In diesem Artikel:
- Das erwartet dich auf dem Transcaucasian Trail (TCT)
- Route und Etappe des Transcaucasian Trail in Georgien
- Erfahrungsbericht: Wanderung auf dem TCT bis Mestia in Swanetien
- Wie schwer ist der Transcaucasian Trail?
- Tipps zu Unterkünften, Zelten und Wildcamping
- Anreise, benötigte Ausrüstung und beste Reisezeit für den Transcaucasian Trail
- Tipps und Hinweise zur Sicherheit
- Mein Fazit zum Transcaucasian Trail in Georgien
Der Transcaucasian Trail ist ein 3.000 Kilometer langer Traum und die Antwort auf die Frage: Wie würde ein Wanderweg aussehen, der vom Schwarzen bis zum Kaspischen Meer einmal komplett am Kaukasus-Gebirge entlangführt? Ein länderübergreifender Wanderweg, der durch dutzende von Nationalparks, beeindruckende Naturlandschaften und historische Regionen führt, die nur die wenigsten Leute auf der Karte finden würden.
Die Idee zu einem durchgehenden Wanderweg durch die südlichen Kaukasus-Staaten Georgien, Armenien und Aserbaidschan stammt aus dem Jahr 2015 und geht auf den Engländer Tom Allen zurück. Mit Unterstützung der Royal Geographic Society führte er 2016 erste Erkundungen durch. Seitdem sind hunderte von Kilometern an markierten Wegen entstanden, auch durch die tatkräftige Hilfe von vielen Freiwilligen.
Der komplette 3.000-Kilometer-Thruhike auf dem Transcaucasian Trail (TCT) von West nach Ost durch den gesamten Kaukasus ist bislang immer noch eine Zukunftsvision. Aber es gibt bereits etliche größere Abschnitte in den einzelnen Ländern, die sich für mehrtägige Touren eignen. Als vielleicht beeindruckendster gilt der Georgische Teil durch die rauen Hochgebirgslandschaften von Swanetien. Und genau diesen Abschnitt wolle ich mir auch vornehmen.
Im Folgenden möchte ich einige meiner Eindrücke teilen, damit du hoffentlich ein etwas besseres Bild des Transcaucasian Trail bekommst.
Auf einen Blick
- Mehrtageswanderung durch Oberswanetien entlang des Hohen Kaukasus mit Überquerung von 5 Gebirgs-Pässen
- Länge: ca. 90 km (bis Mestia)
- Dauer: 4-6 Tage
- Höhenmeter: ca. +6.000, – 5.250 hm
- Schwierigkeit: mittel
- Abenteuerfaktor: hoch
- Streckenweise wenige Markierungen, ggf. weglose Furten, etwas Bushwacking und einige Kraxeleien
- Übernachtung in einfachen Unterkünften oder im Zelt
- Wildcampen erlaubt und problemlos möglich
Was dich auf dem Transcaucasian Trail in Georgien erwartet
Der Georgische Abschnitt des Transcaucasian Trail führt durch die grünen, bewaldeten Täler Oberswanetiens (Kvemo Svaneti) im Schatten des Kaukasus-Hauptkamms an der Grenze zu Russland. Nicht umsonst wird Oberswanetien die „Krone des Kaukasus“ genannt. Hier finden sich einige der höchsten Gipfel der gesamten Gebirgskette. Die markante Schneepyramide des Tetnuldi. Shkara, mit 5.068 Metern der höchste Berg Georgiens. Und der berühmt-berüchtigte „Berg des Schreckens“, die Ushba mit ihrem Doppel-Gipfel, die lange Zeit als am schwersten zu besteigender Berg der Welt galt.
Es ist eine beeindruckende Gebirgswelt und die Dimensionen sind schon etwas anders als in den Alpen. Alles wirkt größer, weitläufiger, ungezähmter. Man spürt, dass Europa an diesem Punkt langsam endet. Und man bekommt eine erste schwache Vorahnung von den Ausmaßen der asiatischen Gebirge, die weiter östlich im Himalaya gipfeln, dem höchsten Gebirge der Welt. Faszinierend sind auch die messerscharfen Kontraste zwischen den Höhenstufen: Es gibt keinen fließenden Übergang. Die strahlend weißen Gletscherzungen enden teilweise direkt vor saftig grünen Wiesen und einem Farbenmeer aus hunderten von blühenden Bergblumen.
Zu Fuß durch die einsamen Täler Swanetiens
Der westliche Teil des Transcaucasian Trail in Swanetien, also von Chuberi bis Mestia ist ziemlich einsam. Es gibt hier zwar auch kleine Dörfer, in denen du übernachten kannst. Aber ich hab kaum andere Wanderer gesehen. Ab Mestia wird es dann etwas touristischer, da hier der beliebte Trek von Mestia nach Ushguli startet. Dieser Abschnitt ist ebenfalls Teil des Transcaucasian Trail. Wenn du den gesamten Weg wanderst, hast du also einen schönen Kontrast zwischen Einsamkeit im Westen und etwas mehr Andrang im Osten.
In diesem Artikel beschreibe ich den westlichen Abschnitt bis nach Mestia. Generell ist diese Wanderung ein bisschen wilder als der Mestia-Ushguli-Trek, da die Wege nicht so häufig begangen werden. Teilweise fehlen Markierungen und es gab auch ein paar Stellen, wo ich Flüsse furten musste, weil die Brücke kaputt war. Außerdem eine etwas nervenaufreibende Kraxelei in der letzten Etappe. Also alles schon ein bisschen abenteuerlicher. Aber vermutlich fährst du ja auch genau aus diesem Grund nach Georgien und nicht ins Allgäu:)
Karte und Wanderführer für Georgien
Meine Empfehlung: Reise Know-How Wanderführer Georgien
Der Wanderführer aus der bekannten Reise Know-How-Reihe* ist der wohl beste derzeit in deutscher Sprache erhältliche Wanderführer für Georgien. Das Buch enthält 53 ausgewählte Touren in ganz Georgien – darunter auch 10 Wanderungen in Swanetien.
Für den Transcaucasian Trail braucht man eigentlich keinen Wanderführer. Ich fand das Buch trotzdem nützlich, da es viele praktische Infos zu Georgien enthält. Und vielleicht willst du ja auch noch ein paar Tagestouren machen. Außerdem ist es sehr schön geschrieben – eher die Ausnahme bei Wanderführern.
Alles in allem ein tolles Buch und eine echte Empfehlung!
