Mikroabenteuer: Die unbequeme Wahrheit über den Outdoor-Trend

Mikroabenteuer liegen voll im Trend. Die kurze Auszeit in der Natur scheint perfekt in unsere schnelllebige Zeit zu passen. Warum ist das so? Was sagt das über uns aus? Und gibt es dabei vielleicht eine dunkle Kehrseite, die wir gerne ignorieren? Genau diesen Fragen möchte ich mich in diesem Blogbeitrag widmen.

Ich war vor ein paar Wochenenden mit einem Freund in der Kaserne Vogelsang. Das ist ein Lost Place in der Nähe von Berlin. Ein paar Stunden lang sind wir über zugewachsene Waldwege geturnt, in alte Bunker gekrabbelt und haben uns ein bisschen in den verlassenen Ruinen gegruselt.

Danach haben wir uns in den Zug gehockt. Zwei Stunden später war ich zurück in meiner warmen Wohnung, hab mir noch ne Pizza bestellt und bin mit dem Gefühl ins Bett gegangen, heute echt was erlebt zu haben.

Auf Neudeutsch gesprochen habe ich ein sogenanntes Mikroabenteuer erlebt.

„Mikroabenteuer“ – Was heißt das eigentlich?

Mit meinem kleinen Erlebnis liege ich voll im Trend. Mikroabenteuer sind schon seit einiger Zeit das neue Buzzword in der Outdoor-Community. Erfunden wurde der Begriff 2014 von dem britischen Buchautor Alastair Humphrey. Seine Definition lautet wie folgt:

Ein Mikroabenteuer ist ein Abenteuer, das kurz, einfach, preiswert und lokal ist aber trotzdem Spaß macht, eine Herausforderung bietet und mit abwechslungsreichen Erlebnissen belohnt.

Mit anderen Worten: Kurze Auszeiten vom Alltag, meistens in der Natur und direkt vor der Haustür. Kleine Abenteuer für Jedermann, als Ausgleich zum stressigen Alltag.

Im Prinzip klingt das erstmal super. Ein paar Stunden oder Tage in der Natur zu verbringen, anstatt seine Freizeit auf dem Sofa mit Netflix oder vor dem Bildschirm zu vertrödeln. Da wird wohl niemand widersprechen.

Was ich mich dabei aber frage:

Brauchen wir wirklich ein neues Wort dafür? Warum verspüren wir ein Bedürfnis, Wanderungen oder einen kurzen Campingausflug übers Wochenende als neue Erlebnis-Kategorie zu definieren?

Oder ist „Mikroabenteuer“ vielleicht einfach nur ein cleverer Marketing-Slogan, um altbekannte Freizeitaktivitäten unter einem neuen Namen zu verkaufen?

Spoiler-Warnung: Ich vermute, dass genau das der Fall ist.

Aber fangen wir doch mal ganz von vorne an. Schauen wir uns einmal an, was im Allgemeinen alles als Mikroabenteuer bezeichnet wird.

Ist ein Spaziergang im Wald ein Mikroabenteuer?
Deutscher Wald im Sommer. Zählt das schon als Abenteuer?

Ist ein Spaziergang im Wald ein Abenteuer?

Hier einige Ergebnisse aus den Top-10-Webseiten, wenn ich nach dem Suchbegriff „Mikroabenteuer“ googele:

  • Schwimme in einem Fluss
  • Fahre spontan mit dem Fahrrad los
  • Übernachte mit dem Zelt im Wald
  • Mach eine Nachtwanderung
  • Lauf einmal im Kreis um dein eigenes Zuhause

Wow – der letzte Punkt ist der Hammer. Ich bin dann mal kurz weg und geh auf ein Abenteuer.

So… wieder da. Verrückt – ich fühl mich schon wie Reinhold Messner. Wenn ich doch nur gewusst hätte, dass es so einfach ist. Man muss gar nicht in den Himalaya fahren und auf den höchsten Berg der Welt klettern, um ein Abenteuer zu erleben.

Aber mal im Ernst.

