Everest Three Passes Trek Etappe 1: Bupsa – Phakding

Dieser Beitrag ist Teil einer 18-teiligen Artikelserie über meine Wanderung auf dem Three Passes Trek durch die Everest Region.

Route: Bupsa (2.350 m) – Paya (2.730 m) – Cheplung (2.660 m) – Phakding 2.610 m)

  • Länge: 14 km (ab Lukla: 7 km)
  • Höhenmeter: + 900, – 1.050 hm (ab Lukla: + 190, – 400)
  • Übernachtung: Sherpa Guide Lodge

Charakter:Einfache Eingeh-Wanderung ohne technische Schwierigkeiten. Ab Cheplung bzw. Lukla durchgehend gute, gepflasterte Wege mit leichtem Auf und Ab, keine größeren Steigungen.

  • Schwierigkeit nach SAC: T1
  • Dauer: ca. 3- 3,5 Stunden von Lukla bis Phakding

Meine Wanderung zum höchsten Berg der Welt beginnt weder mit einem Paukenschlag noch mit einem Empfangskommitee. Nicht einmal die Sonne mag mich begrüßen. Es ist 8:00 Uhr morgens, es regnet und ich stehe allein an einer schlammigen Schotterpiste im nepalesischen Nirgendwo. Was für ein Start – willkommen im Khumbu!

Im Unterschied zu fast allen Trekkern in der Everest-Region bin ich nicht mit dem Flugzeug angereist, sondern von Jiri zu Fuß in die Berge gelaufen. Daher startet meine große Tour nicht an dem berühmten Bergflughafen in Lukla, sondern einen halben Tagesmarsch früher in dem Bergdörfchen Bupsa. Von Bupsa ist es ein Tag bis Phakding. Das ist der erste Etappenort, an dem auch die anderen Trekker üblicherweise eine Nacht bleiben. Und genau dort möchte ich heute hin.

Improvisierter Wegweiser, Nepali-Style:

Leider ist der alte Weg hinter Bupsa zu einer hässlichen Dirtroad umgebaut worden. Bereits in den letzten Tagen bin ich viel auf Straßen gewandert. Darauf habe ich heute keine Lust mehr. Zum Glück gibt es aber genügend Jeeps, die Trekker aus Salleri in die Berge hochfahren. Also ist es kein Problem, zu hitchhiken und ich finde schnell einen Transport.

Unterwegs auf der Schotterpiste von Bupsa nach Paya:

Mein erstes Ziel ist das Dorf Paya. Hier endet die Straße und von dort will ich nach Phakding wandern. Dummerweise hat es in den letzten Tagen aber viel geregnet. Mit dem Ergebnis, dass ein großer Erdrutsch die Straße vor Paya blockiert. Eigentlich wäre das ein Grund, sich zu beeilen. Meine Mitfahrer bringt das aber nicht aus der Ruhe und wir machen erstmal in einem der kleinen Teehäuser am Straßenrand Pause.

Schließlich kommen wir in Paya an. Jepp… hier ist definitiv Ende Gelände. Der komplette Hang ist runtergekommen, die Straße von Felsbrocken und Bäumen blockiert. Ein unschöner Nebeneffekt des Pistenbaus: Die steilen Berghänge sind ohnehin schon instabil und neigen zu Erdrutschen. Und das wird natürlich nicht besser, wenn sie von einem Netz aus hastig erbauten Straßen durchlöchert werden.

Aber es hilft nichts, mich jetzt darüber zu beklagen. Es geht nicht weiter, und mir bleibt nichts übrig als auf der Piste weiterzulaufen. Unterwegs sehe ich an einigen Stellen noch den alten Weg unterhalb der Piste. War früher bestimmt mal schön, hier zu wandern. Heute ist der Weg gar nicht mehr zugänglich, da er an vielen Stellen durch den Schutt von der Piste verschüttet ist.

Oben die neue Piste, darunter der traditionelle Fußweg:

Knapp eine halbe Stunde später erreiche ich Paya. Das Dörfchen besteht nur aus ein paar Häusern, ist aber essentiell für die Versorgung der Everest-Region. Hier endet die Straße für die Lastwagen und Jeeps und es beginnt die große Karawane der Maultiere nach Lukla. Ein endloser Zug aus Tieren, die Gaskanister, Nahrungsmittel und Ausrüstung in die höhergelegenen Dörfer transportieren.