Es gibt für Georgien einen recht aktuellen Wanderführer aus dem Rother-Verlag*. Hier sind auch einige Etappen des Treks von Chuberi nach Mestia beschrieben. Dazu noch Tageswanderungen, die du unterwegs einbauen könntest, wenn du ein paar Tage mehr Zeit hast. Außerdem beschreibt das Buch auch Wanderungen in den Regionen Kazbegi und Tuschetien.
Als Wanderkarte habe ich die terraQuest Trekking Map Georgian Caucasus* benutzt. Ich hab mir da aber eigentlich nur die grobe Route angeschaut. Zum richtigen Navigieren ist der Maßstab 1:75:000 etwas zu grob. Dennoch hab ich immer gerne eine Karte in der Hand, einfach um zu schauen, was sich sonst noch in der Umgebung befindet. Die Karte enthält neben Swanetien auch die Kazbegi-Region (1:50.000) und Tuschetien (1:110.000).
Ebenfalls empfehlenswert:
Reise Know-How Georgien: Reiseführer für individuelles Entdecken
Reiseführer Georgien: Unterwegs zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer
Durch den wilden Kaukasus: Geschichten über das Traumland Swanetien
Route und Etappen des Trancaucasian Trail
Der Transcaucasian Trail in Oberswanetien folgt grob dem Tal des Flusses Enguri, das zwischen dem Kaukasus-Hauptkamm und der Swanischen Gebirgskette im Süden verläuft. Die Wege sind überwiegend alte Verbindungswege und Hirtenpfade zwischen den Dörfern, die jeweils in den Quertälern zu Füßen der Berge liegen. Start ist das Nenskra-Tal im Westen, Ziel das UNESCO-Weltkulturerbe-Dorf Ushguli.
Insgesamt überquerst du auf dem Trek fünf hohe Pässe. Der erste Pass Utviri ist direkt der längste und anstrengendste. Höchster Punkt ist der Guli Pass vor Mestia (2.954 m). Etwas vereinfacht gesagt startest du jeweils in einem Dorf im Tal, läufst im Lauf des Tages über den Pass und kommst dann abends im nächsten Tal raus. Von Ushguli kannst du auch über einen weiteren Pass, den Latpari-Pass, nach Niederswanetien laufen. Diese Route ist aber nicht Teil des offiziellen Transcaucasian Trail.
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Übersicht der Etappen des TCT
Je nach Motivation und persönlicher Geschwindigkeit brauchst du für den TCT von Chuberi bis Mestia zwischen 4 und 6 Tagen. Danach dann nochmal ca. 3-4 Tage für den Mestia Ushguli Trek. Du kannst den kompletten TCT in Swanetien also relativ bequem in 8-10 Tagen laufen.
Ich habe mir die Etappen für den westlichen Teil des TCT folgendermaßen aufgeteilt:
Etappe | Start/Ziel | Distanz | Höhenmeter |
---|---|---|---|
01 | Kvemo Marghi – Utviri Pass | ca. 10 km | + 1.275 hm |
02 | Utviri Pass – Nakra | ca. 17 km | + 680, – 1.600 hm |
03 | Nakra – Pari | ca. 17 km | + 1.120, – 930 hm |
04 | Pari – Mazeri | ca. 20 km | + 1.250, – 1.040 hm |
05 | Mazeri – Mestia | ca. 21 km | +1.625, – 1.800 hm |
Schau dir hier den Artikel zu der anschließenden Wanderung von Mestia nach Ushguli an. Wenn du mehr Zeit hast, kannst du von verschiedenen Orten auf dem Trail auch Tagesausflüge machen. Dazu eignen sich z.B. Mazeri, Mestia und Ushguli. Tipps dazu findest du z.B. in diesem Wanderführer für Georgien*. Kommen wir jetzt aber mal zum Reisebericht vom Transcaucasian Trail!
Transcaucasian Trail in Georgien: Mein Erfahrungsbericht
Start meiner Tour ist die Gemeinde Chuberi im Nenskra-Tal, zu der ich am Vortag von der Straße nach Mestia aus gewandert bin. Einen direkten Transfer zu diesem weltverlassenen Tal zwischen tiefen Wäldern gibt es nicht. Ich habe mich an der staubigen Hauptstraße nach Mestia absetzen lassen und bin dann zwei Stunden auf der alten Schotterpiste aus Sowjetzeiten talaufwärts gelaufen. Die Gemeinde besteht aus mehreren winzigen Siedlungen, die meist nur aus ein paar Holzhäusern bestehen. Chuberi ist die Sammelbezeichnung dafür, die aber auf keiner der Karten auftaucht.
In dem Weiler Kvemo Margh finde ich ein nettes Guesthouse und vertrödele den Rest des Tages in der Hängematte im großen Garten. Keiner der Besitzer spricht Englisch, ich weder Russisch noch Georgisch. Nur der alte Großvater kann ein paar Brocken Deutsch. Mit Händen und Füßen klappt es aber irgendwie schon. Am nächsten Morgen um 9:00 Uhr breche ich zum Utviri-Pass auf.
Schnell lasse ich die Dorfstraße hinter mir und tauche in den dichten Wald ein. Es ist wahnsinnig schwül, die Luft dampft förmlich. Ich hatte vor meiner Reise keinerlei Vorstellung vom Wetter in Georgien. Aber wegen der Nähe zu Russland und den hohen Berge bin ich davon ausgegangen, dass es eher kühl wird. Tatsächlich sind die Temperaturen geradezu tropisch warm, der Schweiß läuft mir nur so herunter. Hoffentlich wird es am Pass besser.
Reality-Check: Die Brücke über den Fluss fehlt
Keine 20 Minuten später erreiche ich das erste waschechte Hindernis: Ein reißender Wildbach, der weiter unten in den Nenskra mündet. Brücke? Fehlanzeige. Das einzige Hilfsmittel ist ein glitschiger Baumstamm, der über den Bach führt. Sieht nicht gerade vertrauenserweckend aus, also suche ich erstmal nach einer möglichen Furt. Leider ist der Bach zu tief und die Strömung viel zu stark. Trotz dem Rauschen höre ich deutlich, wie sich die dicken Steinbrocken im Bachbett bewegen. Also doch der Baumstamm…
Geradewegs drüber zu laufen traue ich mich aber nicht. Stattdessen robbe auf dem Hosenboden drüber und vermeide es tunlichst nach unten zu schauen. Sieht bestimmt wahnsinnig peinlich aus, aber ich habe auch keine Lust in der ersten halben Stunde auf dem Transcaucasian Trail abzusaufen und am Ende geht auch alles gut. Ein paar Minuten später bin ich auf der anderen Seite.
