Santo Antão Inseldurchquerung Tag 11: Chã de Morte – Morrin‘ d‘ Égua

Route: Chã de Morte – Cirio – Chã de Feijoal – Morrin‘ d‘ Égua

  • Länge: 16,5 km
  • Höhenmeter: + 1459 hm, – 1084 hm
  • Übernachtung: Casa Luciano, Tel: +238-9973449 (Halbpension 40 Euro)

Der letzte Teilabschnitt der großen Inseldurchquerung ist der Aufstieg zur westlichen Hochebene Norte. Dort liegen die höchsten Berge von Santo Antão, darunter auch der knapp 2000 Meter hohe Tope de Coroa. Das wüstenhafte Hochplateau ist das am dünnsten besiedelte Gebiet der Insel mit einer sehr bescheidenen Infrastruktur. Wenn du noch irgendetwas überlebenswichtiges brauchst, kümmerst du dich also am besten in Chã de Morte darum!

Um nach Norte zu gelangen gibt es mehrere Wege. Im Rother-Wanderführer wird eine Route vorgeschlagen, die von Curral das Vacas über einen Serpentinenweg bis zur 800 Meter über dem Tal aufragenden Bordeira de Norte führt. In der Karte ist dieser Weg, der zu den spektakulärsten auf Santo Antão zählen soll, mit der Nummer 319 beziffert. Er führt ziemlich direkt die Berghänge in der Mitte des folgenden Bilds hoch.

Ich wollte diesen Weg zunächst auch nehmen. Der Besitzer der Quinta Cochete schlug mir dann aber eine andere Route vor, die gar nicht auf der Karte eingezeichnet ist und ein Stück weiter nördlich auf der Hochebene ankommt. Serpentinenwege hatte ich ja schon genug gesehen, also hab ich es einfach mal drauf ankommen lassen. Kann ja nicht schaden, ab und zu mal auf die Locals zu hören und nicht einfach nur stur dem Wanderführer hinterherzulaufen.

Um zu dem Weg zu gelangen, muss man zunächst für knapp drei Kilometer der Straße bis zu dem Dörfchen Cirio folgen. Freundlicherweise nahm mich mein Gastgeber mit dem Auto bis dahin mit. Ich bin bis zu diesem Zeitpunkt zwar immer schön brav alles gelaufen, aber auf eine weitere Asphaltwanderung bergauf hatte ich zu diesem Zeitpunkt nur wenig Lust. An der unmarkierten Abzweigung nach Westen geht es direkt ziemlich steil nach oben.

Der Weg ist mittelmäßig gut ausgebaut und teilweise etwas rutschig. Zum Glück sind es aber nur knapp 400 Höhenmeter und der anstrengende Teil ist in etwa einer Stunde bewältigt. Danach wird es entspannter – der Weg bleibt größtenteils auf einem Level und wird zu einem wunderschönen Höhenweg, der tolle Ausblicke auf das tief unter dir liegende Tal und die zerklüfteten Felswände bietet.


Im Nachhinein bin ich froh, den Ratschlag angenommen zu haben: Dieses Wegstück war so ziemlich die einzige Strecke, bei der man mal etwas entspannter laufen konnte, ohne dass es ständig rauf und runter geht. Der Weg ist nur an wenigen Stellen schmaler und insgesamt in einem guten Zustand. Wenn es so etwas wie einen gemütlichen Spaziergang auf Santo Antão gibt, dann diesen Weg!

Vor dem letzten Aufstieg wird es kurz nochmal etwas steiler, während der Weg einige interessant aussehende Sandsteinfelsen passiert. Als ich hochgelaufen bin, kam mir mal wieder eine ganze Eselskarawane mit leeren Wasserkanistern entgegen. Ich vermute, dass diese Route eine der bequemsten Möglichkeiten ist, die kleinen Ortschaften auf der Norte-Ebene aus dem Tal heraus zu versorgen.

Noch ein paar Meter und ein kleiner Hügel und du hast es geschafft: Vor dir breitet sich jetzt die Hochebene von Norte aus, eine karge savannenähnliche Landschaft, die von zwei großen Bergmassiven flankiert wird: Auf der rechten Seite der Lombo de Curral da Pedra, direkt geradeaus die Schokoladenberge des Tope-de-Coroa-Massivs.