Alles, was hier als „Mikroabenteuer“ verkauft wird, bezeichnet auf Deutsch nichts anderes als spontane Ausflüge in der näheren Umgebung. Im Prinzip gibt es keinen nennenswerten Unterschied zu dem „normalen“ Wandern und Camping, das die Leute schon seit Jahrzehnten betreiben.

Mikroabenteuer im Kanu in den Tropen.

Wieso reden auf einmal alle von Mikroabenteuern?

Ok – Mikroabenteuer sind also nichts anderes sind als gewöhnliche Outdoor-Aktivitäten, die es schon immer gab. Warum jetzt also dieser Hype?

Ich glaube, es gibt drei Gründe dafür:

  1. Wandel zur Erlebnisgesellschaft
  2. Social Media
  3. Cleveres Marketing

Ich vermute, dass diese Aspekte miteinander zusammenhängen und sich gegenseitig verstärken. Aber schauen wir uns die einzelnen Punkte doch mal an.

Sehnsucht nach außergewöhnlichen Erlebnissen

Jeder möchte gerne außergewöhnliche Dinge erleben. Vielleicht nicht jeden Tag, aber als gelegentliche Abwechslung zum Alltag doch mal von Zeit zu Zeit. Dazu sagt Christo Foerster, einer der bekanntesten deutschen Vorreiter des Mikroabenteuer-Konzepts:

Die Sehnsucht nach Abenteuer und nach Natur ist im Menschen verankert. Sie wird aber in unserem alltäglichen Leben nicht mehr bedient

Damit hat er wohl recht.

Wie leben in einer völlig durchtechnisierten, verstädterten Welt. Viele Menschen verbringen einen Großteil des Tages in geschlossenen Räumen, während sie auf einen Bildschirm starren. Dass da ein Bedürfnis an „ursprünglichen“ und „echten“ Erlebnissen entsteht, ist keine große Überraschung. Ich will mich da auch überhaupt nicht ausschließen.

Was aber auch zu beobachten ist: Diese Sehnsucht wächst – aber nicht im gleichen Maß wie die wahrgenommene Technisierung des Alltags fortschreitet. Vielmehr geht es darum, dass sich die Prioritäten verschieben.

Wichtig ist heute nicht, was du kaufst, sondern was du erlebst.

Sehr schön ist das beispielsweise auf Instagram zu sehen. Unter griffigen Slogans wie „collect moments, not things“ entsteht dort manchmal der Eindruck, dass das Leben nur noch aus spektakulären Highlights bestehen müsse, um etwas wert zu sein.

Sozialforscher wie Gerhard Schulze sprechen schon seit Anfang der 90er von einem Wandel zur Erlebnisgesellschaft. Damals hieß es von Seiten der Soziologen noch relativ vorsichtig „Die Suche nach dem schönen Erlebnis ist zu einem wichtigen Bestandteil des Alltags geworden“.

Ich behaupte: Dieser Trend hat sich seitdem krass verstärkt, vor allem durch die sozialen Medien und einen schleichenden Optimierungswahn, der immer mehr Bereiche des Lebens durchdringt.

Es reicht heute nicht mehr aus, einen ganz normalen Alltag zu haben. Die gefühlte Erwartungshaltung ist: Du musst jede Minute deines Lebens sinnvoll nutzen.

Am besten mit solchen Sachen, die auch noch cool aussehen:

Mikroabenteuer Foto.

Wahrscheinlich kennst du solche Aussagen (und kannst sie auch nicht mehr hören):

  • Geh joggen.
  • Ernähre dich gesünder.
  • Fülle dein Leben mit bedeutsamen Momenten.
  • Verschwende deine Zeit nicht, indem du auf der Couch rumgammelst.

Inzwischen gibt es eine ganze Industrie, die davon lebt, uns täglich unsere Defizite vor Augen zu führen. Und in letzter Konsequenz verlangt der neue Lifestyle-Terrorismus, dass man gefälligst auch noch seine Freizeit mit krassen Erlebnissen optimieren soll, wenn man nicht als Loser dastehen will.  