Danach geht es durch dichten Wald steil aufwärts. Einmal höre ich es neben mir rascheln und im Gebüsch grunzen. Ansonsten ist alles merkwürdig still. Aus anderen Gebirgsregionen bin ich die Geräusche der Natur gewohnt – summende Bienen, Vogelgezwitscher, Bimmeln von Ziegenglocken. Hier ist bis auf die Schmeißfliegen über den dicken Kuhfladen rein gar nichts zu hören. Die Landschaft ist wunderschön, aber sie fühlt sich auch irgendwie leer an.
Ich komme an einigen Wellblechbehausungen und kurios aufgeschichteten Heuschobern vorbei und laufe über eine Mischung aus Schotterpisten und alten Feldwegen. Windschiefe Hütten aus Holzschindeln verrotten am Wegesrand. Die Gegend wirkt völlig verlassen und mit der durchdringenden Stille wirkt es fast ein bisschen unheimlich. Schließlich gelange ich in das breite Tal, das zum Pass führt. Die Berge auf beiden Seiten ragen immer höher auf, die Pfadspur wird schwächer. Hier herrscht die Natur.
Beeindruckende Pflanzenwelt im Kaukaus
Ich kämpfe mich durch dichte Wiesen, in denen riesiger Hahnenfuß wächst, Löwenzahn mit geradezu grotesk großen Blüten und Felder aus Brennnesseln, die fast so hoch sind wie ich selbst. Ein merkwürdiges Bild. Einerseits ist die Pflanzenwelt vertraut, gleichzeitig ist alles auf riesige Dimensionen aufgebläht, so als ob man durch ein Vergrößerungsglas schaut. Vielleicht führt die hohe Luftfeuchtigkeit ja dazu, dass die Pflanzen anfangen, wie in den Tropen zu wuchern.
Ebenfalls größer als gewohnt sind die Bremsen und das wird schnell zu einem echten Ärgernis. In den verwilderten Wiesenlandschaften leben hunderte, wenn nicht tausende von hässlichen schwarzen Bremsen. Ich hatte bereits im Kaçkar-Gebirge in der Türkei Bekanntschaft mit den Biestern geschlossen und gehofft, dass ich sie zum letzten Mal gesehen habe. Leider vergeblich. Die Bremsen sind etwa so groß wie Bienen, flitzen aber so schnell wie Schmeißfliegen um mich herum und ich werde von wahren Schwärmen belagert.
Angriff der Killermücken
Zum Glück trage ich ein Hemd und lange Hosen. Trotzdem ist es unglaublich nervig, wenn einem ständig ein laut summender Schwarm von Bremsen um den Kopf fliegt. Durch die stark verwachsenen Wege komme ich zudem nur langsam voran. Irgendwann wird es mir zu blöd. Ich bin zwar noch ein paar Kilometer vor dem Pass und es ist erst drei Uhr, aber so kann man nicht weiterlaufen. Also schlage ich mein Zelt in der Nähe eines Baches auf und verkrieche mich im Inneren.
Erst gegen 19:00 Uhr wird es langsam ruhiger. Für die Mücken ist jetzt anscheinend Nachtruhe angesagt und traue mich wieder nach draußen. Weitergehen macht jetzt natürlich keinen Sinn mehr. Noch schnell den Schweiß von der Haut gewaschen und was gekocht. Danach sitze ich noch ein wenig vor dem Zelt und warte bis zum Sonnenuntergang. Zum ersten Mal an diesem Tag kann ich den fantastischen Blick auf die Berge richtig genießen.
Auf dem Weg zum Utviri-Pass
Am nächsten Tag starte ich bereits gegen 7:00 Uhr. Aus dem Kaçkar hab ich noch in Erinnerung, dass die Mücken etwa gegen 9:00 Uhr aktiv werden. Zumindest zwei Stunden will ich noch in Ruhe laufen, bis das Chaos wieder losgeht. Kurze Zeit später komme ich zu einem halbverlandeten See. Danach beginnt der eigentliche Anstieg zum Pass. Die grasbewachsenen Bergflanken ragen jetzt noch steiler auf, weit unten windet sich ein kleines Flüsschen wie ein weißes Band durch das Tal. Wie in Zeitlupe steige ich durch diese gewaltige Gebirgslandschaft zum Pass auf. Die Dimensionen sind beeindruckend!
Kurz vor dem höchsten Punkt quere ich ein etwas bröckeliges Geröllfeld, direkt danach geht es wieder hoch. Noch ein paar hundert Meter querfeldein, dann habe ich die Passhöhe erreicht – eigentlich nur eine große Wiese, auf der mehrere Felsbrocken verstreut herumliegen. Lange bleibe ich nicht, um die Aussicht zu genießen. Hier oben weht zwar ein starker Wind, aber es ist schon kurz nach zehn Uhr. Die Bremsen sind wieder da und stürzen sich erneut auf mich. Also schnell weiter.
Die nächsten Stunden bleibe ich fast durchgängig in Bewegung und gönne mir keine Pause. Nach dem Pass geht es zunächst querfeldein durch die Wiesen weiter. Irgendwann komme ich dann wieder an einer Dirtroad raus und laufe wie am Vortag durch die schweigenden Wälder Richtung Tal. Auf etwa 1.800 Metern bleiben die Bremsen dann endlich zurück und ich kann zumindest ein bisschen aufatmen.
Auf den letzten paar Kilometern weist eine Markierung des Transcaucasian Trail mitten in den Wald, vermutlich als Abkürzung. Im Endeffekt verschwende ich eine dreiviertel Stunde damit, weglos die steilen Hänge runterzukraxeln. Schließlich komme ich in dem Dörfchen Nakra an, wo ich mir im Green Guest House ein Zimmer suche. Die Töchter des Hausherren sprechen etwas Englisch und fragen mich verwundert, warum ich nicht den normalen Weg genommen habe und was ich genau im Wald gesucht habe. Äh… ja, gute Frage eigentlich.
Am nächsten Morgen: Erstmal ab zur Mineralquelle
Tag 3 ist der erste Tag auf dem Transcaucasian Trail, der mir von Anfang bis Ende Spaß macht. Am Morgen zapfe ich mir erstmal ein bisschen Wasser aus der Mineralquelle in Nakra. Absolut genial – das sprudelnde Wasser schmeckt kein Stückchen schlechter als die Version aus dem Supermarkt. Danach geht es abwechselnd auf verschlungenen Waldwegen und durch offene Heidelandschaften bis zur nächsten Siedlung Latsumba.