Ich hatte vor meiner Ankunft keine genaue Vorstellung, wie die Norte-Ebene aussieht und eine große verlassene Einöde erwartet. In Wirklichkeit ist es eher eine Savanne. Es gibt durchaus ein paar Wäldchen und auch immer wieder kleine Höfe, die bewohnt werden. Natürlich ist es trotzdem sehr karg. Die Hauptbeschäftigung scheint hier das Halten von Ziegen zu sein. Für Ackerbau im größeren Stil ist es viel zu trocken. 


Direkt hinter dem Aufstieg ist ein Pfeil auf einen Stein gepinselt, der die Richtung zur nächsten Ortschaft Chã de Feijoal weist. Der Weg ist nur schwach zu erkennen, das Gelände ist aber recht freundlich: sandiger Steppenboden, auf dem man auch ohne Weg gut vorankommt. Einige Male geht es durch Erosionsgräben, die aber nicht zu tief sind.

Irgendwann taucht auf der Linken ein besonders großer Graben auf, in dem sich einige höhlenartige Eingänge befinden. Ich konnte nicht genau herausfinden, was das ist, vielleicht wurde hier früher Bergbau betrieben. Kurz darauf mündet der Trampelpfad auf die breite Staubpiste nach Chã de Feijoal.

Chã de Feijoal ist wohl so etwas wie der Hauptort von Norte. Die Siedlung besteht aus maximal 25 Häusern. Das Dorfleben, wenn wir es so nennen wollen, spielt sich vor dem zentralen Platz an der Wasserausgabestelle mit der obligatorischen geparkten Eselherde ab. Einen Laden habe ich nirgendwo gesehen. Viel mehr als Grundnahrungsmittel wirst du hier wahrscheinlich aber eh nicht bekommen.


Auf der rechten Straßenseite steht ein Wegweiser zum Tope de Coroa. Wenn du sehr früh startest und bis 10:00 Uhr hier oben bist, könntest du den Gipfel noch am gleichen Tag mitnehmen. Das ist aber kein Selbstläufer! Die Distanz beträgt zwar nur knapp 6 km (eine Richtung), aber der Weg verliert sich schnell in einem verwirrenden Dickicht aus Trampelpfaden. Ich hab für die Besteigung einen kompletten Tag gebraucht – die meiste Zeit ging dafür drauf, den richtigen Gipfel zu finden.

Tope de Coroa, der höchste Berg von Santo Antão. Es gibt mehrere Routen zum Gipfel, aber keine richtigen Wege.

Der andere Wegweiser führt stattdessen nach Westen auf der Staubpiste in Richtung Morrinho d’ Égua. Es ist ein relativ anspruchsloser Marsch und ich bin hier ein paar Mal auf Seitenwege ausgewichen oder querfeldein durch die kleinen Wäldchen spaziert. Nach knapp zwei Kilometern kommst du an einem großen Friedhof vorbei, danach ist es nur noch ein kurzes Stück.

Morrin‘ d‘ Égua ist eine weitere winzig kleine Siedlung, die sich entlang eines langgezogenen Bergrückens erstreckt. Gleich das erste Haus im Ort ist die Casa Luciano de Norte, wo man übernachten kann. Es ist eine sehr rustikale Unterkunft: Gewaschen wird aus einem Eimer. Wenn du duschen willst, musst du erstmal die rostige Gießkanne im Bad abfüllen. Willkommen in der Realität des ländlichen Santo Antão! 


Ich bin zwei Nächte hiergeblieben, weil ich von hier am nächsten Tag zum Tope de Coroa gelaufen bin. Die Unterkunft ist zwar sehr einfach, die Besitzer aber umso freundlicher. Gerade nach dem Luxushotel am Vortag, fand ich es eine schöne Gelegenheit, mal ein bisschen was von dem richtigen Leben der Leute mitzubekommen. Mit diesen Eindrücken ging es anschließend zur längsten Etappe der Wanderung.

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