Und was ist die perfekte Lösung dafür?

Na klar… ein kleines Mikroabenteuer.

Es erfordert keine großen Investitionen, es ist leicht in den Tagesablauf zu integrieren und es wertet den öden Berufsalltag auf. Nicht nur als persönliches Erlebnis für denjenigen, der es unternimmt, sondern auch als soziale Auszeichnung durch die Anderen. Mann, ist der cool. Was der so alles in seiner Freizeit alles macht…

Denn natürlich ist das Ganze auch ein riesengroßes Inszenierungstheater. Womit wir beim nächsten Punkt sind.

Profilierung auf Social Media

Dass Instagram und Co. voll von Selbstinszenierung sind – gerade auch im Outdoor-Bereich – ist inzwischen eigentlich ein alter Hut. Schon seit Jahren regen sich die Leute darüber auf, dass die ganzen tollen Selfies von angeblichen #naturelovers nichts mit Liebe zur Natur zu tun haben, sondern allem der Befriedigung der persönlichen Eitelkeit dienen.

Geändert hat sich, soweit ich das sehe, aber nicht viel. Im Gegenteil – ich habe eher den Eindruck, dass sich immer mehr Leute fühlen dazu berufen fühlen, im Wald ein Lager aufzuschlagen, in den Bergen wandern zu gehen und anschließend ihre #mikroabenteuer in den sozialen Medien zu verbreiten.

Zum Beispiel mit solchen Fotos:

Mikroabenteuer-Foto auf Social Media.
Zu meiner Verteidigung: Ich hab das nur auf Facebook und nicht auf Insta geteilt:)

Das fällt inzwischen auch den Leuten in den betreffenden Regionen auf. „Man postet ein Bild von seiner Hängematte zwischen zwei Bäumen und hofft, dass es anderen gefällt“, so Sasha Hotz von der Schwarzwald Tourismus GmbH. „Das hat weniger mit Alleinsein und Natur zu tun als mit dem Image, Außergewöhnliches zu tun“.

Übrigens sieht das auch der Deutsche Alpenverein so. In einem Memorandum angesichts dem deutlichen Anstieg von Bergrettungen in den Alpen heißt es:

Der Aufforderungscharakter scheint so groß zu sein, dass selbst Gefahren ausgeblendet werden. Eine große Rolle scheint dabei auch die Selbstdarstellung in den sozialen Medien zu spielen.

Ob solche mahnenden Worte Gehör finden?

Ich bin da eher skeptisch. Wer ständig all die tollen #microadventures in seinem Instagram-Feed sieht, bekommt früher oder später Lust, es auch mal zu probieren. Vor allem mit einer Community im Hintergrund, die einen noch darin bestärkt, sich „doch auch endlich mal zu trauen“.

Microadventures als Werbeversprechen

Ich glaube das Konzept Mikroabenteuer ist vor allem auch deshalb so erfolgreich, weil es sich hervorragend vermarkten lässt.

Wenn man sich den Begriff mal näher anschaut, erfüllt er alle Eigenschaften, die einen guten Werbeslogan ausmachen. Er ist:

  • Kurz
  • Eingängig
  • Leicht zu merken

Und am Wichtigsten: „Mikroabenteuer“ ist ein unwiderstehliches Versprechen. Auf Deutsch übersetzt, heißt das Wort Mikroabenteuer nämlich Folgendes:

„Auch DU kannst ein Abenteuer erleben.“

Ja… du hast im echten Leben vielleicht den stumpfsinnigsten 9-to-5-Bürojob der Welt, aber das machts nichts. Jeder ist in seinem Inneren ein Abenteurer und nach Feierabend ist Adventure-Time.

Du musst nicht Reinhold Messner heißen und um die halbe Welt fahren. Es reicht, wenn du dich einfach nur mal überwindest und raus gehst.

Bist du bereit für ein Abenteuer?

Das so etwas ankommt, ist eigentlich klar.