Leute sehe ich hier keine, aber ein paar Kühe und Schweine trotten über die schlammigen Feldwege. Und mir begegnen zum ersten Mal andere Wanderer. Das Pärchen ist bereits den armenischen Abschnitt des TCT gelaufen und die beiden waren auch schon in Tuschetien. Wir laufen ein Stück zusammen und genießen die wunderbaren Ausblicke. Als sich die Wolken lüften, blitzt hinter einem bewaldeten Bergkamm der Doppelgipfel der Ushba hervor.
Nach der gemeinsamen Mittagspause trennen sich unsere Wege wieder, weil ich ein bisschen schneller laufen will. Bald erreiche ich den bewaldeten Zagari-Pass auf 1.865 Meter. Zum Glück diesmal ohne die lästigen Fliegen. Auf einsamen Feldwegen hoch über dem Tal des Enguri passiere ich in den nächsten Stunden mehrere verlassene oder halbverlassene Dörfer. Die hübschen, leicht windschiefen Lattenzäune der Felder geben dem Ganzen ein idyllisches Aussehen, aber viele Leute leben hier nicht mehr. Landflucht scheint das beherrschende Thema zu sein.
Lashkrashi und Tsaleri bestehen größtenteils aus Bretterbuden und Ruinen. Nur die Kuhherden auf den Weiden verraten, dass hier im Sommer wohl doch noch ein paar Bauern ausharren. In einem Garten hat sich eine Gesellschaft von alten Männern im Schatten einer Linde zu einem kleinen Trinkgelage versammelt. Ich lehne die Einladung dankend ab. Aus Armenien weiß ich noch zu gut, wie das endet und mit einem Schwips in der drückenden Hitze rumzulaufen, will ich mir doch lieber sparen.
Die nächste ungeplante Furt
Im Rückblick eine schlaue Entscheidung, denn kurz vor Kichkhuldashi wird es noch einmal etwas abenteuerlich. Der Weg führt hier zunächst steil in ein kleines Flusstal hinab, leider ist von der Brücke über den reißenden Fluss nicht mehr viel übrig. Zum Glück ist es aber nicht so breit und der Fluss ist auch nicht wirklich tief. In ein paar beherzten Schritten habe ich die Fluten durchquert.
Auf der anderen Seite angekommen, ist von einem Weg leider weit und breit nichts zu sehen. Also folge ich erstmal dem Flusstal, das sich zwischen den Berghängen entlangwindet. Nach ein paar hundert Metern sehe ich rechts einen Wimpel in den Bäumen hängen, anscheinend geht es jetzt direkt die Schotterhänge hoch. Sieht nicht wirklich vertrauenserweckend aus, aber lassen wir uns mal überraschen…
Und weil’s so schön ist: Noch ein bisschen kraxeln
Der folgende Abschnitt ist ganz spaßig. Ich laufe direkt oberhalb eines noch recht frischen Erdrutsches, der die Original-Route des TCT anscheinend hinweggefegt hat. Es ist teilweise weglos und meist auch ziemlich rutschig. Rechts von mir geht es auch immer schön steil abwärts. An strategischen Stellen hängen aber immer wieder rote Wimpel in den Bäumen und Sträuchern, die die beste Route markieren. Eine Viertelstunde später habe ich die steilen Abschnitte hinter mir.
Der nächste Ort Kichkhuldashi wirkt wieder komplett verlassen. Es gibt hier zwar ein Gasthaus und ich würde eigentlich auch ganz gerne Pause machen. Aber es ist niemand da, also gehe ich direkt weiter. Bis nach Pari geht es weiter auf einsamen Feldwegen, nur einmal knattert ein Moped an mir vorbei. Kurz vor dem Örtchen mache ich noch einmal Pause an der Mineralquelle. Die Steine im Becken sind leicht rötlich gefärbt und das Wasser hat einen etwas schwefligen Geschmack.
Im Guesthouse Irakli in Pari beende ich schließlich den Tag. Hier gibt es auch kleinen Mini-Markt. Die Auswahl ist aber ziemlich bescheiden und beschränkt sich im Prinzip auf Bier, Kartoffelchips, Zigaretten und ein paar Snickers. Was man eben so als Wanderer in Swanetien braucht… Dafür ist das Essen hervorragend. Dampfende Gemüsesuppe, in Streifen geschnittene Bratkartoffeln, alles mit viel Dill garniert und sehr herzhaft.
Ich esse Essen direkt im Wohnzimmer der Familie. Die Frau hängt draußen die Wäsche auf, der Ehemann lümmelt auf dem Sofa und guckt irgendeine russische Seifenoper. Ein bulliger, glatzköpfiger Typ mit gewaltigem Stiernacken. Nicht direkt unfreundlich, aber irgendwie sieht er aus wie ein Räuberhauptmann und er ist mir auch nicht ganz geheuer. Was wohl passiert wäre, wenn ich hier vor zehn Jahren allein vorbeispaziert wäre? Okay… vielleicht rede ich mir das jetzt auch nur ein. Die wilden Zeiten sind in Swanetien ja doch schon ein bisschen länger her.
Im Reich der Ushba
Der nächste Tag ist lang und führt mich an dem berühmten Berg Ushba vorbei. Es beginnt aber erstmal mit viel sinnlosen Bushwacking. Hinter Pari sind die Markierungen des TCT unklar, ich folge fälschlicherweise der Staubpiste bis ich erkenne, dass der eigentliche Weg direkt in ein Flusstal hinabführt. Richtige Wege gibt es hier aber auch nicht. Nach einer Bachüberquerung irre ich erstmal eine Stunde im Wald rum. Irgendwann komme ich dann wieder an einer Schotterpiste in der Nähe des Dörfchen Pkhutreri raus.
Der Aufstieg zum Bak-Pass ist in der Hitze ziemlich hart. Erst auf etwa 2.000 Meter wird die Piste bei einigen Schäferhütten zu einem schönen Weg. Leider tauchen hier aber auch wieder die elenden Mücken auf, sodass ich zügig durch die Blumenfelder durchlaufe. Das ist wirklich bedauerlich, da die Pflanzenwelt unglaublich schön und vielfältig ist.
Ich hatte bereits im Vorfeld gelesen, dass der Kaukaus ein absoluter Hotspot der Biodiversität ist. Aber das live mit eigenen Augen zu sehen, ist nochmal was anderes: Silbrig schimmernde Vergissmeinnicht, weiß leuchtende Glockenblumen, violette Schwertlilien. Es ist, als würde man über einen bunten Teppich aus tausend verschiedenen Farben laufen. Und weit im Hintergrund die mächtige Ushba – ein Traum!
