Santo Antão Inseldurchquerung Tag 9: Ribeira da Cruz – Chã d’Orgueiro (Alto Mira III)

Route: Ribeira da Cruz – Branquino – Dominguinhas – Chã Queimado – Chã d’Orgueiro


Heute geht es durch die Schlucht von Alto Mira bis zu dem Dorf Chã d’Orgueiro. In den Karten wird es häufig auch einfach als Alto Mira III bezeichnet. Theoretisch gibt es auch einen direkteren Weg, der von Ribeira da Cruz östlich in den Canyon hineinführt. Im Rother-Wanderführer wird wegen des schlechten Zustands aber davor gewarnt und man müsste dazu zunächst den Bergrücken im folgenden Foto überqueren.

Ich versuche es trotzdem. Hinter Ribeira da Cruz endet der auf der Karte mit „Nr 305a“ markierte Weg leider relativ schnell auf einem Bauernhof, dessen Anwohner nicht ganz verstehen, was ich hier suche. Ein paar Trampelpfade führen weiter in die Berge, ich versuche dem Besitzer klarzumachen, dass ich da lang will und zeige ihm meine Karte. Trotz meiner beschränkten Portugiesisch-Kenntnisse verstehe ich ziemlich schnell, dass er das für gar keine gute Idee hält.

Ok, ich habe ehrlich gesagt auch keine große Lust, irgendwann an einer Steilwand zu stehen und nicht mehr weiterzukommen. Und auch wenn Locals nicht immer die beste Quelle für sichere Auskünfte sind – in diesem Moment höre ich dann doch mal auf den Ortskundigen. Notgedrungen geht es also auf dem gleichen Weg wie gestern durch die Baustelle zurück zum Strand.

Von Branquino aus führt auch ein auf der Karte eingezeichneter Trampelpfad zu einigen Terrassen auf der linken Schluchtseite. Davon aber nicht täuschen lassen: Der Weg endet nach ein paar hundert Metern im Nirgendwo. Du musst zuerst runter zum Strand und dann auf der rechten Seite des Canyons wieder hoch. Von dort aus geht es dann auf einem klar erkennbaren, sicheren Weg immer am oberen Rand der Schlucht entlang nach Süden.


Auch wenn ich zuerst ein bisschen sauer über den Umweg bin: Der Tiefblick vom Weg ist beeindruckend. Die Steilwände fallen an manchen Stellen bestimmt 70 Meter oder mehr senkrecht nach unten. Ich erspähe zwar immer wieder ein paar schwache Pfadspuren auf der anderen Seite. Aber wenn ich mir die Hänge und das bröckelige Gestein so anschaue, bin ich doch ganz froh, dass ich nicht da drüben rumkraxele.

Während der Hauptweg dem Verlauf des Canyons folgt, zweigen immer mal wieder kleine Trampelpfade rechts ab, die scheinbar in die Schlucht führen. Nach ein paar Metern enden diese Pfade aber entweder im Nirgendwo oder in so steilem Gelände, dass man niemandem ruhigen Gewissens empfehlen kann, da lang zu laufen. Diese Wege am besten einfach ignorieren.

Nach etwa 1,5 Kilometern entlang einer Levada erreichst du ein großes Wasserbecken im Schatten von Bananenbäumen, ein schöner Ort für eine Pause. Kurze Zeit später siehst du rechts unter dir eine markante Felsnadel, zu der ein Weg durch verlassene Terrassen herabführt. Ich vermute, das ist der besagte Weg Nr 305a. Auf der anderen Seite der Schlucht verliert er sich aber wieder rasch in unwegsamem Gelände.


Wir laufen stattdessen immer schön weiter auf unserer Seite, bis die grünen Terrassen von Dominguinhas auftauchen, dem untersten Ortsteil von Alto Mira. Es ist einer dieser Wow-Momente, die man manchmal im Gebirge hat, wenn man um eine Kurve läuft und plötzlich ein völlig unerwartetes Panorama vor sich hat: Die Ortschaft verteilt sich auf drei markante Geländestufen. Darüber die steil aufragenden Gipfel der Morocos und die gezackten Felswände der Caldera von Chã de Morte weit im Süden. Einfach nur krass!

Ab diesem Zeitpunkt wird die Wanderung etwas anstrengender, da die Geländestufen nicht nur bestaunt, sondern auch bestiegen werden wollen. Dafür werden aber auch die Aussichten mit jedem Moment besser. Grüne Terrassen mit Zuckerrohr, Palmen, dazwischen die hübschen weißgeputzten Häuschen aus denen afrikanische Pop-Musik herüberschallt – und das alles vor dem wahrscheinlich besten Hochgebirgspanorama von Santo Antao. Genial!


An dem kleinen Kirchturm Torre d’Igreja im Ortsteil Chã Queimado ist der anstrengendste Teil geschafft. Von hier aus ist es nur noch ein Stück auf einer gepflasterten Straße bis nach Alto Mira III. Linkerhand bietet sich ein toller Blick auf den imposanten Gudo de Cavaleiro, mit 1.810 Metern der zweithöchste Berg von Santo Antao. Für die Besteigung ist realistisch gesehen aber ein voller Tag erforderlich.

In Alto Mira III erwartet uns ganz am Ende des Orts die heutige Unterkunft, die Casa Amadeu Ramos. Im Unterschied zu den letzten Tagen ist das hier ein richtiges kleines Hotel, mit Swimmingpool, traumhafter Aussichtsterrasse und einem vorzüglichen Abendessen – und das alles zu einem sehr fairen Preis von 35 Euro all-inclusive.

Ich bin zwei Nächte hiergeblieben, weil ich von hier aus am nächsten Tag noch auf den Gudo de Cavaleiro auf dem Morocos-Hochplateau hoch bin. Ehrlich gesagt ist es hier aber so schön, dass man auch einfach nur am Swimmingpool relaxen und das Panorama genießen könnte. Auf jeden Fall ein toller Ort und ich war doch etwas betrübt als es am Tag darauf schon wieder weiterging.  

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