Santo Antão Inseldurchquerung Tag 7: Chã de Igreja – Figueiras

Route: Chã de Igreja – Ribeira de Inverno – Selada das Covadas – Figueiras de Baixo – Figueiras

  • Länge: 13,3 km
  • Höhenmeter: + 1743 hm, – 1110 hm
  • Übernachtung: Casa Adalberto, Tel: +238 2263033 (Halbpension 50 Euro)

Wenn du gedacht hast, der vorige Tag war die Krönung – falsch gedacht! Die Wanderung hinter Chã de Igreja ist wilder, spektakulärer und bietet einfach mehr von allem, was den vorigen Tag so großartig machte. Der Caminho ist streckenweise wirklich atemberaubend konstruiert, da mehrere mächtige Felsklippen an der Küste umgangen werden. Ohne mich jetzt zu weit aus dem Fenster zu lehnen: Das hier dürfte zu den besten Küstenwegen der Welt zählen.

Hinter Chã de Igreja geht es zuerst ein kurzes Stück am felsigen Strand entlang. Vor diesem Abschnitt wird im Wanderführer gewarnt, da die Wellen bei Flut bedrohlich nahekommen können. Ein deutscher Reiseleiter, den ich ein paar Tage vorher in Ponta del Sol kennengelernt hatte, erklärte mich auch für lebensmüde, da langgehen zu wollen. Naja… Meinungen halt. Bei Ebbe fand ich es kein großes Problem.

Auf diesem kurzen Wegstück geht es für ca. einen halben Kilometer km direkt am Strand entlang.

Ich hatte vorher deswegen nochmal mit Mimi von der „Kasa de Igreja“ geredet. Sie meinte nur, sie würde seit Jahren da langgehen, auch bei Flut, und es sei noch nie etwas passiert. Am besten ist wahrscheinlich trotzdem, nicht übermütig zu werden und vorher die Gezeiten zu checken. Einen Umweg durch die Berge gibt es für dieses Stück nicht. Wenn es wirklich zu gefährlich sein sollte, musst du also (mindestens) ein paar Stunden warten.

Das Stück am Strand ist nur etwa einen halben Kilometer lang. Danach geht es ein kurzes Stück in die wilde, von Felstürmen flankierte Schlucht des Ribeira de Inverno in der sich ein paar verlassene Häuser befinden. Es folgt der erste große Anstieg über knapp 500 Höhenmeter, der dank des hervorragend ausgebauten Wegs aber kein größeres Problem ist. Der Blick auf den schlangenlinienförmigen Weg von oben ist wie immer umwerfend.


Das anschließende Wegstück durch das Hinterland war eines meiner persönlichen Highlights auf Santo Antão. Die Landschaft ist extrem karg und bis auf ein paar halbwilde Esel völlig verlassen. Und trotzdem gibt es hier diesen extrem kunstvoll angelegten Caminho für Fußgänger, der sich mit geradezu geometrischer Präzision durch die Einöde windet. Ein wirklich beeindruckendes Symbol, wie die menschliche Beharrlichkeit auch die widrigsten Bedingungen überwindet.

Getoppt wird das ganze dann von dem Aussichtspunkt am Pass Selada das Covadas. Hier fällt der Berg fast 600 Meter tief in das Ribeira Alta ab. Der Weg schlängelt sich in gefühlt tausend Kehren den Canyon herunter, nur um auf der anderen Seite direkt aufzusteigen. Es ist eine der besten Aussichten der kompletten Inseldurchquerung und vielleicht ein kleiner Trost dafür, dass man das alles herunter- und wieder herauflaufen darf.

Der Abstieg ist zum Glück nicht so steil, obwohl ich natürlich mal wieder von einem Einheimischen überholt werde, der mit Esel, iPhone und Kopfhörer im Ohr im Laufschritt die Berge herunterhüpft. Die Moderne ist halt schon irgendwie auf Santo Antão angekommen. Der Transport läuft zwar noch über Esel, aber immerhin kann man sich die Zeit heute mit Musik vertreiben.


Unten abgekommen, geht es auch fast direkt wieder 400 Meter hoch. Was von oben so furchteinflößend aussah, läuft sich aber eigentlich ganz gut. Durch die vielen Serpentinen ist es nie zu steil und der Weg ist nahezu perfekt ausgebaut. An verlassenen Häusern vorbei überqueren wir den letzten Höhenrücken des Tages und biegen schließlich in den mächtigen Ribeira do Figueiral ein.

Auf der anderen Seite der Schlucht kommt die Siedlung Figueiras de Baixo in Sicht. Wir halten uns stattdessen südlich und folgen dem Verlauf des Canyons in Landesinnere. Das Netz an Wegen, Trampelpfaden und Ziegenspuren ist fast schon verwirrend dicht – an allen Ecken zweigt irgendwo irgendetwas irgendwohin ab. Im Zweifelsfall orientierst du dich hier am GPS-Track. Der breite Hauptweg ist aber eigentlich gut zu erkennen.


Noch ein paar hundert Meter und du siehst die ersten grün bepflanzten Terrassen von Figueiras. Jetzt ist es nicht mehr weit. Das letzte Stück des Weges läuft an einer Levada entlang bis das eigentliche Dorf auf halber Höhe der Schlucht in Sicht kommt. Das markante violette Haus mit den Herzchen-Verzierungen an der Fassade ist die Casa Adalberto, die einzige Übernachtungsmöglichkeit im Ort.

Die Unterkunft befindet sich direkt neben dem großen „Parkplatz“ für die Esel – wahrscheinlich wirst du die markerschütternden Schreie schon von weitem hören. Das Dorf wird bis heute ausschließlich mit Eseln versorgt, da keine Straßen hierherführen. Dementsprechend rustikal geht es hier auch zu. Die Casa verfügt über genau zwei Zimmer, man kann im Notfall aber auch auf dem Dach übernachten.


Wie schon am Pico da Cruz hatte auch hier wieder das Gefühl, dass Adalberto trotz voriger Anmeldung etwas überrascht war, mich zu sehen. Am Ende war es aber kein Problem, da eh niemand sonst da war. Den Preis von 50 Euro für Halbpension fand ich ziemlich happig – aber genau so etwas passiert wohl, wenn jemand das Monopol für Übernachtungen an einem Ort besitzt.

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