Am Pass bleibe ich wegen den Mücken nicht lange und auch danach habe ich nur wenig Muße die tollen Landschaften zu genießen. Der Weg führt in vielen Serpentinen hinunter ins Becho-Tal. An einer wunderbar fotogen gelegenen Hütte gönne ich mir eine Stunde später doch ein paar Minuten Pause und genieße noch einmal den Blick auf den – leider in Wolken gehüllten – Doppel-Gipfel der Ushba. Danach setze ich den Weg nach Maseri fort.
Maseri besteht aus vielen verstreuten Häusern zwischen weitläufigen Wiesen. Obwohl sich hier der Shkudra-Wasserfall befindet und man auch zum Ushba-Gletscher laufen kann, wirkt das Dorf nicht so, als ob viele Besucher vorbeikommen. Theoretisch könnte man auf den Wiesen campen und es gibt auch ein paar Holz-Chalets zum Übernachten. Ich checke stattdessen in Martha’s Market ein, ein kleines aber topmodernes Hotel mit angeschlossenem Mini-Markt direkt an der Straße.
Noch ein letzter Pass bis Mestia
Another day, another pass… So lässt sich der letzte Tag auf dem westlichen Abschnitt des TCT wohl am besten zusammenfassen. Der Anstieg hinter Maseri ist zum Glück aber sanft und inzwischen habe ich einen ganz guten Rhythmus gefunden, mit dem das Wandern auch in der starken Hitze nicht zu schwerfällt. Ich laufe immer genau so schnell, dass ich nicht schwitze. Damit bin ich bei den Aufstiegen zwar megalahm, aber die Höhenmeter schmelzen überraschenderweise trotzdem so schnell wie Butter in der prallen Sonne.
Bis zum Guli-Pass laufe ich meistens über sanfte, grasbewachsene Hänge. Teilweise verschwinden die Wege hier ab und zu mal und es gibt auch etliche Tierpfade. Im Prinzip geht es aber ohnehin nur nach oben. Die Aussichten sind durchweg herrlich, da ich stellenweise nur ein paar hundert Meter Luftlinie entfernt neben dem Guli-Gletscher laufe, der von den Gipfeln der Ushba ins Tal fließt.
Auf der Passhöhe auf 2.954 Metern habe ich den höchsten Punkt des Treks erreicht. Auch hier wieder fantastische Aussichten auf den Kaukasus-Hauptkamm und zum ersten mal überhaupt auf dem Trek sehe ich eine größere Gruppe. Ein paar Spanier sind auch oben. Ich bleibe aber nicht lange, da ich kein Wasser mehr habe. Auf dem ganzen Weg zum Pass gab es leider keine Bäche oder Quellen.
Nach dem Pass folgt zunächst eine lange Traverse durch steile Grasflanken – ein wunderschöner Abschnitt. Bis ich dann schließlich an der vielleicht schwierigsten Stelle der gesamten Tour lande, eine doch etwas knifflige Flussüberquerung. Der Trail kreuzt hier den Pushkueri-Fluss, dessen Bett im Winter unter tiefem Schnee verborgen ist. Selbst jetzt, im Hochsommer, halten sich noch ein paar vereinzelte Schneefelder.
Einen richtigen Weg über den Fluss gibt es nicht. Zunächst muss ich sehr steil über komplett glitschige Felsen zum Bachbett runterklettern. Danach dann auf der anderen Seite querfeldein über einen Steilhang aus Schotter, der so bröckelig ist, dass man sich gar nicht traut hinzuschauen. Es sind höchstens 20 Meter wegloses Kraxeln, aber ich bin wirklich froh, als ich das hinter mir habe.
Nach dem kurzen Adrenalin-Schub wird es entspannter und schließlich taucht Mestia weit unten im Tal auf. Vor dem langen Abstieg überlege ich kurz, ob ich nicht einen Abstecher zu den Koruldi-Seen machen soll. Aber inzwischen sind relativ viele Leute aus Mestia auf dem Trail unterwegs und es würde vermutlich kein romantisches Camping am einsamen Gebirgsee werden. Abgesehen davon, dass ich auf die zusätzlichen 500 Höhenmeter auch nicht mehr so viel Lust habe.
Ankunft im touristischen Zentrum von Swanetien
Der letzte Abstieg des TCT ist nochmal eine kleine Herausforderung. Es geht sehr steil und rutschig durch den Wald. Irgendwann habe ich es schließlich doch geschafft und finde mich unversehens an der asphaltierten Hauptstraße von Mestia wieder: Überall Souvenir-Shops, Cafés, Gasthäuser und natürlich zahllose ausländische Besucher. Okay, willkommen im touristischen Teil von Swanetien. Mit der Bergeinsamkeit war es das jetzt wohl.
Den nächsten Tag mache ich Pause, schau mir ein bisschen die Stadt an und verbringe ein paar Stunden in dem sehenswerten Ethnographischen Museum. Allerdings wundert mich etwas, dass es etwas zu wenige Restaurants für die ganzen Menschenmassen gibt. Außerdem nur einen kleinen Supermarkt, der natürlich zu jeder Tageszeit komplett überfüllt ist. So ganz ist man hier noch nicht auf die vielen Besucher vorbereitet…
Danach geht es für mich auf dem zweiten Teil des TCT weiter, dem bekannten Trek von Mestia nach Ushguli. Natürlich ist in den nächsten Tagen deutlich mehr los. Überraschenderweise wird aber gerade diese Wanderung zu meinem Georgien-Highlight. Und am Ende muss ich ehrlich zugeben: Landschaftlich finde ich bekanntere Tour sogar noch abwechslungsreicher als den ersten Teil des Transcaucasian Trail in Swanetien.
Im Folgenden noch ein paar praktische Informationen zum Transcaucasian Trail, falls du selbst in Swanetien wandern möchtest.
Wie schwer ist der Transcaucasian Trail?
Der swanetische Abschnitt des Transcaucasian Trail ist größtenteils eine mittelschwere Wanderung, die Trekker mit etwas Erfahrung vor keine unüberwindlichen Herausforderungen stellen dürfte. Die Trails sind in der Regel alte Verbindungswege der Hirten und Bauern zwischen den Dörfern. Das alpine Hochgebirge des Kaukasus siehst du auf dem TCT nur aus sicherer Entfernung.
