Dolomiten-Höhenweg Nr. 1 – Etappe 9: Rifugio Sommariva al Pramperet – Bushaltestelle La Pissa

Route: Rifugio Sommariva al Pramperet (1.857 m) – Forcella de Zita sud (2.450 m) – Rifugio Pian de Fontana (1.632 m) – Forcella La Varèta (1.704 m) – Rifugio F. Bianchet (1.240 m) – La Pissa (453 m)

  • Länge: 17,9 km
  • Höhenmeter: + 1023, – 2.410
  • Gehzeit: ca. 8 Stunden
  • Übernachtung: Belluno

Am letzten Tag des Dolomiten-Höhenwegs Nr.1 steht eine finale Entscheidung an: Entweder du wählst die anspruchsvolle Variante mit Klettersteig über das Schiara-Massiv oder du läufst auf dem entspannteren Wanderweg bis zur Zielgeraden. Auch bei Variante Nr.2 bekommst du aber noch einmal tolle Höhenwege und eindrückliche Gebirgsbilder, die einen gelungenen Abschluss der großen Tour bilden.

Für die Klettersteig-Variante empfiehlt sich die Mitnahme eines Klettergurts und ein Selbstsicherungs-Set – außer du bist so sicher, dass du die Via Ferrata Marmol (Schwierigkeit B/C) ohne Klettersteigset gehst. Da ich nicht sonderlich Klettersteigerfahren bin und kein Set nur für einen Tag mitschleppen wollte, bin ich die Wander-Variante gegangen. Vielleicht nicht ganz so spektakulär, aber als Solo-Wanderer vermutlich die vernünftigere Entscheidung.

Wie mir einige italienische Wanderer berichteten, gibt es aber die Möglichkeit, unterwegs ein Set auszuleihen und nach Beendigung der Ferrata abzugeben. Unter anderem sollen die Rifugios Sommariva und Pian de Fontana entsprechende Ausrüstung ausleihen. Die Rückgabe erfolgt dann am Rifugio 7° Alpini. Bestätigen kann ich das nicht – es lohnt sich evtuell aber vorher einfach mal eine E-Mail zu schreiben und nachzufragen.

Wie auch immer: Zunächst müssen wir das Tamer-Massiv hinter uns lassen und die Talvena-Gruppe durchwandern. Eine letzte große Schleife durchs Hochgebirge, die uns noch einmal auf knapp 2500 Meter und danach ins Tal führt. Daher sind relativ viele Höhenmeter im Abstieg zu bewältigen, die letzten 1000 Meter aber auf einer harmlosen Schotterpiste.

Los geht’s auf dem Weg von gestern bis du an der Abzweigung Weg Nr. 514 nach Süden nimmst. Der Weg steigt zunächst recht sanft an, gewinnt dann aber relativ schnell an Steigung. Durch eine Mischung aus Geröllfeldern, Felsschrofen und Wiesen führt die Alta Via Nr. 1 zunächst auf die Forcella Zita de Nord und kurz darauf auf die Forcella Zita de sud.


Hinter der südlichen Scharte steigt der Weg auf einem markanten Höhenrücken an und wird für einige Momente tatsächlich relativ ausgesetzt. Es ist nichts weltbewegend Dramatisches und der Weg ist auch recht breit, aber im Rückblick war das wahrscheinlich der steilste Abschnitt des gesamten Höhenweges.

Dafür gibt es oben dann aber auch ein umso prachtvolleres Panorama, das bis weit nach Süden reicht. Als ich oben war, lag die gesamte Landschaft unter einem dichten Wolkenmeer, aus dem nur einzelne Gipfel ragten – ein fantastischer Anblick und vielleicht eine der schönsten Ansichten der gesamten Wanderung.

Von der Forcella läuft du genau so steil wieder runter, wie du eben hochgekommen bist. Ob mit oder ohne Wolken – der Kontrast der steilen Felswände und dem sanften Grün der ausgedehnten Hochweiden auf allen Seiten ist absolut beeindruckend. Außer einer Gruppe tschechischer Wanderer bin ich auf der gesamten Etappe übrigens keiner Menschenseele begegnet.


Nach einiger Zeit im steilen Abstieg auf einem ziemlich rustikalen Trampelpfad wirst du unter dir ein kleines Plateau mit Hubschrauberlandeplatz erkennen – jetzt ist es nicht mehr weit bis zum Rifugio Pian De Fontana. Wenn du noch einen Tag in den Bergen verbringen willst, ist die Hütte ein guter letzter Zwischenstopp.

Das Rifugio liegt in eindrucksvoller Lage auf einem kleinen Sattel hoch über dem Val dei Ross und direkt gegenüber den abweisenden Steilwänden des Schiara-Massivs. Eigentlich absurd in einer so ausgesetzten Lage ein Gebäude zu errichten und nur schwer vorstellbar, wie man so eine Unterkunft ohne Heli überhaupt beliefern kann.

Die Hütte ist auf jeden Fall noch einmal ein guter Ort für eine ausgedehnte Rast. Danach wird es nämlich nochmal anstrengend. Nach einem steilen Abstieg auf Weg Nr. 514 runter ins Tal, überquerst du einen kleinen Fluss und gehts auf der anderen Talseite genauso steil durch den Wald wieder hoch, bis du an der Forcella La Varèta (1704 m) ankommst.

