisches Labyrinth unter dem Stadtzentrum

Der Eingang zu dem Labyrinth befindet sich direkt an der Touristeninformation. Über ein paar Treppen geht es in den Untergrund. Hier wirst du feststellen, dass die Altstadt von Kłodzko komplett unterkellert ist. In verschiedenen Räumen hat man das Leben im Untergrund mit lebensgroßen Figuren und originalgetreuen Einrichtungsgegenständen nachgestellt. Im Hintergrund dudelt eine Barock-Bourrée in Dauerschleife aus dem Lautsprecher.

Unterirdisches Labyrinth in Kłodzko.

Leider gab es hier keinen Audio-Guide, keine Infobroschüre und auch alle sonstigen Tafeln waren in Polnisch. Insofern musste man sich alles zusammenraten. So wie ich es verstanden habe, wurden die Tunnel von Kaufleuten im Mittelalter als Lagerräume benutzt. Die Streckbank in der Folterkammer hat da aber nicht ganz ins Bild gepasst. Das Ganze sah für mich eher wie eine komplette unterirdische Stadt aus.

Gotische Brücke

Die gotische Brücke aus dem 14. Jahrhundert führt über den Kanal, der die Altstadt von der Neustadt trennt und ist mit den lebensgroßen Steinstatuen auf den Seiten sehr hübsch anzusehen. Die Brücke gilt als eine Miniatur-Version der Prager Karlsbrücke, was ich leider nicht beurteilen kann, da ich noch nie in Prag war. Aber sie ist doch ein schönes Fotomotiv. Da du sowieso über die Brücke in die Altstadt musst, kannst du sie nicht verpassen.

Gotische Brücke in Kłodzko.

Marktplatz und Altstadt

Der Marktplatz befindet sich kurz hinter der Brücke und ist das Zentrum der Altstadt. In der Mitte des Platzes befindet sich eine hübsche Marienstatue aus Sandstein, ringsherum schöne alte Häuser aus der Gründerzeit und das Rathaus. Ein paar Minuten entfernt liegt die alte Pfarrkirche mit dem schlanken Kirchturm, den man von allen Ecken der Stadt sieht. Als wir da waren, hatte die Kirche leider geschlossen. In den alten Gassen der Altstadt herumzuspazieren hat aber auch ohne konkretes Ziel Spaß gemacht.

Marienstatue Marktplatz in Kłodzko.

Übernachten in Kłodzko

In Kłodzko gibt es diverse Unterkünfte für jedes Budget, viele davon findest du auf Booking*. Die Preise sind deutlich niedriger als in vergleichbaren Orten in Deutschland. Wir haben in dem Apartment Spadzista 3* übernachtet – eine gemütliche kleine Ferienwohnung mit Küche und allem Drum und Dran direkt neben dem Altstadtzentrum. Preis für zwei Übernachtungen (zwei Personen): 80 Euro.

Altstadt von Kłodzko Polen.

Ausflüge in der Umgebung

In der Umgebung von Kłodzko gibt es auch noch ein paar Sachen, die man sich anschauen kann. Am zweiten Tag unseres Aufenthalts sind wir zu den Ruinen von Projekt Riese gefahren. Das ist ein geheimer (und riesig großer) Untergrund-Komplex der Nazis aus dem zweiten Weltkrieg, etwa 30 Kilometer nordwestlich von Kłodzko.

Mit dem Zug war es leider etwas umständlich, da wir nur bis Ludwikowice gekommen sind und hier noch ein Taxi organisieren mussten. Wenn du einen Mietwagen hast, sollte es aber kein Problem sein. Die Fahrt dauert etwa eine Stunde und es gibt auch ausreichend Parkplätze. Auf jeden Fall ein spannender Tagesausflug!

Projekt Riese Tunnel Sudeten Eulengebirge.

Wenn du dort oben bist, kannst du dir auch noch Schloss Fürstenstein in Wałbrzych anschauen. Das Schloss kann man besichtigen, es gibt dort einige unterirdische Tunnel, die ebenfalls mit dem „Projekt Riese“ in Verbindung gebracht werden. Die Vermutung ist, dass das Schloss als Führerhauptquartier dienen sollte. Ebenfalls interessant könnte die Schädelkapelle in Kudowa-Zdrój sein, eines der wenigen Bauwerke dieser Art in Europa (hatten wir leider keine Zeit mehr für).

Wanderungen rund um Kłodzko

Wie erwähnt kann man in Kłodzko sehr gut wandern, da das Städtchen auf allen Seiten von Bergen umgeben ist. Eine sehr schöne Wanderung führt von Bardo nach Kłodzko durch das Warthagebirge, das quasi direkt neben der Stadt anfängt. Natürlich gibt es in es selbst in diesem kleinen Gebirge noch jede Menge anderer Wanderwege, am besten besorgst du dir dazu diese Wanderkarte*.

Wandern in Kłodzko Sudeten.

Der große Pluspunkt von Kłodzko: Viele der umliegenden Orte sind von hier aus mit dem Zug erreichbar. Im Prinzip kannst du in jede Himmelsrichtung losfahren und kommst direkt oder fast direkt bis an die Berge. Das ist ideal für Tagesausflüge: Morgens mit dem Zug starten (max. 1 Stunde Fahrt), den Tag über eine schöne Runde wandern, abends wieder bequem mit dem Zug nach Kłodzko zurück.