Was die Wanderung dann doch etwas abenteuerlicher macht, ist die relative Abgeschiedenheit von Swanetien. Es gibt hier keinen Alpenverein oder andere Organisationen, die regelmäßig Wegewartung betreibt. Es kann z.B. also gut passieren, dass Brücken über die Flüsse zerstört sind und du dir selbst einen Weg suchen musst. Außerdem können Teile des Wegs zugewachsen sein. Damit würde ich sogar rechnen, da der Abschnitt des TCT bis Mestia vergleichsweise wenig begangen wird.
Auf dem Trail sind mir außerdem zwei etwas kritische Stellen begegnet:
- Abschnitt durch einen Erdrutsch vor Kichkhuldashi
- Abschnitt hinter dem Guli-Pass beim Kreuzen des Pushkueri-Fluss
Das Erdrutsch-Gebiet ist leicht ausgesetzt, aber im Prinzip relativ harmlos, wenn du vorsichtig bist und langsam läufst. Die Stelle, wo der Trail den Pushkueri-Fluss kreuzt ist etwas schwieriger. Es geht hier sehr steil über glitschige Felsbrocken runter zum Bach. Danach ist für etwa 50 Meter keine klare Wegspur erkennbar. Schwindelfreiheit und etwas Erfahrung in weglosem Berggelände sind hier definitiv hilfreich.
Mein Tipp für diese Stelle: Halte dich nach dem Abstieg zum Bachbett rechts und folge dem Gewässer für etwa 25 -30 Meter. Anschließend überquerst du den Bach und steigst halbrechts über die Schotterhänge auf, bis du nach ca. 20 Meter wieder auf einen Pfad triffst. Ich bin stattdessen direkt nach dem Abstieg über einen sehr steilen Schotterhang auf der anderen Seite wieder hoch. Das war definitiv gefährlich und ist nicht empfehlenswert.
Navigation und Orientierung
Der Transcaucasian Trail ist durchgängig mit Wegweisern und Markierungen ausgezeichnet. Vor einigen Etappen stehen auch große Schilder mit Infos zur Strecke und einer Karte. Die Markierungen sind auf dem Abschnitt von Chuberi bis Mestia aber nicht ganz so häufig wie auf dem bekannteren Teil von Mestia bis Ushguli. In Georgien gibt es drei Farben, um die Schwierigkeit von Wegen anzugeben:
- Gelb: einfacher Weg
- Rot: mittelschwerer Weg
- Blau: schwerer Weg (alpin, teilweise weglos)
Auf dem TCT bis Mestia werden dir überwiegend rote, teilweise auch gelbe Markierungen begegnen. Es gibt auf der Strecke auch einige kurze weglose Abschnitte (meist rund um die Pässe) und natürlich viele Abzweigungen und Trampelpfade, die nicht markiert sind. Ich würde daher auf jeden Fall zumindest ein Smartphone mit Wander-App und GPS-Track mitnehmen, alternativ ein robustes GPS-Gerät* mit langer Laufzeit.
Tipps zu Unterkünften und Zelten
Der westliche Abschnitt des TCT ist etwas untouristischer, als der bekannte Teil von Mestia nach Ushguli. Dennoch gibt es in fast allen Ortschaften, durch die du kommst, meist ein paar einfache Gasthäuser, in denen du übernachten kannst und Essen bekommst. Nicht alle sind aber über das Online-Portal Booking buchbar. Ich bin einfach spontan vorbeigegangen, ohne im Voraus zu buchen und das war auch kein Problem, da ich generell sehr wenig andere Trekker gesehen hab.
Übernachtet habe ich in den folgenden Gasthäusern, die auch empfehlen würde:
Sugdidi | Hotel Shogi* |
Kvemo Marghi | Chuberi Qvedamargi* |
Nakra | Green House Nakra* |
Pari | Guest House Irakli* |
Mazeri | Martha’s Market + Hotel* |
Mestia | Eka’s Guest House* |
Ein Zelt kann auf dem TCT trotzdem sinnvoll sein. Eine Etappe, die sich besonders gut zum Camping anbietet, ist die Strecke von Chuberi nach Nakra über den Utviri-Pass. Du kannst das auch an einem Tag durchlaufen, aber es wäre ziemlich lang und mit vielen Höhenmetern verbunden (ca. 27 km, 2.300 Hm im Aufstieg). Einfacher ist, vor oder nach dem Pass zu zelten, ich hab das auch so gemacht. Es gibt auf beiden Seiten des Passes kleine Seen mit Zeltplätzen.
Wildcamping in Georgien
Wenn du willst, kannst du auf dem TCT auch an allen anderen Tagen zelten. Wildcamping ist in Swanetien im Gebirge erlaubt. Teilweise findest du auf den Schildern sogar Hinweise zu möglichen Zeltspots. Diese sind in der Regel aber ziemlich schlecht, weil sie häufig in der Nähe von alten Bauernhäusern liegen und völlig verschlammt sind. Bessere Spots findest du in den üblichen Wander-Apps, die auf OSM-Kartenmaterial basieren, z.B. Outdoor Active oder Maps.me.
Ich wollte auf dem Transcaucasian Trail eigentlich komplett zelten. Am Ende haben mich die vielen Mücken aber so sehr genervt, dass ich bis auf eine Ausnahme jeden Tag wieder runter ins Tal bin und mir dort eine Lodge gesucht hab. Vielleicht hatte ich auch einfach nur ein bisschen Pech. Wenn du zelten willst, wirst du auf jeden Fall viele idyllische Plätze finden.
Proviant und Verpflegung
Wenn du in den Unterkünften übernachtest, bekommst du dort auch ein warmes Essen abends und Frühstück. Ansonsten sind die Dörfer meistens zu klein, dass es hier Restaurants gäbe. Außer natürlich Mestia (und Ushguli). Wirklich viele Restaurants gibt’s dort aber auch nicht.
Viele der Lodges haben auch einen kleinen angeschlossenen Minimarkt. Außer Keksen, Schokolade, Cola etc. bekommst du dort aber nicht viel. Wenn du den Trek mit Selbstversorgung machen willst, solltest du also alles vorher kaufen. In Sugdidi gibt es mehrere Supermärkte. In Tiflis ist die Auswahl natürlich etwas besser.
Gaskartuschen müsstest du ebenfalls in Tiflis bekommen. Ich hatte einen kleinen Spirituskocher dabei und mir vorher noch ein bisschen Spiritus in einer Apotheke in Sugdidi besorgt. Auf dem Trail selbst bekommt man wahrscheinlich keinen und garantiert keine Gaskartuschen. Eventuell noch in Mestia, aber wetten würde ich darauf auch nicht.
