GR 132 auf La Gomera – Tag 1: San Sebastián de La Gomera – Jerdune

  • Route: San Sebastián de La Gomera – El Cabrito – Morales – Tacalcuse – Jerdune
  • Länge: 13, 5 km
  • Höhenmeter: +1.329, – 597
  • Übernachtung: Zelten im Barranco Juan de Vera

Ich starte leider erst gegen 11:30 Uhr in San Sebastián de La Gomera, weil die erste Fähre erst gegen 9:00 Uhr in Teneriffa abfährt und ich mir noch ein paar Snacks und vor allem Wasser besorgen muss. Da ich nicht damit rechne, unterwegs Quellen zu finden, laufe ich mit 5 Litern los – eine weise Entscheidung.

Start des GR 132 ist die Inselhauptstadt San Sebastián de La Gomera.

Die ersten paar Kilometer bis zum Playa de la Guancha sind trotz der Hitze noch relativ harmlos. Am Strand mache ich erstmal eine kurze Pause, um das Meer und die Sonne zu genießen – in Deutschland ist zu diesem Zeitpunkt schließlich gerade März. Viele Leute sind hier auf La Gomera aber nicht unterwegs. Bis auf einen Trailrunner begegne ich auf dem Weg niemandem.

Der Playa de la Guancha – typisch für La Gomera sind Kies- und Felsstrände, die nicht gerade zu einem ausgedehnten Badeurlaub einladen.

Bei der ehemaligen Bananenplantage und heutigen Feriensiedlung Cabrito verlasse ich den GR 132 und schlage mich ins Inland. Als ich am Eingang zum imposanten „Barranco Juan de Vera“ stehe und die flirrende Luft über dem ausgetrockneten Flussbett beobachte, wird mir erst klar, worauf ich mich eingelassen habe: Das hier ist Niemandsland – karg, knochentrocken, menschenleer. Willkommen in La Gomeras wildem Süden!


Ab hier wird die Wanderung anstrengend. Der Weg folgt dem Verlauf des Canyons und steigt stetig steiler werdend gen Norden an. Inzwischen ist es etwa 14:00 und ich gerate mitten in die Mittagshitze. Mit Sonnenhut gerade noch so eträglich, aber der Boden glüht förmlich. Mein Wasservorrat schmilzt dahin und schon bald sind die ersten zwei Liter weg.

Dafür ist die Landschaft spektakulär: Das steinige Flussbett windet sich wie ein schmales Band zwischen den Basaltfelsen, die gestuft abfallenden Steilwände laufen oben in anmutigen spitzen Türmchen aus. Und trotz der Trockenheit ist es überraschend grün: Robuste Gräser und stachelige Dornenbüsche klammern sich an die Hänge, dazwischen Kakteen, bunte Wildblumen und kleine Zwergbäumchen.

Einsamer Weg durch die Felswände des Barranco Juan de Vera.

Während ich auf dem Camino de Seima weiterlaufe komme ich an mehreren verlassenen Dörfern vorbei: Morales, Contreras, Tacalcuse. Früher wurde in diesen Siedlungen anscheinend Bananenabbau an den endlos weiten Terrassen an den Hängen der Schlucht betrieben. Heute sind die Gebäude nur noch schweigende Ruinen, die in der brennenden Sonne langsam vor sich hin verotten.


Die Terrassen wären eigentlich der ideale Ort zum Zelten, abgesehen davon, dass es hier natürlich weit und breit kein Wasser gibt. Genau deshalb wurden die Dörfer wahrscheinlich ja auch irgendwann aufgegeben. Ich will noch ein bisschen Strecke machen, also folge ich dem Höhenrücken zwischen dem Barranco Juan de Vera und dem Barranco de Chinguarime.


Blöderweise wird der Weg immer schmaler je weiter ich nach Norden laufe. Zeltplätze sind in dem steilen Felsgelände Mangelware. Es ist schon ziemlich spät, wieder zurücklaufen ist keine Option. Also weiter und darauf hoffen, dass ich noch einen guten Platz finde. Kurz vor Sonnenuntergang habe ich dann Glück und finde eine ebene Fläche auf einem schmalen Vorsprung inmitten eines Kakteengestrüpps.

Verlassenes Haus in den Felswänden des Barranco de Chinguarime.

Leider ist die Nacht nicht sehr erholsam. Mein neues 1-Personenzelt das gerade erst ein paar Tage vorher aus England ankam, hat die Maße einer etwas größeren Hundehütte. Zum ausgiebigen Testen und Probeliegen war vorher keine Zeit mehr. Womit außerdem nicht gerechnet habe: Die starken ablandigen Winde, die bei Einbruch der Dunkelheit mit voller Wucht durch die Schluchten fegen.

Eigentlich ein akzeptabler Zeltplatz – leider habe ich nicht damit gerechnet, dass der Wind in den tiefen Schluchten Orkanstärke erreicht.

Mit Mühe und Not schaffe ich es irgendwie, dass mein Zelt nicht wegfliegt. Ein paar Heringe müssen trotzdem dran glauben und werden von den Windböen in die Schlucht neben mir geweht. Ebenso die Zelthülle und mein aufblasbares Kopfkissen, die einfach aus dem Zelt geblasen werden, während ich drinnen kauere und versuche, die Konstruktion zu stabilisieren.

Gegen drei Uhr schaffe ich es zumindest ansatzweise für eine oder zwei Stunden die Augen zuzubekommen. Morgen kann nur besser werden… Trotzdem ist das wahrscheinlich die unangehmste Nacht, die ich bis jetzt in einem Zelt verbracht. Lektion: Nie, nie, NIE wieder mit einem Zelt, das ich nicht zumindest ein paar Nächte getestet habe, in den Urlaub fahren.

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