Einige der Gebirge, die du gut mit dem Zug erreichst (Bahnstationen findest du auf Google Maps):

Eulengebirge

Das Eulengebirge (polnisch: Góry Stołowe) liegt ca. 20 Kilometer nordwestlich von Kłodzko. Die Landschaft ist wirklich toll: Alles sehr weitläufig, eine wunderbare Mischung aus bewaldeten Höhenzügen und sanften Grashügeln, die weite Ausblicke erlauben. Du kannst von den Bahnstationen direkt ins Gebirge laufen.

Nächste Bahnstationen:

  • Głuszyca
  • Jedlina-Zdrój
  • Jedlina Górna
  • Ludwikowice Kłodzkie

Topographische Wanderkarte: Góry Sowie 1:35.000*

Heuscheuer Gebirge

Das Heuscheuer-Gebirge (polnisch: Góry Stołowe) liegt ca. 15 Kilometer westlich von Kłodzko. Im Unterschied zu den anderen Gebirgen gibt es hier sogar etliche spektakuläre Sandssteinformationen wie in der Sächsischen Schweiz – sehr spannend. Von den Bahnstationen musst du jeweils noch 2-3 Kilometer bis zu den Bergen laufen.

Nächste Bahnstationen:

  • Kudowa-Zdrój
  • Duszniki-Zdrój
  • Szczytna
  • Alternativ: Direktbus von Kłodzko nach Karłów im Zentrum des Gebirges

Topographische Wanderkarte: Góry Stołowe 1:30.000*

Habelschwerdter Gebirge

Das Habelsschwerdter Gebirge (polnisch: Góry Bystrzyckie) liegt ca. 20 Kilometer südwestlich von Kłodzko. Es gibt hier einige Ruinen von preußischen Festungsanlagen in den Wäldern und einen Wanderweg mit Schutzhütten entlang des Flüsschens Bystrzyca. Von den Bahnstationen kannst du teilweise direkt in die Berge starten, teilweise musst du noch du 2-3 Kilometer laufen.

Nächste Bahnstationen:

  • Bystrzyca Kłodzka
  • Długopole-Zdrój
  • Szczytna
  • Polanica-Zdrój

Topographische Wanderkarte: Góry Bystrzyckie, Góry Orlickie 1:35.000*

Glatzer Schneegebirge

Das Glatzer Schneegebirge (polnisch: Masyw Śnieżnika) liegt ca. 15 Kilometer südöstlich von Kłodzko. Hier befindet sich der höchste Gipfel in der näheren Umgebung, der Glatzer Schneeberg (1.423 m). Leider liegt der beliebte Ferienort Międzygórze (der Ausgangspunkt vieler Wanderungen) ca. 8 km vom nächsten Bahnhof entfernt. Um zu den Ausläufern zu gelangen, musst du mindestens 4-5 Kilometer von der nächsten Station laufen.

Nächste Bahnstationen:

  • Bystrzyca Kłodzka
  • Roztoki Bystrzyckie
  • Długopole-Zdrój
  • Alternativ: Zug nach Bystrzyca Kłodzka, dann Bus nach Międzygórze

Topographische Wanderkarte: Masyw Śnieżnika, Góry Bialskie 1:35.000*

Noch eine Sache: Genaue Informationen zu diesen Gebirgen und möglichen Wanderungen wirst du in deutscher Sprache kaum finden, da das hierzulande alles viel zu unbekannt ist. (Außer ich veröffentliche in Zukunft mal ein paar Artikel dazu…) Das Motto lautet: Karte besorgen, einfach loslaufen und sich überraschen lassen. Es gibt aber auch in den kleineren Orten durchaus Ferienunterkünfte. Einfach mal auf Google Maps schauen!

Von dem was ich gesehen habe, ist die ganze Gegend insgesamt sehr sehr ruhig. Es sind schon ein paar polnische Touristen unterwegs, aber ausländische Besucher verirren sich anscheinend so gut wie nie hierhin. Im Vergleich z.B. mit den Alpen oder bekannteren Mittelgebirgen wie Harz, Sächsische Schweiz und Co. ist das für die meisten Westeuropäer völlige Terra Incognita. Ich kann mir vorstellen, dass mehrtägige Wanderungen mit Zelt hier bestimmt sehr sehr spannend sind – vielleicht mach ich das auch irgendwann mal.

Kłodzko Fluss Kanal in der Stadt.

Mein Fazit

Eine wirklich wundervolle Gegend! Wenn ich vor ein paar Wochen nicht zufällig in Łódź gewesen wäre und ein Plakat mit einem Foto von Niederschlesien gesehen hätte, wäre ich wahrscheinlich nie auf Kłodzko gekommen. Aber das beweist ja nur, dass man manchmal auch mit einem Zufallsfund genau richtig liegen kann.

Ich werd in Zukunft bestimmt noch öfter hierher kommen. Die Mischung aus sanften Bergen, schöner Natur, Wanderwegen und den hübschen kleinen Städtchen ist einfach nur bezaubernd. Dass das Ganze dann auch noch so gut von Berlin erreichbar ist, ist für mich das Tüpfelchen auf dem i. Das könnte wirklich meine neue Go-To-Location für verlängerte Wochenenden werden…

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Hast du noch Fragen oder Anmerkungen? Kennst du andere schöne Ecken in Niederschlesien? Dann nichts wie ab in die Kommentare – ich freue mich, von dir zu hören!