Paya ist kein schöner Ort, mich erinnert es eher an ein Schlachtfeld. Überall Müll, Schlamm, leere Gaskanister und die Hinterlassenschaften der Tiere riechen auch nicht gerade angenehm. Der alte Steinweg ist durch die scharfkantigen Hufe der Maultiere an vielen Stellen zerstört, man sinkt ständig im Schlamm ein. Leider nicht nur im Schlamm – ich laufe häufig mitten durch die Sch…e.

Ständig muss ich den schwerbeladenen Mulis ausweichen und gut aufpassen, dass sie mich nicht zur Seite schubsen. Das ist gar nicht so einfach, denn die großen Gasflaschen auf dem Rücken der Tiere nehmen viel Platz weg. Was ich schnell lerne: Man darf auf keinen Fall auf der Hangseite stehen. Ein beladenes Maultier, das dir zu nahe kommt und du liegst 100 Meter weiter unten.

Viel Strecke machen kann ich hier auch nicht, da viel zu viel los ist. Vor mir, hinter mir, neben mir: Ständig muss ich auf die Maultiere achten, die von ihren Treibern mit harschen Befehlen und Stockhieben angetrieben werden. Ich bin mir nicht ganz sicher, wer mir mehr leid tun soll: Die Tiere oder die Menschen. Es ist für beide ein harter Job hier zu arbeiten, und eine Wahl haben beide nicht.

Bauarbeiten auf der Straße, an einer Stelle muss ich mich an einem Bagger vorbeizwängen, der gerade den Schutt beseitigt:

Einer der Arbeiter erzählt mir, dass die Straße in Zukunft bis nach Lukla erweitert werden soll. Das ergibt durchaus Sinn. Als Wanderroute ist dieser Abschnitt ohnehin Geschichte. Die Mehrzahl der Touristen kommt per Flieger und sieht gar nicht, was unterhalb von Lukla geschieht. Da kann man das auch direkt zur Straße umbauen, das wird niemanden stören.

Ankunft in Surke. Ab hier ist die Wanderung etwas schöner:

Kurz vor dem Dörfchen Surke wird die Umgebung reizvoller. Zeitweise verlässt der Weg die matschige Maultierroute und es stellt sich trotz leichten Nieselregens tatsächlich so etwas wie Wanderfeeling ein. In einem stetigen, aber moderaten Aufstieg durchquere ich nacheinander die kleinen Dörfchen Muse, Chaurikharka und Talshaora.  Schließlich erreiche ich Cheplung, den Ort, den die Trekker aus Lukla als erstes sehen.

In Cheplung ist es, als hätte man einen Schalter umgelegt. Urplötzlich ist es sauber, die schlammigen Maultier-Wege sind ordentlich gepflasterten Steinpfaden gewichen. Auf beiden Seiten hübsche kleine Lodges. Fast fühlt es sich an, als würde ich die Bühne eines Theaters betreten. Was es in einem gewissen Sinne ja auch ist. Hier kommen die Trekker aus Lukla an, hier beginnt die große Show – die Wanderung zum berühmtesten Berg der Welt. Und da will man natürlich einen guten ersten Eindruck auf die Besucher machen.

Das Ganze fühlt sich etwas künstlich an, fast so als hätte man versucht ein Tiroler Bergdorf in den Himalaya zu verpflanzen. Besser als die Dirtroads und die schlammigen Pisten ist es aber allemal. Auf schön gepflasterten Wegen laufe ich nach Phakding weiter. Auch hier wieder alles so sauber! Ich checke in der „Sherpa Guide Lodge“ ein, die mir besonders gut gefällt. Mit 2.000 Rupees pro Nacht (ohne Essen) für nepalesische Verhältnisse nicht gerade preiswert. Dafür sind die Zimmer tipptopp sauber, der Service stimmt.

Am Abend regnet es etwas, ein paar Mal fällt auch der Strom aus und ich darf das Abendessen im Schein meiner Stirnlampe genießen. Okay… innendrin ist halt immer noch Nepal, auch wenn die Verpackung „Alpen“ sagt. Aber was soll`s… Ich bin im Khumbu angekommen, der erste Tag war nach dem nicht ganz so schönen Start schon mal vielversprechend. Und das ist ja erst der Anfang. Wenn ich zu diesem Zeitpunkt schon wüsste, was mich in den nächsten Tagen noch erwarten wird…

Lies weiter beim nächsten Tag des Everest Three Passes Trek:

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