Und genau so klar ist, dass das auch Leute auf den Plan ruft, die damit Kohle machen. Mit so einem Versprechen kann man leicht Bücher verkaufen, Workshops veranstalten und Vorträge vor zahlenden Kunden halten.

Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass der bereits erwähnte Christo Foerster hauptberuflich Motivationscoach/Persönlichkeitstrainer ist und mit seiner Idee auch bei gestressten Managern hausieren geht, indem er „Learnings für den unternehmerischen Alltag“ anbietet.

Auf seiner Webseite gibt es ein knallhart blödes aber auch irgendwie geniales Bild, bei dem ich mich gar nicht mehr eingekriegt habe, weil es seine Geschäftsidee so viel besser zusammenfasst, als ich das hier mit tausend Wörtern könnte.

Der gute Herr Foerster watet im Kostüm eines Büromenschen in Sakko und Hemd unter der Überschrift „Raus und Machen“ schlammbeschmiert und mit einem verzückten Gesichtsausdruck durch einen Fluss.

Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen: Mikroabenteuer als Balsam für die Seelen von geknechteten Bürohengsten.

Büro Outdoor Adventure.
Bild: Lerkrat Tangsri/Pixabay

Ich hab mir scherzeshalber mal die Mühe gemacht und ein bisschen in seinen Büchern herumgestöbert. Dort finden sich Weisheiten wie:

  • „Das Leben zu kurz, um zu warten.“
  • „Bewegung ist gut für das körperliche Wohlbefinden.“
  • „Manchmal muss man einfach nur den ersten Schritt wagen.“

Ich bin mir sicher irgendwo steht auch, man soll früh schlafen gehen und zeitig aufstehen, um mehr Power für den nächsten Tag zu haben.

Wer sich jetzt wundert: Moment mal – ist das nicht genau das, was die 1 Millionen anderen Motivationscoachs auch den ganzen lieben langen Tag herunterleiern?

Glückwunsch – du hast Recht. Es ist das gleiche alte Lied, garniert mit ein bisschen Lagerfeuerromantik und den schönsten Sinnsprüchen der Küchentisch-Philosophie.  

Und ganz ehrlich… wenn ich mit solchen Binsenweisheiten an den Mann gehen wollte, würde ich mir vorher lieber auch ein schickes Etikett wie „Mikroabenteuer“ ausdenken.

Aber ist es nicht toll, ein Mikroabenteuer zu erleben?

Vielleicht liege ich ja falsch. Vielleicht sehe ich das auch alles viel zu negativ. Aber ich kann mir nicht helfen, dass hier Naturerlebnisse, die eigentlich selbstverständlich sein sollten, als das nächste große Ding verkauft werden.

Vielleicht ist genau das aber auch das Problem: Für viele Leute ist es anscheinend nicht mehr selbstverständlich einen Spaziergang zu machen, in den Wald zu gehen oder – Gott bewahre – mit einem Zelt in der freien Natur zu übernachten.

Ist es dann nicht besser, die Leute mit einem coolen Slogan vor die Tür zu locken, anstatt, dass sie zuhause in der Bude versauern?

Wieder so eine Aussage, der man eigentlich nur zustimmen kann. Aber ich sehe da auch ein paar echte Gefahren.

Kletterabenteuer im Wadi Rum.
Und damit meine ich nicht, dass man von einem Berg auch herunterfallen kann.

Ansturm auf die Natur

Erster Punkt: Die Umwelt ist dem Ansturm nicht gewachsen.

Ich habe den Verdacht, dass hashtags wie #mikroabenteuer eine Zielgruppe in die Natur lockt, bei der eine rein erlebnisorientierte Haltung dominiert. Eine vor allem urbane Zielgruppe, die dazu neigt, die Natur als großen Abenteuerspielplatz aufzufassen und die kein Verständnis für das fragile Ökosystem mitbringt, in das sie eindringt.

Man kann das natürlich als Schwarzmalerei abtun. Aber meiner Meinung nach macht es einen Unterschied, ob sich ein paar vereinzelte Wildcamper ein schönes Plätzchen im Wald suchen oder wahre Menschenmassen in die Naturschutzgebiete aufbrechen.