Anreise
In Georgien gibt es für längere Überlandfahrten keine Busse, sondern Marshrutka. Das sind Mini-Busse, die keinen regelmäßigen Fahrplan haben und erst dann losfahren, wenn sie voll sind. Kvemo Marghi bzw. Chuberi wird aber nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. Marshrutka angefahren, was die Anreise etwas komplizierter macht.
Die einfachste Option ist:
- Zuerst nach Sugdidi reisen, ca. 85 Km südwestlich von Mestia.
- In Sugdidi einen Marshrutka nach Mestia finden.
- Dem Fahrer sagen, dass du nach Chuberi willst und an der Abzweigung der Hauptstraße aussteigen (Google Maps).
- Das letzte Stück bis Chuberi zu Fuß an der Piste entlanglaufen (ca. 1,5- 2 Stunden).
Man kann in Sugdidi vermutlich auch ein Taxi direkt nach Chuberi organisieren, aber das wäre dann wahrscheinlich ziemlich teuer (schätzungsweise mindestens 70-80 Euro). Ich habe mir in Sugdidi mit ein paar Backpackern in Richtung Mestia ein Taxi geteilt und bin dann unterwegs ausgestiegen. Das hat mich umgerechnet etwa 15 Euro gekostet.
In den Dörfern von Chuberi bis Mestia gibt es zwar teilweise auch Straßenanbindungen, aber eine Rückfahrt wäre ziemlich kompliziert und langwierig. In Mestia gibt es hingegen ausreichend Transportmöglichkeiten. Unterwegs abzubrechen ist also eher nicht zu empfehlen. Am besten machst du die Wanderung mindestens bis nach Mestia oder sogar bis weiter nach Ushguli.
Benötigte Ausrüstung für den Transcaucasian Trail
Für die Wanderung auf dem Transcaucasian Trail hatte ich mich ziemlich exakt an meiner Packliste für Mehrtageswanderungen orientiert. Wichtig sind – wie immer im Gebirge – vor allem guter Regenschutz und warme Sachen zum Wechseln. Außerdem gute, bequeme Wanderschuhe. Bergstiefel sind (meiner Meinung nach) nicht zwingend erforderlich. Für die wenigen etwas anspruchsvolleren Abschnitte über Geröll sollten Trailrunner mit gutem Profil eigentlich ausreichen.
Konkret fand ich die folgenden Sachen nützlich:
Artikel | Empfehlung | Anmerkung |
---|---|---|
Regenjacke | Montbell Stormcruiser* | der Kaukaus ist eine sehr regenreiche Region, guter Regenschutz ist Pflicht |
lange Trekking-Hose | Maier Sports Latit Zip-Hose* | besserer Schutz, wenn man durch Gestrüpp und Unterholz läuft |
Sonnenhut | Frilufts Bayuda* | die Sonne knallt ziemlich stark runter |
Wanderstöcke | Helinox Ridgeline LB135* | bei den Abstiegen von den Pässen sinnvoll |
Wasserfilter | Sawyer Mini* | es gibt viele Wasserquellen am Weg, mit Filter reicht es, max. 1 l zu schleppen |
GPS-Gerät | Garmin eTrex 32x* | Zum Test |
eBook-Reader | Tolino Shine 3* | für die Nachmittage, wenn sonst nichts zu tun ist |
Power-Bank | Anker PowerCore 10000mAh* | kleine Powerbank ist ausreichend, da man in den Lodges aufladen kann |
Ein Zelt ist, wie erwähnt, nicht zwingend erforderlich, kann aber sinnvoll sein. Ich hatte mein Six Moon Designs Lunar Solo* dabei, Schau dir hier meine Empfehlungen für Ultraleichte Trekkingzelte an.
Beste Reisezeit für den Transcaucasian Trail in Georgien
Die beste Zeit für eine Wanderung auf dem TCT sind die Sommermonate von Mitte Juni bis Ende September, also ähnlich wie in den Alpen. Außerhalb davon sind die Pässe und vermutlich auch Teile der Wege eventuell zugeschneit, was eine Überquerung zumindest anspruchsvoll, wenn nicht komplett unmöglich macht.
Die beliebtesten Monate zum Wandern sind – ebenfalls wie in den Alpen – Juli und August. Im Sommer kann es in Georgien in niedrigeren Lagen äußerst schwül sein, teilweise geradezu tropisch. In den Bergen ist es aber recht angenehm, ich hatte – je nach Höhenlage – meist um die 18 – 20 °C. Das Einzige was mich wirklich gestört hat, waren die vielen Mücken.
Sicherheit
Der westliche Abschnitt des Transcaucasian Trail in Georgien verläuft durch relativ abgeschiedene Gegenden. Du kommst aber trotzdem regelmäßig an Dörfern vorbei. Früher galt Swanetien als Rückzugsort für Banditen und es gab auch Entführungen. Diese Zeiten sind nach rigorosen Maßnahmen der Regierung Saakaschwili in den frühen 2000er-Jahren aber Vergangenheit und Swanetien gilt heute als sicheres Reiseziel. Natürlich kann trotzdem etwas passieren, aber ich schätze, da muss man schon ziemliches Pech haben.
Tipp: Sinnvoll ist auf jeden Fall eine Auslands-Krankenversicherung, falls unterwegs irgendetwas passiert und du medizinische Hilfe benötigst. Ich empfehle die Jahresversicherung der HanseMerkur*, die bereits ab 18 Euro erhältlich ist. Die Krankenversicherung gilt für beliebig viele Reisen bis zu 56 Tagen pro Jahr und beinhaltet auch die Kosten für Transport und Bergung.
Bären + wilde Tiere
Bären sind nach allem, was ich gelesen und gehört habe, auf dem Transcaucasus Trail kein Thema. Es gibt in Swanetien wohl noch einzelne Täler, in denen Bären leben. Aber dort verlaufen meines Wissens nach dann keine offiziellen Wanderwege. Generell habe ich in Swanetien (außer Kühen) überhaupt nur sehr wenige Tiere gesehen. Ich vermute, hier wurde bis in die jüngste Vergangenheit sehr stark gejagt. Mit dem Ergebnis, dass nicht mehr viel von der lokalen Fauna übriggeblieben ist.