Hier geht es dann ein Stück durch eine schöne Wiesenlandschaft weiter. Rechts zweigt ein kleiner, fast vom Gras überwuchterter Pfad (Nr. 536) zu der in einem romantischen Talkessel gelegenen alten Molkerei „Casera La Vareta“ ab. Die Gebäude sahen relativ verlassen aus, eventuell könnte man hier noch eine letzte Nacht im Zelt verbringen. Danach gibt es keine guten Wildcamping-Spots mehr.

Noch ein Stück weiter und du erreichst die entscheidende Abzweigung: Nach Süden führt der Weg Nr. 514 weiter ins Herz des Schiara-Massivs und zum Klettersteig. Westlich zweigt mit Weg Nr. 518 die Wander-Variante Nr. 518 ab, die zum Rifugio Bianchet führt und der ich gefolgt bin.

Das Rifugio ist schon von weit oben zu erkennen. Bis du da bist wollen aber noch einmal gut 400 Höhenmeter im Abstieg bewältigt werden. Dafür ist der Weg spektakulär: Der schmale Trampelpfad führt mitten durch die steilen Grashänge und bietet beeindruckende Tiefblicke ins Tal – ein würdiger Abschluss des Höhenwegs auch ohne Klettersteig.


Das Rifugio Bianchet ist technisch gesehen zwar noch nicht das Ende der Tour, gefühlt schon. Hier bist du im Prinzip schon wieder in der Zivilisation, auch wenn es deutlich ruhiger zugeht als am nördlichen Ende der Alta Via 1. Als letzten Übernachtungsort würde ich die Hütte aber nicht empfehlen, dann schon lieber das toll gelegene Rifugio Pian De Fontana.

Die letzten Kilometer des Höhenwegs führen auf einer gut ausgebauten Schotterstraße durch den dichten Wald des Val del Vescovà. Ursprünglich war mein Plan, hier noch einmal zu zelten und dann am nächsten Tag nach Belluno zu fahren. Leider bietet der schluchtartig eingeschnittene Canyon keine sinnvollen Zeltplätze – dafür aber tolle Aussichten, wenn sich der Wald öffnet.

Kurz vor der Hauptstraße 203 zweigt ein ausgeschilderter Trampelpfad zur Haltestelle La Pissa ab – eine etwas rustikalere und wildere Variante zu der Schotterpiste. Leider ist das Ziel viel zu schnell erreicht. Noch ein paar Minuten und du siehst unter dir die viel befahrene Straße, auf der dicke Autos und Motorräder vorbeirauschen. Willkommen zurück in der Zivilisation!

Unten angekommen hältst du dich rechts und folgst dem Schild bis zur etwa 300 Meter entfernten Bushaltestelle La Pissa. Die Haltestelle befindet sich ziemlich genau mitten im Nirgendwo, es fährt in der Wandersaison aber etwa jede Stunde ein Bus. Weil ich so nett bin, hier ein Foto vom Fahrplan (Stand 2024, Danke an Leser Thorben):

Den aktuellen Fahrplan bekommst du auch an den Unterkünften am südlichen Ende der Alta Via 1 (z.B. im Rifugio Bianchet). Die letzte Fahrt ist meistens nachmittags, von La Pissa bis Belluno dauert es etwa 40 Minuten. Hier gibt es Anschlüsse mit dem Zug nach Treviso oder Verona und von dort aus weiter.

Mitten im Nirgendwo: Die Bushaltestelle La Pissa. Die Häuser sind verlassen, immerhin gibt es aber eine Bank, wo du dich hinsetzen und auf den Bus warten kannst.

Wenn du noch nicht genug hast und ausreichend Zeit mitbringst, könntest du natürlich auch ein Stück mit dem Bus nach Feltre fahren und von dort auf der Alta Via 2 zurück nach Brixen laufen. Das wäre dann aber schon ein ziemlich happiges Programm, vor allem da der Höhenweg Nr. 2 etwas anspruchsvoller sein soll…

Alternativ fährst du mit dem Bus zurück zum Startpunkt am Pragser Wildsee oder gehst noch ein paar Tage nach Venedig und relaxt dort am Strand der Lagune. Ich hab zum Schluss noch ein paar Italiener getroffen, die genau das gemacht haben. Keine schlechte Idee, denn ein bisschen Entspannung hast du dir nach dieser langen Reise durch die Dolomiten definitiv verdient!

In Belluno ist es im Sommer anscheinend unmöglich, kurzfristig ein Zimmer zu buchen. Daher bin direkt nach Treviso weiter – ein wunderschönes, kleines Städtchen, das wie eine etwas unaufdringlichere Version von Venedig wirkt.,

Glückwunsch, dass du bis hierhin durchgehalten hast!

Anscheinend hat dich diese Tour doch ein bisschen interessiert… In diesem Fall empfehle ich, dass du dir den hervorragenden Wanderführer aus dem Rother-Verlag* besorgst. Das Buch beantwortet alle Fragen, die du jetzt vielleicht noch hast! Außerdem enthält es Infos zu den Dolomiten-Höhenwegen Nr. 2 und 3.

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