In der allseits beliebten Freizeitregion Sächsische Schweiz beobachten Naturschützer beispielsweise seit einiger Zeit einen Rückgang der Wanderfalken-Population.  „Einen großen Anteil daran, dass die Brutzahlen gesunken sind, haben undisziplinierte Touristen, die das Zutrittsverbot in die gesperrten Gebiete missachten“ so der Nationalparksprecher Tomáš Salov.

Warum machen Leute so etwas? Ich glaube das Problem ist Folgendes:

Die meisten Leute sind nicht dumm und sie wissen genau über die möglichen negativen Folgen Bescheid. Aber sie denken rein individuell.

Frei nach dem Motto: „Ach… ist doch nicht so schlimm, wenn ich jetzt mal eine Nacht im Wald zelte. Bin ja nur ich, das fällt schon nicht weiter auf.“ Und bei wenigen Besuchern stimmt das vielleicht auch sogar. Aber wenn sich so eine Haltung zum Massentrend entwickelt, entsteht eben eine Situation, wo die Natur in ernste Schwierigkeiten kommt.

Was man vielleicht noch dazu sagen muss: Das sind alles kein rein theoretischen Spekulationen, sondern echte Probleme, die echte Konsequenzen in der echten Welt haben.

Ein trauriges Beispiel ist der Königssee im Nationalpark Berchtesgaden. Dort hat der Hype inzwischen so überhandgenommen, dass Betretungsverbote im Raum stehen. Zitat der Verantwortlichen:

Die Natur wird aufgrund der Posts auf Instagram zerstört. Unbelehrbare campieren im Schutzgebiet, hinterlassen sogar ihre Billig-Zelte und Schlafsäcke.

Und es gibt viele solcher Beispiele.

Sind die Aufrufe, ein Mikroabenteuer in der Natur zu erleben, Schuld an dieser Entwicklung?

Ich will mich hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Es sind bestimmt nicht alle Leute, die die neue Lust an der Natur für sich entdeckt haben, rücksichtslose Umweltschweine. Aber man muss kein Genie sei, um zu erkennen, dass mehr Leute auch mehr potentielle Banausen bedeutet.

Es scheint nicht immer die Sonne

Zweiter Punkt: Viele Leute, die sich plötzlich dazu entscheiden „einfach mal raus in die Natur gehen“, haben keine realistische Vorstellung von den möglichen Gefahren.

Am offensichtlichsten sieht man das an der Zunahme von Rettungseinsätzen in den Bergen. Wenn man sich die Berichte durchliest, sind es eigentlich immer die gleichen Ursachen:

  • schlechte/keine Vorbereitung
  • Mangel an Erfahrung
  • grobe Selbstüberschätzung

Ich habe das Gefühl, dass viele Leute heute denken, dass es reicht, mit einem Smartphone und Apps wie Komoot rumzulaufen, weil man da ja immer schön gezeigt bekommt, wo es lang geht und nix passieren kann.

Die Realität sieht aber anders aus als die locker-flockig-weichgespülte Instagram-Welt.

Die Realität hat Ecken und Kanten. Es scheint nicht immer die Sonne an einem wolkenlosen blauen Himmel. Und selbst harmlose Ausflüge und Schönwetter-Wanderungen können leicht entgleisen, wenn plötzlich ein Gewitter aufzieht oder man im Nebel den Weg nicht mehr findet.

Ohne die richtige Kleidung, entsprechendes Wissen, wie man sich verhält oder einen Plan B für den Notfall kann es dann ganz schnell ernst werden.

Ich will das jetzt nicht zu sehr dramatisieren. Nicht jeder Ausflug in die Natur ist gleich ein lebensgefährliches Selbstmordkommando. Und mit ein bisschen gesundem Menschenverstand lassen sich die meisten Gefahren auf ein überschaubares Maß reduzieren.