Verständigung
Einige der jüngeren Leute in den Gasthäusern können Englisch. Ansonsten nur Georgisch oder Russisch. Falls du zufällig Russisch sprechen solltest: Herzlichen Glückwunsch! Du wirst in Swanetien keine Probleme mit der Verständigung haben. Ansonsten kannst du dir z.B. mit Google Translate oder anderen Übersetzungsapps helfen. Das habe ich auch ein paar Mal gemacht und das klappt auch ganz gut.
Kultur
Die Besitzer der Gasthäuser und die meisten Einwohner, die ich bis Mestia getroffen habe, waren relativ zurückhaltend, aber freundlich. Aufgrund der Sprachbarriere hatte ich zugegebenermaßen aber auch nur relativ begrenzte Einblicke. Mein Eindruck war: Bis Mestia waren die Leute sehr gastfreundlich, vielleicht weil hier einfach weniger ausländische Besucher vorbeikommen. Danach wurde es schon etwas touristischer, d.h. die Einheimischen waren etwas weniger herzlich und behandelten mich eher wie einen normalen „Kunden“.
Hilfreiche Webseiten zur Planung
Eine exzellente Ressource für die Planung ist die offizielle Webseite des Transcaucasian Trail. Die Seite enthält Karten, GPS-Tracks und detaillierte Wegbeschreibungen zu allen Etappen des Trails. Außerdem Infos zu dem Wegabschnitt von Imeretien nach Racha.
Ebenfalls hilfreich ist die Webseite Caucasus Trekking. Hier findest du jede Menge Infos zu Wanderungen und Treks in Georgien. Nicht nur in Swanetien, sondern auch in den anderen Regionen des Landes. Ich glaube, diese Webseite dürfte die beste englischsprachige Informationsquelle für Wanderungen im georgischen Kaukasus sein.
Und sonst?
- Mir sind auf der Wanderung ein paar Mal freilaufende Hunde begegnet, aber nur friedliche. Hirtenhunde habe ich nicht gesehen.
- Nimm ausreichend Bargeld mit, da es bis Mestia keinen Bankautomaten gibt (auch nicht in Chuberi) und du alles in bar bezahlen musst.
- In den Gasthäusern kannst du Handy und Co. aufladen. Für die Steckdosen brauchst du in Georgien keinen speziellen Reiseadapter.
- Die Internet-Abdeckung in Swanetien ist gut, ich hatte fast überall Empfang.
- Besorg dir vor der Wanderung am besten eine lokale SIM-Karte, z.B. in Tiflis. Am preiswertesten ist der Anbieter Beeline.
- Für die Einreise und den Aufenthalt bis zu 360 Tage brauchen Deutsche Staatsbürger kein Visum. Die Mitnahme eines Reisepasses wird empfohlen.
Mein Fazit
Am Ende war ich vom Transcaucasian Trail in Swanetien leicht hin- und hergerissen. Einerseits waren die Landschaften wirklich unglaublich schön. Andererseits hat mir auf dem Weg stellenweise die Abwechslung gefehlt. Dirtroad – Dorf – Feldweg – Pass – und dann alles wieder von vorne. Das war so ungefähr der tägliche Rhythmus. Und ich muss gestehen: Nach ein paar Tagen war bei mir da ein bisschen die Luft raus.
Vielleicht liegt es daran, dass ich mir die Sache etwas anders vorgestellt habe. Eigentlich dachte ich, dass der Weg mitten ins Hochgebirge des Kaukasus führt und auch mal alpine Abschnitte hat. Tatsächlich ist es „nur“ eine Panorama-Tour. Was natürlich nicht heißt, dass der Trail schlecht ist. Wenn du einfach nur die schönen Ausblicke genießen willst, kann es gut sein, dass du diese Wanderung lieben wirst.
Vielleicht werde ich irgendwann nochmal nach Swanetien zurückkehren. Es ist definitiv ein faszinierender Landstrich, der einen längeren Aufenthalt verdient. Für den Einstieg und zum Kennenlernen von Swanetien ist der Transcaucasian Trail also vielleicht gar nicht so schlecht. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass es in Georgien andere, weniger bekannte und vielleicht auch schönere Wandermöglichkeiten gibt.
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Hast du noch Fragen oder Anmerkungen zum Transcaucasian Trail? Kennst du andere spannende Mehrtagestouren in Georgien? Dann nichts wie ab in die Kommentare – ich freue mich, von dir zu hören!
Hi Selim,
vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Bericht. Ich bin zufällig auf das Reiseziel Georgien gestoßen und habe dann deinen Artikel gefunden, der mich begeistert hat! Ich bin die Route Kvemo Marghi – Mestia Anfang August 2023 gewandert, mit Zelt und Selbstverpflegung. Es war herrlich 🙂 Die Brücke ist inzwischen wieder repariert.
Also vielen vielen Dank für deinen Blog, hat mich inspiriert!
Liebe Grüße
Dominique
Hi Dominique,
super – das freut mich und vielen Dank für die Info. Könnte für den einen oder anderen ganz interessant sein:)
Viele Grüße
Selim
Hi Selim. Vielen Dank für Deinen informativen Bericht und die Tips. Ich finde, Dein Bericht gibt einen sehr guten Eindruck von der Tour. Wir planen dieselbe Tour kommendes Jahr im August und haben vor, ein paar Nächte im Zelt zu verbringen – deshalb noch zwei Fragen: wie sind etwa die Temperaturen in der Nacht auf 2400 m Höhe? Gibt es alternativ zum TCT beschilderte Wanderwege (vor allem zwischen Mestia und Ushguli) und in welchem Zustand sind die ggf? Vielen Dank
Hi Daniel,
ich habe ja nur einmal vor dem Utviri-Pass gezeltet, das müsste so ungefähr auf 2.400 Metern gewesen sein. Hab die Temperaturen nicht gemessen, aber ich schätze, das war sogar noch über 10° Grad. Also völlig okay mit einem normalen 3-Jahreszeiten-Schlafsack. Zwischen Mestia und Ushguli gibt es tatsächlich auch alternative Wege – du kannst ja einfach mal ein bisschen auf der Karte in dem Artikel reinzoomen, da wirst du einiges finden. Eine recht beliebte Alternative ist wohl der Aufstieg von Mestia zur Station der Hatsavali-Bergbahn und von da aus weiter durch die Zuruldi-Berge nach Tsvirmi. Ich glaube abseits vom TCT ist aber nichts markiert. Zum Zustand kann ich leider nichts sagen. Ich würde davon ausgehen, dass diese Wege nicht regelmäßig gepflegt werden und ggf. überwachsen + schwierig zu finden sind.
Viele Grüße
Selim