Aber anscheinend mangelt es genau daran. Und gefährlich kann es nicht nur werden, wenn man in abgelegene Gebirgsregionen fährt oder auf aktiven Vulkanen herumklettert.

Ein Beispiel: Ich war letztens in der Döberitzer Heide unterwegs, einem ausgedehnten Naturschutzgebiet in der Nähe von Berlin. Dort traf ich eine Frau, die sich verlaufen hatte. Es war schon ziemlich spät, es wurde langsam dunkel und es war bitterkalt.    

Natürlich hatte die Dame ihr Smartphone mit einer Navi-App dabei. Aber wie das in Brandenburg so ist, hatte sie keinen Empfang und war jetzt ziemlich aufgeschmissen. Ich bin ein paar Kilometer mit ihr gegangen, kurz vor der Bushaltestelle am Eingang haben wir uns dann verabschiedet – Ende gut, alles gut.

Hätte das auch anders ausgehen können?

Ich bin kein Prophet, aber bei Temperaturen unter 0 Grad sollte man Unterkühlung nicht auf die leichte Schulter nehmen. Und ja… es mussten schon Leute mit einem Hubschrauber aus der Döberitzer Heide gerettet werden – einem Gebiet, das gerade mal 20 km vom Alex entfernt liegt.

Berpanorama in Österreich.

Ein bisschen mehr Respekt für die Natur…

Was ich mit all dem sagen will: Ich finde, man sollte der Natur mit etwas mehr Respekt begegnen.

Slogans wie „Mikroabenteuer“ suggerieren, dass die Welt eigentlich nur ein großer, bunter Erlebnispark ist, aus dem man sich nach Lust und Laune frei bedienen kann, um seine Vision von einem erfüllten Leben zu verwirklichen..

In Wirklichkeit ist es der Natur letzten Endes aber völlig egal mit welcher Motivation du hinausziehst. Die Natur ist dem Menschen gegenüber in erster Linie gleichgültig. Und sie verzeiht keine Fehler.

Das klingt vielleicht etwas dramatisch. Aber letztlich ist es so und wahrscheinlich ist das ja auch genau der Reiz: Wenn du da draußen eine dumme Entscheidung triffst, gibt es niemanden, bei dem du dich beschweren oder Einspruch einlegen kannst. Es liegt komplett in deiner eigenen Verantwortung.

Deshalb glaube ich: Es würde helfen, wenn wir den Begriff „Abenteuer“ wieder etwas mehr in seinem ursprünglichen Wortsinn verwenden.

Ich zitiere hier mal schnell Wikipedia:

Als Abenteuer wird eine risikohaltige Unternehmung wie eine gefahrenträchtige Reise oder die Erforschung eines unbekannten Gebiets bezeichnet, die aus dem geschützten Alltagsbereich entfernen.

Es hat schon seinen Grund, dass in dieser Definition das Risiko betont wird. Ein Abenteuer – auch ein kleines – birgt immer ein Element von Gefahr. Mit einem griffigen Buzzword wie „Mikroabenteuer“ wird genau das unter den Tisch gekehrt, indem man Leute dazu animiert, sich leichtfertig in Situationen zu begeben, auf die sie möglicherweise nicht vorbereitet sind.

Nur damit keine Missverständnisse aufkommen:

Ich will hier niemanden davon abhalten, in die Natur zu gehen und dort tolle neue Erfahrungen zu machen. Schließlich mach ich das selbst und das ist ja auch der Grund, warum ich diesen Blog überhaupt schreibe.

Aber wenn du das nächste Mal mit dem Ziel rausgehst, ein Abenteuer zu erleben, meinetwegen auch ein „Mikroabenteuer“ – Dann ist es vielleicht nicht ganz verkehrt, dir klarzumachen, was das eigentlich genau bedeutet.

Wandern in der Sahara.

Jetzt seid ihr dran: Sehe ich das Ganze viel zu negativ? Sind Mikroabenteuer vielleicht doch gar nicht so schlecht? Wie seht ihr das? Ich bin auf eure Meinung gespannt!